Detlef Mix

Manuka-Honig


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das Mischen mit einem schwächeren Honig als sinnvolle Alternative erwiesen.

       Biene auf einer Manukablüte

      Die Forschung geht weiter, da längst noch nicht alle Fragen geklärt sind und wie so oft mit jeder gefundenen Antwort weitere Fragen auftauchen. Trotzdem gibt es keine Entschuldigung, auf den medizinischen Einsatz von aktivem Manuka-Honig zu verzichten, und vielleicht schon bald kaum eine Alternative dazu. Die Aufmerksamkeit, die Honig im Allgemeinen und Manuka-Honig im Besonderen weltweit erfahren hat, ist letztendlich darauf zurückzuführen, dass einige Mediziner an wenigen Kliniken es einfach ausprobiert haben und dabei zu verblüffenden Resultaten gelangten. Darüber will ich im folgenden Kapitel berichten.

      Manuka-Honig im klinischen Einsatz – Update eines antiken Therapeutikums

      Wenn Sie Krankenhäuser eher aus Arztserien im Fernsehen kennen, haben Sie vielleicht eine etwas romantisch verklärte Sicht auf den Klinikalltag. Tatsächlich stehen Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger permanent unter Druck. Kein geregelter Achtstundentag. Oft sind im Wettlauf gegen die Uhr Entscheidungen zu treffen, die nicht mehr korrigiert werden können, aber sowohl gegenüber den Patienten als auch vor deren Angehörigen und den Krankenkassen zu rechtfertigen und sehr zeitaufwendig zu dokumentieren sind. Derart gestresstes Krankenhauspersonal ist dankbar für jede verlässliche Routine, auf die es immer wieder zurückgreifen kann.

      Antibiotika waren jahrzehntelang das Mittel der Wahl bei Infektionen, und man konnte sich auf sie verlassen. Wenn eines nicht mehr anschlug, konnte man das nächste ausprobieren. Doch die zu bekämpfenden Erreger entwickelten zunehmend eigene Verteidigungsstrategien, die sie gegenüber den medizinischen Kampfstoffen völlig unempfindlich machten. Manche von ihnen fühlen sich gerade dort besonders wohl und sicher, wo man sie am allerwenigsten gebrauchen kann – in den Hospitälern, denen sie nicht nur ihren Spitznamen »Hospitalkeime«, sondern auch unendlich viele ihrer Opfer verdanken. Da wird ganz schnell aus einem Routineeingriff, der normalerweise nur wenige Tage Krankenhausaufenthalt nach sich zieht, ein Albtraum mit monate- oder gar jahrelangem Martyrium, falls der Patient ihn überhaupt überlebt.

      Bereits in meinem Buch »Die Heilkraft des Honigs« konnte ich vom Honigeinsatz in Kliniken berichten. In Deutschland war es besonders die Uniklinik in Bonn mit Dr. Arne Simon und Wundspezialist Kai Santos, die durch den Einsatz eines Medizinproduktes auf Basis von Manuka-Honig die Leiden immunsupprimierter Kinder in der Abteilung Hämatologie / Onkologie deutlich verringern konnte. In den spärlichen Berichten darüber war damals meist davon die Rede, dass an etwa zwei Dutzend Kliniken in Deutschland medizinischer Honig in der Wundversorgung eingesetzt würde. Konkrete Hinweise, um welche Krankenhäuser es sich dabei handelte, fand ich leider nicht. Vielfach entscheiden nicht das Wohl des Patienten oder die erwiesene Wirksamkeit, sondern recht fragwürdige Erstattungskriterien der Krankenkassen über den Einsatz der Mittel. Bis man sich schließlich zur Behandlung mit Honig entschließt, vergeht oft sehr viel Zeit, die mit vergeblichen Versuchen vergeudet wird, Bakterien mit teuren Antibiotika zu bekämpfen, gegen die diese längst resistent sind.

      Unser Gesundheitssystem, das wohl eher ein Krankheitssystem ist, funktioniert bedauerlicherweise nicht so, wie es von dem im alten China berichtet wird. Dort, heißt es, wurden Ärzte nur dann bezahlt, wenn sie ihre Patienten gesund erhielten. In Großbritannien wird das gesamte Gesundheitswesen vom mächtigen National Health System (NHS) geregelt. Erfreulicherweise wurden dort bereits 2004 Medizinprodukte auf Basis von Manuka-Honig zugelassen. Die Zulassungen stützten sich einerseits auf die unermüdlichen Forschungen von Prof. Rose Cooper und ihren Kollegen an der Universität Cardiff in Wales und andererseits auf Anwendungen in der Klinik. Das Christie Hospital in Manchester, die führende Krebsklinik des Landes, setzte Manuka-Honig schon damals erfolgreich zur Versorgung von Operationswunden ein. Des Weiteren verwendet man dort Manuka-Honig bei Patienten mit Mund- oder Kehlkopfkrebs, aber auch als Mittel gegen Mukositis allgemein, da seine antiinflammatorische Eigenschaft Schleimhautentzündungen, wie sie eine Chemotherapie regelmäßig mit sich bringt, vorbeugt beziehungsweise rasch besänftigt.

      Als weiteres Krankenhaus ist das Aintree Hospital in Liverpool hervorzuheben. Hier hat sich besonders Dr. Val Robson in der Honiganwendung verdient gemacht. Im Rahmen ihres Doktorats leitete sie einen Versuch, der vom klinischen Direktor der HNO-Abteilung, Prof. Simon Rogers, unterstützt und von der Forschungs- und Entwicklungsabteilung der Klinik genehmigt wurde. 49 Patienten erklärten sich bereit, an dem Versuch teilzunehmen. Besonderes Augenmerk wurde auf die Reduzierung von MRSA-Infektionen gelegt. Tatsächlich konnte in der Gruppe der Honigbehandelten ein Rückgang um 36 Prozent verzeichnet werden. Das scheint noch ausbaufähig, zusammen mit einem um 25 Prozent kürzeren Krankenhausaufenthalt jedoch sehr ermutigend. Schließlich geht es bei derartigen Forschungsprojekten immer auch um Geld, wobei der Faktor Zeit ja bekanntlich eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt.

      Val Robson ist ausgebildete Krankenschwester mit Schwerpunkt im Wundmanagement. Ihren Doktorgrad erwarb sie sich im Professional Studies Doktorat. Die Möglichkeit dazu besteht im Vereinigten Königreich seit den 1980er-Jahren und zwar explizit nicht für Universitätstheoretiker, sondern für Praktiker, die ihr diesbezügliches Wissen im täglichen Einsatz am Patienten und nicht nur an der Petrischale im Labor erworben haben. Wobei ich absolut nichts gegen all die Forscher sagen möchte, die die Rätsel der Wissenschaft in endlosen Versuchsanordnungen entschlüsselt haben. Immerhin waren es bislang nicht unbedingt die Mediziner, die die Honigforschung zum Wohle der Patienten vorangetrieben haben, sondern Mikrobiologen und Lebensmittelchemiker wie Rose Cooper, Peter Molan und Thomas Henle. Es ist noch sehr viel Überzeugungsarbeit notwendig, damit es zu einer selbstverständlichen interdisziplinären Zusammenarbeit kommen kann.

      Auch dafür liefert Manuka-Honig ein Paradebeispiel. Da arbeiten in einem Einsatzgebiet sämtliche Abteilungen, sprich Inhaltsstoffe, Hand in Hand. Antimikrobiell wirkende Stoffe beseitigen krankmachende Keime und hindern sie daran, weiteren Schaden anzurichten. Antientzündliche Substanzen wirken überschießenden Reaktionen des Organismus entgegen. Die von manchen Patienten berichteten Schmerzen nach dem Honigeintrag in die Wunden gehen nicht ursächlich vom Honig aus, sondern rühren daher, dass die Nervenendigungen durch die entzündlichen Prozesse hypersensibilisiert sind und quasi blank liegen. Erhält der Honig ausreichend Gelegenheit, die Entzündung zu beseitigen, verschwinden auch die Schmerzen und es entstehen kaum Narben, da auch die starke Keloidbildung durch entzündliche Prozesse gefördert wird, die die Heilung und somit gesunde Bildung neuen Gewebes verzögern. Der Heilungsprozess wird schließlich von weiteren Inhaltsstoffen des Honigs nachhaltig unterstützt. Die hyperosmotische Wirkung leistet ihrerseits ihren Beitrag zu diesen Vorgängen, damit An- und Abtransport reibungslos funktionieren. Da greift eins ins andere ohne sich gegenseitig zu behindern.

      Honig als Medizinprodukt

      Viele Ärzte arbeiten ausschließlich mit sogenanntem »Medizinischen Honig«, das heißt mit Manuka-Honigen beziehungsweise Honigmischungen oder Honiggels, die als Medizinprodukt zugelassen sind. Das tun sie aus rein forensischen Überlegungen, also wegen der vermeintlichen Rechtssicherheit, die sie mit der Verwendung zertifizierter Produkte verbinden. Medizinprodukte sind keine Arzneimittel. Sie schließen Hilfsmittel ein wie Verbandstoffe, Geh-hilfen, Einmalspritzen, Instrumente und Gerätschaften. Medizinischer Honig wurde aufgrund der osmotischen Funktion und der Gammabestrahlung als Medizinprodukt zugelassen, nicht etwa wegen seiner antibakteriellen oder antientzündlichen Wirkung.

      Solange jedoch ein sogenannter Sachverständiger mit einseitigem Fokus auf den Schmerzaspekt die Erstattungsfähigkeit einer Honigbehandlung bei den Kostenträgern beeinflussen kann, ohne dass weder er noch die Entscheidungsträger der Krankenkassen sich mit den komplexen Zusammenhängen wirklich beschäftigt hätten, bedarf es mutiger Pioniere, die trotzdem unbeirrt den einmal beschrittenen Weg fortsetzen.