auf den Topfpflanzen konnte Mutti alles zusammenkehren. Zur Schule brauche ich im Moment auch nicht. Seit ich mit meinem Dolores-Kopf dort war, leidet unsere Lehrerin an Atemnot. Jetzt habe ich zusätzlich noch ein paar Tage Ferien!“ Sprach’s und hopste vondannen. Ich war hoch zufrieden mit meinem Mittel und wartete darauf, dass mir Frau Müller den Rest von Dolores zurückgab.
Eine Woche später knallte es fürchterlich in der Nachbarschaft. Feuerwehr und Krankenwagen rückten an. Ich stürzte auf die Straße, um nach der Ursache des Aufruhrs zu forschen. Da stürmte mir Frau Müller völlig aufgelöst entgegen, in der Hand die Dolores-Flasche mit dem Rest der Flüssigkeit. „Sie!“, schrie sie mit überkippender Stimme, „Sie mit Ihrem Teufelszeug!“ Sie schwenkte die Flasche vor meinen Augen und keifte weiter: „Ich dachte, ich könnte vielleicht den Maulwurf, der seit Wochen meinen Rasen ruiniert, auch damit beseitigen! Aber das Zeug hat die ganze Grünfläche gesprengt! Ich verklage Sie auf Schadensersatz!“ Wütend warf sie mir die Flasche vor die Füße. Sie zerbrach. Die Flüssigkeit sickerte auf die Betonplatten. Ich verstand die Welt nicht mehr. Bisher war doch alles so gut gelaufen! Allerdings hatte ich von „Maulwurfbekämpfung“ in der Gebrauchsanweisung auch nichts gelesen.
Während ich noch über den völlig überzogenen emotionalen Ausbruch meiner Nachbarin nachdachte, zerbröselten durch Dolores’ Einwirkung die Betonplatten unter meinen Füßen. Ich stürzte ins Haus und riss den Beipackzettel von „Schmerz ade“ aus der Verpackung. Vor meinen Augen tanzten die Buchstaben, als ich las: „Zu den riesigen Nebenwirkungen befragen Sie weder Ihren Arzt noch Ihren Apotheker, sondern alarmieren Sie umgehend Umweltschutz, GSG 9, THW, Katastrophenschutz und die nächstgelegene Hubschrauberstaffel …“
Dann umfing mich eine gnädige Ohnmacht.
DAS LÜFTCHEN
Ein Lüftchen hockt auf dem Balkon.
Seit Stunden schon.
Es kam, um sich mal auszuruh’n –
und nun?
Erst streichelt’s eine Tüllgardine,
die aus dem Fenster weht. Doch Flix, die Biene,
kriegt bei der Wackelei ’nen Schreck –
und fliegt weg.
Jetzt pustet’s Lüftchen in ‘ne Flasche.
Das tutet! Und die Plastiktasche?
Die bläht sich nur. Sagt nichts. Bleibt stumm –
schade drum.
Es hebt zwei Blätter hoch empor,
raunt Max, dem Brummer, leis’ ins Ohr,
der fällt darauf von seiner Blüte –
meine Güte!
Ein Spinnennetz wird abgerissen,
eine Geranie umgeschmissen.
Nun schiebt’s ’ne Raupe vor sich her –
was noch mehr?
Nun krabbelt’s Lüftchen aufs Geländer,
kracht polternd auf den Schirmeständer.
Die Ameisen drunter flüstern bang:
„Weltuntergang …?“
Was will das Lüftchen denn noch machen
nach all den vielen dummen Sachen?
Da zischt’s auf Nachbars Würstchengrill,
der heiße Dampf wird plötzlich kühl …
Ein Wölkchen steigt zum Himmel hin:
Da kichert’s drin.
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