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Panitzsch


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die seit 1775 geltende Dorffeuerordnung, die unter anderem Passagen zum Brandschutz bei der Errichtung und Ausstattung von Gebäuden enthielt, 1869 durch die Sächsische Baupolizeiverordnung abgelöst.

      Im Rahmen der bürgerlichen-demokratischen Revolution 1848/1849 konnten für Panitzsch keine besonderen Ereignisse ermittelt werden. Aber die Kunde von den Unruhen in Leipzig erreichte auch das Leipziger Land. Am 21. Mai 1848 wurde zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Ruhe und Ordnung in Panitzsch eine Kommunalgarde errichtet. Zum Dienst waren 20 männliche Einwohner vom 21. bis zum 50. Lebensjahr verpflichtet, die „unbescholtenen Rufes“ sein mussten. Eine Dienstbefreiung konnte nach den Rechtsvorschriften nur erlangen, wer erkrankt war. Nicht zum Dienst zugelassen waren Personen, gegen die gerichtliche Untersuchungen liefen. Den Kommunalgardenausschuss bildeten fünf Personen (Gemeindevorsteher August Klas sowie Gottlob Kinne, Gottlob Schmidt, Wilhelm Brauer als Kommandant und August Rödler). Die Kommunalgarde unterstand dem Generalkommando beim Sächsischen Ministerium des Innern in Dresden, von dem der Ausschuss seine Befehle erhielt. Im April 1849 trat die Althener Kommunalgarde der Panitzscher Garde bei. Die Leitung bei den gemeinsamen Exerzierübungen für die nun insgesamt 60 Gardisten lag weiter beim Panitzscher Kommandanten. Die zeitlich letzten Dokumente zur Kommunalgarde sind für April 1849 überliefert. Daten der Auflösung liegen bisher nicht vor.

      Am Deutsch-Französischen Krieg (Reichseinigungskrieg) 1870/71 nahmen 13 Panitzscher teil, von denen zwei Soldaten gefallen sein sollen.

      In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wuchs die Einwohnerzahl in Panitzsch von 514 Bewohnern im Jahr 1871 (Cunnersdorf 19 Einwohner in zwei bewohnten Gebäuden) auf 700 im Jahr 1900 an. Zu dieser Zeit verzeichnete die Gemeindeverwaltung 97 bewohnte Gebäude in Panitzsch. Im Ort gab es seit 1894 eine Kaiserliche Postagentur. Ab 1913 war die Postagentur an den Fernsprechbetrieb angeschlossen.

      Aus dem „Handbuch für den Verwaltungsbereich der Königlichen Amtshauptmannschaft Leipzig“, das 1909 erschien, lassen sich folgende Angaben entnehmen: Panitzsch lag als selbständige Gemeinde im Zuständigkeitsbereich der Amtshauptmannschaft Leipzig und hatte 740 Einwohner. Als Gemeindevorstand fungierte der Gutsbesitzer Ernst Otto Carl Weiland, sein Stellvertreter war der Gutsbesitzer Wilhelm Emil Mahler, Gutsbesitzer in Panitzsch. Zu dieser Zeit bestand für Panitzsch ein eigenes Standesamt. Als Standesbeamter war ebenfalls Mahler tätig. Panitzsch bildete mit dem Rittergut Cunnersdorf einen eigenen Schulbezirk, dem Pfarrer Hoffmann gleichzeitig als Vorsitzender des Schulvorstandes und Ortsschulinspektor vorstand. Pfarrer Hoffmann oblag des Weiteren die Leitung des Parchochialbezirkes Panitzsch mit dem Rittergut Cunnersdorf sowie der Tochterkirche in Althen. Für alle Impfangelegenheiten und staatlichen Gesundheitsaufgaben war der Tauchaer praktische Arzt Karl Adam Fischer zuständig. Der zuständige Tierarzt Emil Oskar Richard Fünfstück kam ebenfalls aus Taucha, wo sich außerdem die nächstgelegene Apotheke befand.

      Einzelne Aufgaben wurden innerhalb der Amtshauptmannschaft von Beamten oder Beauftragten für verschiedene Gemeinden durchgeführt. So gab es im Bereich der ordnungspolizeilichen Verwaltung einen Gendarmen, der neben Panitzsch und Cunnersdorf für mehrere Orte um Umfeld der Stadt Taucha zuständig war. Als Amtsstraßenmeister fungierte ein in Sellerhausen wohnhafter Baumeister. Da in Panitzsch keine Hebamme ansässig war, übernahm dies aufgrund der örtlichen Nähe die Borsdorfer Hebamme, zu deren Einzugsgebiet außerdem Althen und das Rittergut Cunnersdorf gehörten.

      Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts veränderte sich das ursprünglich ländliche geprägte Ortsbild mit den Höfen, Stallungen und angrenzenden Ackerflächen. Durch den Verkauf von vormaligen Ackerflächen und deren Umwidmung zum Bauland begann ab 1912 die Errichtung einer „Villenkolonie“ an der Borsdorfer und an der Neuen Straße. Die Bauarbeiten kamen durch die Auswirkungen des Ersten Weltkrieges allerdings zum Stillstand.

      Zum Kriegsdienst eingezogen waren in der Zeit von 1914–1918 192 Panitzscher. An die 40 Gefallenen erinnert der Gedenkstein der Gemeinde auf dem Friedhof.

       Gedenkstein für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs.

      Im Zuge der Novemberrevolution 1919 fanden in Panitzsch Wahlen zu einem Arbeiter- und Bauernrat statt. Auf der Grundlage einer Verfügung des Sächsischen Ministeriums des Innern vom 13. März 1919 versammelten sich am 16. März 1919 im Gasthof Panitzsch 30 Personen in einer angeordneten „Vollversammlung“. Diese wählte vier Personen als Arbeiterräte sowie vier weitere als Bauernräte. Die Bauernräte waren Vertreter aus der Gruppe der Gutsbesitzer, unter ihnen der damalige Gemeindevorstand Max Jacob. Welche Aufgaben der Arbeiter- und Bauernrat tatsächlich wahrnahm, ist nicht überliefert. Schon im Juni 1920 waren diese Gremien in ganz Deutschland wieder aufgelöst worden.

      Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wurden die Bauarbeiten in der Villenkolonie wieder intensiviert, stagnierten allerdings nochmals Ende der 1920er Jahre im Zuge der Weltwirtschaftskrise. Ende 1920 entstand durch die Wohnbebauung auf bereits vorhandenen Gartenbauflächen auf Panitzscher Flur die „Dreiecksiedlung“. Der Name ergab sich durch die drei, im Dreieck zusammenlaufenden Straßen, die das Gebiet umsäumten: die Sommerfelder, die Engelsdorfer und die Dresdner Straße. Heute verläuft durch die Dreiecksiedlung der ökumenische Pilgerweg, gekennzeichnet durch eine gelbe Muschel auf blauem Grund als Wegweiser für jeden Jakobspilger.

      Anfang 1920 wurden nicht nur die neuen Straßen im Bebauungsgebiet, sondern auch die bisher gebräuchlichen Straßennamen in Panitzsch offiziell mit Namen versehen. Durch den Zuzug von Außerhalb stieg die Zahl der Einwohner von 833 um 1913/1914 auf über 1.000 Personen in 310 Haushaltungen im Jahr 1919 weiter an. Schon 1911 wurde der Ort vom Gemeinde-Elektrizitätverband Oetzsch mit Elektrizität versorgt. Auch die Ortsstraßen erhielten eine elektrische Beleuchtung.

      Erst seit dem 1. April 1920 wurde die Gemeinde durch einen hauptamtlichen Bürgermeister geleitet. Diese Funktion übernahm Eduard Friedrich Haase (geb. am 24. Januar 1894 in Deuben als Sohn eines Friseurmeisters). Die Gemeindevertreter wählten ihn 1925 für eine weitere Amtszeit von zwölf Jahren, die vom 1. April 1926 bis zum 1. April 1938 andauerte. Als Vertreter des Bürgermeisters wurden aus dem Gemeindevorstand jeweils zwei Stellvertreter gewählt. Im Mai 1920 erhielt die Gemeinde Panitzsch die Genehmigung der Amtshauptmannschaft Leipzig zur Durchführung öffentlicher Gemeinderatssitzungen. Das Gemeindeamt, das Standesamt und die 1921 eingerichtete Girokasse befanden sich 1926 in der Hauptstraße 62 c und 48, die Postagentur in der Hauptstraße 95.

      Das von Panitzsch aus zwei Kilometer östlich gelegene Cunnersdorf wurde 1921 infolge der Auflösung der bisher selbstständigen Gutsbezirke in Sachsen nach Panitzsch eingemeindet und damit unter die Verwaltung der Gemeinde Panitzsch gestellt.

       Werbung der Girokasse 1937.

      Ursprünglich gab es beim Gemeindevorstand keine Aufgabenteilung. Dies änderte sich jedoch im Lauf der Jahrzehnte, denn durch die wachsenden Einwohnerzahlen erhöhte sich der Verwaltungsaufwand. Deshalb bildete der Gemeinderat mehrere Ausschüsse zur Durchführung von Einzelaufgaben, in die er Vertreter verschiedener Organisationen oder Parteien, aber ebenso einzelne Bürger berief. 1924 bestanden beispielsweise folgende Gremien: Finanz- und Verwaltungsausschuss, Schätzungsausschuss, Wohlfahrts- und Fürsorgeausschuss, Bauausschuss, Feuerlöschausschuss, Kreditausschuss der Girokasse, Wohnungsausschuss, Schulausschuss oder Schlachtviehausschuss. Die Ausschüsse wurden allerdings alle von Bürgermeisterei Haase persönlich geleitet.

      Im August 1923 trat in Sachsen eine neue Gemeindeordnung in Kraft, die die Selbstverwaltung der Kommunen stärkte und die Amtszeit der Bürgermeister auf sechs Jahre bzw. bei Wiederwahl bis auf zwölf Jahre festlegte. Schon seit den ersten Jahren der Bildung einer eigenen Gemeindeverwaltung zeigte sich, dass es nicht möglich war, alle Verwaltungsaufgaben eigenständig in Panitzsch durchzuführen.