Schulsystem mit Schülern und Lehrern. In dieser Zeit musste ich eine der schwersten Karriereentscheidungen treffen: entweder meinen Job zu behalten und eine Situation zu akzeptieren, die die grundlegendste Berufsethik verletzte – oder zu kündigen. (Später erfuhr ich, dass die Leute, die mich in diese Situation gebracht hatten, mit meiner Kündigung gerechnet hatten!)
Also kündigte ich, statt moralisches Harakiri zu begehen.
In den Wochen danach entwickelte ich gegen die Leute, die mich in diese unmögliche Situation gebracht hatten, einen tiefen, allumfassenden Groll, wie ich ihn noch nie erlebt habe. Mein erster Gedanke morgens beim Aufwachen galt ihnen. Während ich duschte, die Straßen entlangging, einkaufen oder joggen ging, nahm dieser Groll von mir Besitz, er fraß mich auf, entzog mir meine ganze Energie und raubte mir meinen inneren Frieden. Ich wurde buchstäblich vergiftet. Ich wusste, dass ich mir schadete, doch trotz stundenlanger Meditationen, Gebete und spiritueller Studien blieb die Besessenheit beharrlich an mir hängen. Ich fühlte und verhielt mich wie ein absolutes Opfer!
Dann öffnete mir eines Tages ein Satz in Jesus’ Bergpredigt die Augen wie nie zuvor: »Segnet die euch fluchen« (Matthäus 5:44). Plötzlich wurde mir alles klar. Das war genau das, was ich zu tun hatte: meine früheren »Verfolger« segnen. Auf der Stelle fing ich an, sie auf jede erdenkliche Weise zu segnen: ihre Gesundheit und ihre Freude, ihre Finanzen und ihre Arbeit, ihre Familienbeziehungen und ihren Frieden, ihren Überfluss und ihre Güte. Die Möglichkeiten, wie man sie segnen konnte, waren endlos. Mit Segnen meine ich, den Leuten aus Herzenstiefe und vollkommen aufrichtig das Beste zu wünschen – ihre vollkommene Erfüllung und tiefste Glückseligkeit. Wenn sich beispielsweise ein Freund in einem Zustand tiefster Depressionen befindet, segne ich seinen Frieden, seine Freude und Ganzheit, Dinge, die mit dem materiellen Auge zwar nicht zu sehen sind, doch auf einer anderen Ebene ihres Wesens ganz präsent sind.
Das ist die wichtigste Dimension des Segnens überhaupt: die Aufrichtigkeit, die von Herzen kommt. Das ist die Kraft, die verwandelt und heilt, erhebt und wiederherstellt. Es ist das genaue Gegenteil eines stereotypen Rituals. Das spontane Segnen ist eine fließende Quelle, die wie ein Bergfluss singt und sprudelt. Es drückt den ewigen Morgen aus – in Form von Frische, Offenheit, Dankbarkeit, Inspiration, Neuheit, Erwachen, Erwartung guter Dinge, Wachsamkeit, Neuanfang, Reinheit, Schwelle, (Wieder-)geburt, Freude, Unschuld, Wunder.
Anfangs war dieser Akt des Segnens noch eine bewusste Entscheidung, die durch meinen Willen erfolgte, doch aus dem aufrichtigen spirituellen Vorhaben heraus, meine Denkweise zu heilen. Der Schlüsselfaktor war das Vorhaben. Doch allmählich verwandelten sich die Segen von einer Willenshandlung zu einer Sehnsucht des Herzens – weil die Handlung des Segnens grundsätzlich von Herzen kommt.
Ich segnete diese Leute den ganzen Tag lang – während ich mir die Zähne putzte, joggte, auf dem Weg zur Post oder zum Supermarkt, beim Geschirrabwasch und vor dem Einschlafen – einzeln und schweigend. Dieser Prozess des Segnens dauerte einige Jahre an.
Nach ein paar Monaten Segnen fing ich eines Tages ganz spontan an, Menschen auf der Straße, im Bus, auf der Post oder in einer Warteschlange zu segnen. Zu Anfang dieser wunderbaren Entdeckung ging ich manchmal durch ein ganzes Flugzeug oder von einem Zugabteil zum anderen, nur aus Freude, meine Mitreisenden segnen zu können – unwillkürlich und bedingungslos. Diese sanfte Kunst des Segnens wurde zu einem stummen Lied, zur Antriebskraft meines spirituellen Lebens, ein bisschen zum cantus firmus einer Kantate von Bach. Schritt für Schritt wurde das Segnen anderer zu einer meiner größten Lebensfreuden – und ist es heute noch, auch nach all den Jahren, in denen ich es praktiziere. Wie ich gemerkt habe, ist es eine der wirksamsten Methoden, um spirituell im Gleichgewicht zu bleiben und meine Gedanken von Negativität, Kritik und Urteil zu befreien. Als ich mehr über die spirituellen Gesetze lernte, die das Universum regeln und die wir in den folgenden Kapiteln untersuchen werden, fand ich heraus, warum Segnen diese Wirkung hat.
Von meinem früheren Arbeitgeber habe ich nie Rosen oder auch nur den kleinsten Ausdruck von Reue erhalten. Stattdessen habe ich vom Leben Rosen bekommen. Und zwar Riesensträuße.
Segen, die zurückkommen
Dank dieser sanften Kunst begann ich, ziemlich erstaunliche Erfahrungen zu machen. Ein solches Erlebnis hatte ich, während ich als ehrenamtlicher Mitarbeiter in einer weltweiten Kampagne gegen die Hungersnot ein Benefizkonzert am Welternährungstag (dem 16. Oktober) organisierte. Die Einnahmen sollten mehreren Bauernvereinigungen im Süden Senegals zugutekommen. Ein afrikanisch-karibisches Orchester, das ein Freund von mir leitete, bot uns an, beim Konzert kostenlos mitzuspielen. Lokale Radiosender und Lokalzeitungen warben für das Konzert. Der Techniker der großen College-Halle, in der das Konzert stattfinden sollte, kämpfte aus unersichtlichen Gründen von Anfang an gegen unser Projekt. Er wollte nichts damit zu tun haben. Wir mussten sogar einen zweiten Techniker beauftragen, für Klang und Beleuchtung zu sorgen.
Zwei Stunden vor Konzertbeginn schraubte der erste Techniker fast alle Mikrofone auf der Bühne ab. Mein Freund winkte kategorisch ab: Unmöglich, mit nur zwei Mikros für ein zehnköpfiges Orchester und mehrere Sänger auszukommen! Also gingen wir zum Techniker, um mit ihm zu reden. Er zeigte von Anfang an seine starke feindselige Einstellung. Meine erste Reaktion war Wut, doch mir wurde sofort klar, dass Wut die Situation nicht besser machen würde. Und das Publikum würde in weniger als zwei Stunden eintreffen! Während der Techniker sich mit meinem Freund herumstritt, fing ich schweigend an, ihn zu segnen: seine Güte, seinen Überfluss, seine menschliche Integrität, seine Gesundheit – einfach alles, was mir einfiel. Plötzlich änderte sich innerhalb von zwei Sätzen seine Einstellung vollkommen. Auf seinem Gesicht, das ein paar Sekunden vorher noch vor Hass verzerrt gewesen war, machte sich nun ein wunderschönes Lächeln breit. Er ging in sein Labor und kam mit einer Handvoll Mikros zurück, empfahl meinem Freund das geeignetste Mikrofon und wünschte uns einen schönen Abend.
Ein anderes Mal beendete ich ein Buch über meine Untersuchungen zur grassroot Entwicklung in Afrika, für die ich über einhundert Dörfer, über den ganzen Kontinent verstreut, aufgesucht hatte. Ich hatte die Recherchen auf eigenes Risiko durchgeführt, weil ich das falsche und negative Bild über Afrika korrigieren wollte, das die meisten Menschen haben. Ich vertraute darauf, dass ich einen Verlag finden würde, wenn mein Buch gut wurde.
Während das Manuskript in den letzten Zügen lag, lernte ich jemanden kennen, der Erfahrungen mit französischen Verlagen hatte. Wir freundeten uns sofort an, und er schlug vor, ich sollte ihm das fertige Manuskript zuschicken. Er bot mir an, es an einen Bekannten weiterzuleiten, der in einem renommierten Verlag tätig war. Sobald ich mit dem Buch fertig war, rief ich ihn an und sagte ihm, dass ich es ihm nun zusenden würde. Dabei erwähnte ich, dass ich eine Literaturagentin hatte, weil ich hoffte, das Buch auch in anderen Sprachen zu veröffentlichen. Sobald ich das Wort Literaturagentin ausgesprochen hatte, beschimpfte er mich auf das Übelste. »Wenn du eine Literaturagentin hast, brauchst du nicht auf mich zu zählen«, sagte er und knallte den Hörer auf. Perplex dachte ich, dass er wohl schon einmal eine schmerzhafte Erfahrung mit einem Literaturagenten gemacht haben musste.
Da ich kein negatives Bild von meinem neuen Freund in Erinnerung behalten wollte, segnete ich ihn jedes Mal, wenn ich in den nächsten Tagen an ihn dachte. Ungefähr zehn Tage später rief er mich an, als sei nichts passiert, und schlug mir vor, meiner Agentin zu sagen, sie solle das Manuskript an seinen Freund schicken, der ein Verlagshaus führte. Er würde ihm schreiben und mein Buch empfehlen.
Daraufhin wurde das Buch sofort zur Veröffentlichung in einem hervorragenden Verlag angenommen. Wie meine Literaturagentin mir sagte, hatte sie in den zwanzig Jahren, in denen sie auf diesem Gebiet tätig war, noch nie erlebt, dass ein Buch so schnell herausgegeben wurde. In letzter Minute verlegte das Verlagshaus die Veröffentlichung sogar auf ein früheres Datum, damit das Buch rechtzeitig zu einer internationalen Buchmesse erscheinen würde. Mein Freund konnte einen führenden europäischen Politiker, der für seine Afrikakenntnisse bekannt war, dafür gewinnen, ein Vorwort für das Buch zu schreiben. Etwas Besseres hätte ich mir nie träumen lassen!
Die sanfte Kunst des Segnens
Eines Tages, ungefähr sieben