Christian Hartmann

Gedanken zu A.T.Stills Philosophie der Osteopathie


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in dem seine Schriften entstanden sind, in Kapitel 3.1.

      Ein weiterer Grund dafür, dass das vorliegende Buch nun gleichsam vorab wie ein Provisorium erscheint, ist die Tatsache, dass von immer mehr Osteopathen und Teilnehmern meiner Seminare zur Geschichte und Philosophie der Osteopathie (jetzt: Philosophische Osteopathie) eine öffentlich zugängliche Zusammenfassung meiner Gedanken gewünscht wurde. Diesem Wunsch möchte ich jetzt entsprechen, wohl wissend, dass ich damit im Grunde ein erst halbfertiges Produkt abliefere.

      Betrachten Sie die vorliegende Ausgabe aus den eben genannten Gründen daher als nach bestem Wissen und Gewissen erstelltes Gesellenstück –nicht mehr, aber auch nicht weniger. Sollte das Buch konstruktive Diskussionen auslösen, so werden alle wertvollen Beiträge hierzu in möglichen weiteren Auflagen Berücksichtigung finden. Wie schon erwähnt, soll es sich bei Philosophische Osteopathie ja nicht um ein statisches Lehrgebäude handeln, das versucht, vermeintliche Wahrheiten zu verbreiten. Betrachten sie es einfach als möglichen Beginn einer fruchtbaren Diskussion über die Bedeutung der philosophischen Dimension im therapeutischen Kontext.

      WISSENSCHAFTLICHKEIT VS. LESBARKEIT

       DANKSAGUNG

      Aufgrund des beschränkten Wissensumfangs war es in der Antike noch möglich, dass einzelne Menschen Detailwissen in vielen Feldern der Beobachtung erlangen und diese zugleich zusammenführen konnten, um auf diese Weise die sich daraus ergebenden holistischen Zusammenhänge in ihrer Bedeutung für das Wohl des Menschen zu ergründen. Diesen Menschen, die aufgrund ihrer Neugier auf die Welt und ihrer Liebe zum Wissen Philosophen genannt wurden, verdanken wir das gesamte Fundament unseres heutigen Denkens in der westlichen Welt und damit auch unsere Bewusstheit nicht nur für die Strukturen der physikalischen Welt und die sie verbindenden Mechanismen, sondern auch für die sich daraus ergebenden ethischen Fragen. Spätestens seit der enormen Wissensexplosion in der Folge der Renaissance kann diese Synthese von einzelnen Menschen nicht mehr geleistet werden, und entsprechend bemerkte der Gelehrte Emanuel Swedenborg (1688 – 1772) sinngemäß auch zu Recht, dass es zwei Arten von Philosophen geben müsse, um den eben beschriebenen Erkenntnisraum des Menschen zu erweitern: jene, die in einem bestimmten Bereich neue Detailerkenntnisse erlangen, und jene, die diese Detailerkenntnisse zusammenfügen.

      Da die akribische Arbeit an Details nicht zu meinen Stärken zählt, ich mich aber schon immer für das Verständnis großer Zusammenhänge begeistern konnte, zähle ich mich selbst eher zur zweiten Gattung der Wissen-Wollenden. Insofern sind meine Erkenntnisse weniger durch tatsächliche Neuentdeckungen geprägt, sondern bauen zumeist auf dem synthetisierten Wissen anderer Menschen auf. So betrachte ich mich auch ganz im Sinne einer berühmten Metapher lediglich als ‚Zwerg auf den Schultern von Riesen‘. Mögen meine Geistesblitze dem einen oder anderen Leser an manchen Stellen noch so originär erscheinen, so bauen sie letztlich doch immer auf dem Vorwissen und den Errungenschaften anderer auf. Deshalb seien sie im Folgenden auch explizit benannt.

      Im Bereich der Geschichte der Osteopathie sind vor allem Elmar Booth, Priscilla Brown, Ernest Tucker, Carol Trowbridge, Georgia Walters, Steve Paulus, Martin Collins, Max Girardin, Matvey Kipershtein, John O‘Brien, Michael Collins, David Fuller und Philippe Druelle zu erwähnen. Auch die Mitarbeiter von Institutionen wie dem Museum of Osteopathic Medicine (MOM, ehem. Still National Osteopathic Museum) in Kirksville, Missouri, das sich auf Initiative des ehemaligen Präsidenten der Andrew Taylor Still University James McGovern und unter der langjährigen Leitung von Jason Haxton zum Mekka der Forschung zur Osteopathiegeschichte entwickelt hat, dürfen hier ebenso wenig unerwähnt bleiben wie die Initiatoren und Mitarbeiter des erst vor wenigen Jahren gegründeten National Archive of Osteopathy in London.

      Eine besondere Erwähnung in Bezug auf die Osteopathiegeschichte verdient die kanadische Osteopathin Jane Stark. Ohne ihre unermüdliche Jagd nach historischen Fakten, die großzügige und offene Verbreitung selbiger in zahlreichen weltweit hochgeschätzten Seminaren, Fachartikeln und in ihrer bemerkenswerte Arbeit Stills Faszienkonzepte hätte die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Wurzeln der Osteopathie nicht die zunehmende Dynamik und das hohe Niveau erreichen können, die sie gegenwärtig aufweist.

      Wie schon erwähnt, bedarf es zum tieferen Verständnis von Stills Texten nicht nur der historischen Forschung, sondern auch einer Betrachtung vor allem durch Philosophen. Das organische Gesamtbild der Philosophischen Osteopathie und somit auch eine von ihr ausgehende mögliche Bestimmung der osteopathischen Identität sind ohne philosophische Beiträge undenkbar. Deshalb möchte ich mich in diesem Zusammenhang vor allem bei Robert Davis, Steve Tyreman, Walter McKone, Karl-Heinz Weber, Albrecht Kaiser und Martin Ingenfeld bedanken, die jeweils auf eigene Art und Weise versucht haben und noch immer versuchen, Stills Texte auch in Hinsicht auf philosophische Aspekte zu untersuchen.

      In meinem Werdegang von herausragender Bedeutung als philosophische Ratgeber und Gesprächspartner waren Martin Pöttner und Andreas Grimm. Pöttner ließ mich freundlicherweise an seinem enormen Wissen über die Philosophie im Kontext Amerikas des 19. Jahrhunderts teilhaben. Erst durch ihn war ich überhaupt in der Lage, Still als ebenso originären wie auch typischen Denker seiner Zeit einigermaßen einordnen zu können. Jeder, der sein umfassendes, bemerkenswertes Vorwort aus Das große Still-Kompendium kennt, wird nicht wenige der darin bereits 2005 von ihm erschlossenen Zusammenhänge im vorliegenden Buch wiederentdecken. Tatsächlich war Pöttner der Erste, der die Behauptung, Still sei nicht nur ein Meister im Medizinhandwerk gewesen, sondern auch ein bedeutender Denker, ausführlich und stichhaltig begründete. Da er diesen philosophischen Aspekt auch erstmals in einigen Aspekten mit der therapeutischen Praxis der Osteopathie in Verbindung brachte, gilt er für mich als eigentlicher ‚Urvater‘ der Philosophischen Osteopathie.

      Der intensive Austausch mit Andreas Grimm half mir, meine bestehenden Erkenntnisse zur Philosophischen Osteopathie einen entscheidenden Schritt voranzubringen, weil er mir ermöglichte, die noch etwas lose in meinem Kopf schwebenden Gedanken zu einem Gesamtbild zusammenzufügen. Zugleich verschob sich mein Fokus durch ihn endlich von der Osteopathie dorthin, wohin ihn Still auch ursprünglich gelegt hatte: auf den Osteopathen als eigenständig und kritisch denkenden Menschen.

      Aber nicht nur die eben genannten Personen hatten Anteil an meinen in diesem Buch vorgebrachten Ideen, Erkenntnissen und Hypothesen zur Philosophischen Osteopathie. Inspirationen kamen auch durch die Teilnehmer meiner Seminare, die vielen Neugierigen an meinem Bücherstand während der Osteopathiekongresse, interessierte Gelehrte aus dem universitären Kontext, Familie und Freunde bis hin zum ‚einfachen‘ Bauern aus meinem Dorf (der Still oftmals besser versteht als ich selbst). Ihnen und allen jenen, die ich hier nicht erwähnt haben sollte, gebührt mein uneingeschränkter Dank.

      Und schließlich gilt mein ganz besonderer Dank