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GegenStandpunkt 4-16


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vor allem aus der Technologiebranche, die sich eine den Weltmarkt beherrschende Position erobert haben, d.h. mit ihren Produkten nicht ein Angebot unter vielen darstellen, sondern mit ihnen gleich ein ganzes eigenes Marktsegment schaffen und besetzen (Apple – das I-Phone, Google – die Suchmaschine, Windows – das Betriebssystem). In dem Maße, in dem es ihnen gelingt, ihre elektronischen Dienste, ihre tatsächliche oder vorstellig gemachte Technologieführerschaft sowie Design und Marke als Alleinstellungsmerkmale am Markt durchzusetzen, können sie nämlich Preise verlangen, die der Konkurrenz ein Stück weit enthoben sind und in denen die wirklichen Kosten der materiellen Produktion nur noch eine verschwindende Rolle spielen, sofern solche Kosten überhaupt anfallen und nicht sowieso nur digitale Waren (Musik, Apps, Suchergebnisse) übers Netz verkauft werden. Die reale Fertigung ihrer Geräte erledigen zumeist längst Fremdfirmen als verlängerte Werkbank ihrer Labore und Softwareschmieden, während die mit ihren laufenden Erfindungen und Neuerungen die eigentlichen Leistungen vollbringen, die am Markt preiswirksam und damit profitbringend sind. Auf dieser Basis können diese Konzerne auch intern so rechnen, dass in Forschung und Entwicklung, Produktdesign und Markenname mehr oder weniger der ganze Wert ihrer Produkte steckt und die nachgeordneten Abteilungen der wirklichen Produktion und Vermarktung dazu so gut wie nichts mehr beitragen.

       um den nationalen Nutzen des Weltgeschäfts

      Dass Konzerne wie Apple ihre Konkurrenz überhaupt in globalem Maßstab bestreiten, die Macht ihres geistigen und sonstigen Eigentums grenzüberschreitend anwenden und dafür Standortbedingungen, nationale Wachstumsaussichten und -hemmnisse rund um den Globus frei vergleichen können, beruht auf der Freiheit, welche die staatlichen Subjekte des Weltmarkts ihnen gewähren. Im Prinzip sind daran in der globalisierten Welt von heute alle Staaten und der Form nach alle gleichermaßen beteiligt: Im Interesse, vom globalisierten Geschäft national zu profitieren, konkurrieren Standorthüter in der Anwendung ihres eigenen Rechts und in Form zwischenstaatlicher Verträge um die Ausgestaltung der Bedingungen des grenzüberschreitenden Geschäfts. Getragen von dem gegensätzlichen Anspruch, das internationale Wirken des Kapitals für die eigene Nation zu funktionalisieren, bewähren sie sich eben dadurch als Mit-Garanten einer globalen Geschäftsordnung, auf die sie sich selbst und alle reihum verpflichten. An den Wellen, die der aktuelle Steuerstreitfall über den Atlantik schlägt, wird allerdings schon auch kenntlich, dass dem Inhalt nach das freie Weltmarktgeschäft nicht einfach ein Produkt gleichgewichtiger, konkurrierender Staaten, sondern das Resultat der maßgeblichen Weltwirtschaftsmächte und allen voran der USA ist: Die haben als Subjekt der Globalisierung mit ihrer ökonomisch und politisch überlegenen Macht für die Internationalisierung des kapitalistischen Geschäftslebens in Gestalt einer rechtsförmlichen Geschäftsordnung eines freien Weltmarkts gesorgt, um ihrem Kapital die Welt als Markt zu erschließen. Zur globalen Durchsetzung ermächtigt sind damit nicht nur die konkurrenztüchtigen amerikanischen Großkapitale, auch und vor allem fungiert der Kredit der Nation weltweit als Kapital und begründet dadurch die globale Finanzmacht der USA und die Ausnahmestellung ihres Nationalkredits als Weltgeld Nr. 1.

      Komplementär zur Globalisierung des Kapitals der USA und konkurrierender Weltgeldnationen gibt es Staaten wie Irland, von denen das Weltgeschäft nicht ausgeht, sondern die um den Zufluss von Kapital konkurrieren. Daher bemühen sie sich, ihre Nation für den globalen Standortvergleich auswärtiger Multis als attraktives Anlageobjekt herzurichten, um Unternehmen zu attrahieren, die ein nationales Wachstum in Gang bringen und Arbeitsplätze schaffen, sodass am Ende der Staat davon profitiert. Dafür bieten sie dem internationalen Kapital die Sonderkonditionen, insbesondere eben vergleichsweise Steuervorteile: Der Staat hält sich mit seinem steuerlichen Zugriff zurück, um als Kapitalstandort zu taugen und sich damit Steuerquellen zu erschließen. Und das im Falle Irlands besonders erfolgreich.

      Denn in diesem Fall untermauern die Steuervorteile nur ein weiterreichendes Standortangebot, um das Irland mit anderen europäischen Ländern konkurriert. Ohne selber einen attraktiven Markt zu bieten, profitiert Irland davon, Mitglied in einem Staatenbündnis mit einem gemeinsamen Binnenmarkt zu sein und außereuropäischen, vorrangig amerikanischen Kapitalen den Zugang zu dem zu eröffnen. Das ist für Unternehmen wie Apple, Amazon, Google, Starbucks usw. der entscheidende Grund, in europäische Niederlassungen zu investieren; im Verein mit den steuerlichen Sonderangeboten fällt die Wahl dann auf Irland. Im Schlepptau von Abteilungen amerikanischen Großkapitals aus der Sphäre Handel, Industrie und nicht zuletzt Finanzen siedeln sich Zuliefer- und Folgegeschäfte an, werden so weitere ‚Arbeitsplätze geschaffen‘ und Irland bilanziert ein eindrucksvolles Wachstum – vor allem als Finanzplatz reüssiert das Land in einer Größenordnung, die der Wucht zu entnehmen ist, mit der die Finanzkrise die Bankenlandschaft verwüstet.

      Wenn nun die Kommission des europäischen Wirtschaftsblocks die Besteuerung im Binnenmarkt entgegen der bisherigen Steuerpraxis der Mitglieder neu zu regeln versucht, tritt sie in Gegensatz zu beiden komplementären Weisen, von der Globalisierung des Kapitals national zu profitieren: Sie greift auf der einen Seite Freiheiten des amerikanischen Kapitals im Hinblick auf sein Weltgeschäft an und auf der anderen Seite die besondere irische Methode, in Konkurrenz mit anderen EU-Staaten internationales Kapital für das Land zu mobilisieren.

       und seine weiterreichenden Perspektiven

      Die Entscheidung der EU-Kommission, dass Apple 13 Mrd. Euro plus Zinsen an Irland zahlen soll, ist das Ergebnis eines Urteils, das den irischen Staat bezichtigt, gegen EU-Recht zu verstoßen. Das Land habe sich durch unerlaubte Steuervergünstigungen gegen EU-Beihilfevorschriften vergangen. Tax Rulings, verbindliche Vorabsprachen nationaler Steuerbehörden mit einzelnen Unternehmen, sind zwar nicht prinzipiell verboten, aber im Falle der Einigung, welche der Fiskus in Irland mit Apple getroffen hat, liegt laut EU-Kommission ein Vergehen vor. Die Reaktion aus Irland folgt prompt: Manch ein Parlamentarier ist von der riesigen Summe beeindruckt, die Apple laut Kommission dem irischen Staat zu zahlen hätte, und denkt laut darüber nach, was die Regierung damit alles leisten könnte. Die Regierungslinie ist jedoch eine andere: Der Staat will das Geld nicht und macht den Streit zu einem Fall des Europäischen Gerichtshofs. Der Schaden, sollte Apple, abgeschreckt durch die neuen Steuerpflichten, seine Geschäfte teilweise oder ganz aus Irland abziehen, wiege schwerer als die Einbuße an Steuergeldern, seien sie auch noch so hoch – so die amtliche Stellungnahme, die noch einmal Auskunft darüber gibt, wie der irische Staat in der internationalen Konkurrenz national rechnet:

      „Für den irischen Finanzminister Michael Noonan ist Apple genau das: Ein wertvolles Lebensmittel, das keimen soll, damit irgendwann noch schönere und größere Kartoffeln aus ihm wachsen, die nur darauf warten, geerntet zu werden. Für den irischen Finanzminister ist Apple also eine Art ‚Saatkartoffel‘: Das Unternehmen bringt Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum. Dafür muss man pfleglich mit ihm umgehen, darf es nicht schröpfen. Man vernichtet nicht die Kartoffel, die einen nährt. … Bloß 12,5 Prozent vom Gewinn müssen Unternehmen an Irland zahlen, nur die Schweiz und Bulgarien sind günstiger. Das hat nicht nur Apple angezogen, das wertvollste Unternehmen der Welt, sondern auch Google und Facebook. Mehr als 700 amerikanische Unternehmen mit mehr als 140 000 Angestellten haben sich in Irland niedergelassen. Apple beschäftigt dort rund 6000 Leute.“ (faz.de, 4.9.)

      Wenn die EU-Kommission nun gegen einseitige Tax Rulings vorgeht, ist also nichts Geringeres in Frage gestellt als das Konstruktionsprinzip der ökonomischen Staatsräson Irlands.

      Dieser Angriff ist zwar nicht neu. Vom Standpunkt eines gesamteuropäischen Wachstums zum Nutzen aller Partner kritisieren die EU-Kommission und der EcoFin-Rat seit jeher den Wettbewerb mit Steuervorteilen, mit denen die Mitglieder um ihren nationalen Nutzen aus dem gemeinsamen Markt konkurrieren. Aus ihrer Perspektive ist die Gewährung von Steuervorteilen durch einzelne Mitglieder eine unfaire Wettbewerbspraxis, die der europäischen Staatengemeinschaft unnötige Einnahmeeinbußen beschert. Von daher und angesichts der europäischen Krisenlage dringt die Kommission jetzt im Fall Irland auf Konsequenzen: Irland mag sich durch sein Steuermodell einen Vorteil ausrechnen, mit seinem nationalen Egoismus untergräbt es aber den Zugriff Europas auf Erträge