Zachary Comeaux

Feuer in der Prärie!


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die für die moderne Osteopathie so bedeutende Gründerzeit der Osteopathie auf unterhaltsame Weise zu enthüllen.

      Falls die Lektüre des vorliegenden Werks Ihr Interesse an der Geschichte der Osteopathie geweckt haben sollte: Am Ende des Buchs finden Sie eine kleine Auswahl an weiterführender Literatur.

       Schluss

      Für jene, die in der Osteopathie mehr als nur eine Methode oder ein Verfahren sehen, aber auch für alle, die sich für bedeutende medizinhistorische Ereignisse interessieren, bietet das vorliegende Buch eine hervorragende und abwechslungsreiche Möglichkeit, die Gründerzeit der Osteopathie fast »hautnah« mitzuerleben. In diesem Sinn wünsche ich Ihnen viel Vergnügen beim Schmökern in Feuer in der Prärie.

       Christian Hartmann

       Pähl, November 2009

      Mühsal und Chance des Pionierlebens im amerikanischen Grenzland, Entschlossenheit und Trauer, die der Bürgerkrieg ihm brachte, aus Verzweiflung geborene Erfindergabe – und Romantik: Ein Geflecht aus all dem war das Leben des Andrew Still, des Begründers der osteopathischen Herangehensweise an die Medizin.

      Das heutige Amerika strebt aufgrund seiner modernen Technologien und seines Konzept einer demokratischen Republik nach der Weltführerschaft. Häufig vergessen wir allerdings die anderen wichtigen Beiträge der amerikanischen Kultur für die Welt – etwa die kommerzielle Bereitstellung von elektrischem Strom, das Automobil und die Telekommunikation. Und auch die Osteopathie als ganzheitlicher Ansatz in der Gesundheitspflege ist ja eine echt amerikanische Neuerung.

      Manche Leser, die einigermaßen mit Dr. Still vertraut sind, mögen von einigen Ideen, Dialogen oder Themen, denen sie in diesem Roman begegnen, überrascht sein. Natürlich trifft man in diesem Genre auf ein gewisses Maß an Freiheit. Dennoch war das Achten auf Genauigkeit bei der Darstellung der Person Still und auf Authentizität, was die Wiedergabe seiner Worte anbelangt, ein wichtiger Aspekt bei diesem Projekt. Die meisten Szenen und Dialoge wurden abgeleitet aus dem akribischen Lesen von Stills Autobiographie, aus frühen Ausgaben des Journal of Osteopathy, aus Aufzeichnungen von Still-Schülern wie E. E. Tucker und Arthur Hildreth und aus Stills eigenen handschriftlichen Notizen, verfügbar im A. T. Still University Museum. Auch Beobachtungen und Recherchen von anderen Autoren wurden herangezogen. Eine Liste dieser Quellen enthält der Anhang. Viele Dialoge basieren auf Aufzeichnungen von Reden, und öffentlich gemachte Aussagen sind oft als tatsächliche Zitate wiedergegeben. Wenn Sie als Leser ein Problem mit einem Namen, einer Begebenheit oder einem Dialog haben, betreiben Sie ein paar Nachforschungen oder kontaktieren Sie die Angestellten des Museums – und möglicherweise erleben Sie dann eine Überraschung.

      Die mittlerweile üblich gewordene stereotype Sicht auf Still als klugen, aber eigensinnigen und kaum gebildeten, hinterwäldlerischen Exzentriker beleidigt nach Meinung des Autors den Mann und wird zudem seinem Genius nicht gerecht. Das vorliegende Buch wurde nicht geschrieben, um Still zu idealisieren. Es ist vielmehr ein Versuch, ihn in seinen wahren historischen und intellektuellen Kontext zu stellen als einen einfühlsamen Menschen, der auf profunde und positive Weise an der Vervollkommnung der westlichen medizinischen Kultur mitgewirkt hat.

      Die Absicht war nicht, ein Monument für einen toten Mann zu errichten, sondern Stills Leben so zu porträtieren, dass junge Träumer, Denker und Reformer durch seine kühnen Gedanken angespornt werden, Ideen und Bemühungen weiterzuentwickeln als Teil einer lebendigen Tradition des Mitgefühls, des Wagemuts und der Experimentierfreudigkeit in dem Streben, herauszufinden, wer wir wirklich sind. Jene, denen Still den wertvollen Schatz seines originalen Gedankenguts als Erbe hinterlassen hat, haben die Chance, diese Gedanken weiterzutragen, indem sie anerkennen, welch enormer menschlicher Einsatz an deren Anfängen stand.

      Gesundheit ist kein Absolutum, sondern ein dynamischer Prozess. Gesundheitsfürsorge als kulturelle Leistung ist ebenso dynamisch. Teile dieser Dynamik in der Medizin und Osteopathie werden durch Leidenschaft angetrieben. Wissenschaft bedeutet in der Osteopathie demnach Wissen, verflochten mit der Sehnsucht des menschlichen Geistes. Und all das stellt sich im Zusammenhang der individuellen Persönlichkeiten und der einzelnen menschlichen Beziehungen heraus.

      Still war, so wie wir heute, eingebettet in einen historischen Kontext, der ihn zwang, seine tiefsten Erfahrungen in der Sprache seiner Zeit zu formulieren. Aber das, was zum Ausdruck gebracht wird, ist niemals die Erfahrung selbst. Er verwendete die reichhaltigste Sprache – Göttlicher Verstand, Philosophie, Körper-Geist-Seele, der Mensch als Maschine, Biogen – in dem Versuch, die gesamte Bandbreite seiner persönlichen Erfahrungen zu erfassen. Wie flüssiges Glas beim Abkühlen erstarrt, so werden jedoch auch die Einsichten und phänomenologischen Abenteuer eines aktiven Geistes fixiert oder eingeschränkt, sobald sie zum Ausdruck kommen. Während seines ganzen Lebens lebte Still wie auch jeder andere Autor oder Lehrer in diesem Spannungsfeld. In Stills Fall wurde dieser Zwiespalt verstärkt durch den Kampf, den es kostete, Stills Ideen zu einer großen internationalen Institution zu entwickeln. Eben jene Spannung im Leben eines großen Humanisten, eines Genies und Denkers herauszuarbeiten und den von ihm gegründeten Beruf darzustellen, versucht dieser in Form einer Fiktion vorliegende Bericht.

      Als sich das Projekt entwickelte, musste ich mich vor meinem Gewissen mit dem Problem der Einbeziehung eigener Gesinnungen und Erfahrungen auseinandersetzen. So ein Einbeziehen lässt sich beim Schreiben kaum vermeiden, auch wenn es sich um eine historische Fiktion handelt. Mir wurde klar, dass ich durch all die Jahre meines bewussten Lebens Stills Streben in seiner mystischen Annäherung an die Welt der Natur teilte. Und ich erkannte, dass ich bereits vor 25 Jahren, als ich während meiner ersten Studienzeit seine Autobiographie las, mit Still in Verbindung getreten bin, und dieses Forschen und feinsinnige Wahrnehmen inzwischen in meine klinische Praxis übernommen habe.

      Ich sah, dass meine Erfahrungen denen von Still sehr ähnelten. Meine »Interpretation« ist demnach eher Teil einer Vereinigung als eine Projektion. In den Epilog ist das eingeflossen, was ich vor vielen Jahren in einer knackig kalten Oktobernacht beim Lesen von Stills Research and Practice 1 auf einem Berggipfel in West Virginia erlebt habe.

      Nun, mein Freund, die Arbeit ist, was sie ist. Ich hoffe, sie hilft, allen interessierten Osteopathen ein besseres Verständnis für die Position zu vermitteln, die wir alle im Grunde teilen. Für den Leser, der noch nichts über den osteopathischen Ansatz in der Medizin weiß, hoffe ich, dass das vorliegende Werk seine Neugierde weckt.

       Zachary Comeuax

       27. 9. 2007

      Die Morgensonne spiegelte sich auf dem handpolierten Knauf von John Freemans Gehstock, als er die Harrison Street in Kirksville, Missouri, entlanghumpelte. Die Stadt pulsierte voller Leben und der Kutschverkehr an diesem Morgen war beachtlich. Es war der 2. Mai 1899, ein Dienstag. Unruhig und voller Erwartung schob Freeman seinen Mantel zur Seite und zog eine Taschenuhr aus seiner Hosentasche. 9 : 18 Uhr. Auf dem Terminzettel, den er aus seiner Hemdtasche gezogen hatte, stand 10 : 00 Uhr. Ganz oben auf dem Zettel war Krankenhaus der A. S. O. zu lesen. Endlich hatte er einen längst überfälligen Termin mit Andrew Still in dessen American School of Osteopathy.

      Zu stolz, um die Farm im fernen Kansas aufzugeben, war Freeman nun sehr auf seine Familie angewiesen, die das Vieh fütterte und die Saat ausbrachte. Die Arbeit war für jeden schwer; es musste sich etwas ändern, und so war er gezwungen, seinen Stolz zu überwinden und hierherzukommen. Sein hinkender Gang sprach Bände über seine Rücken- und Hüftschmerzen.

      Aufgewühlt von einem Wirbel aus Emotionen wartete er auf die Begegnung mit dem »Alten Doktor«, wie man Still nannte. Prophet, Wunderheiler, fanatischer Irrer – auch das waren Etiketten, die man ihm anhängte. Die Prediger zu Hause hatten, als sie von Freemans geplanter Reise hörten, versucht, ihm das Treffen mit dem »Diener des Teufels« auszureden.

      Für John erschien die Lage hoffnungslos. Aber andere, die es müde waren, ihn die Schmerzen des lahmen Beines ertragen zu sehen, seine Verzweiflung,