Grabhügel und Grundriss der Grabkammer).
Nachdem der Besitz seinen Eigentümer gewechselt hatte, sollte die wirtschaftliche Ausbeutung weitergehen, nun aber mit realistischen Plänen: Statt nach Gold zu suchen, ging es nun um die Gewinnung von Steinmaterial aus dem Hügel. Im Herbst 1899 stieß man bei der Steingewinnung in der Mitte des Hügels auf einen Steineinbau, bei dem es sich nur um eine Grabkammer handeln konnte. Diese Kammer, deren Höhe und Durchmesser später mit 2 m angegeben wurde, besteht in seinem Grundriss aus einem Neuneck aus aufrecht stehenden Steinblöcken; die Abdeckung ist ein falsches Gewölbe, d. h. Steinplatten wurden so übereinander gelegt, dass die jeweils folgende ein kleines Stück vorsprang. Die Steinblöcke wiesen einen Lehmverputz auf, der wohl bemalt war.
Im ersten Moment gewann offenbar der Schatzsucherinstinkt die Oberhand. Ohne fachliche Anleitung und ohne Dokumentation wurde die Kammer geöffnet und die wertvollen Funde geborgen. Entweder hatte man die Befürchtung, der Wert des Ausgegrabenen könne durch Gerüchte an die zuständigen Behörden gelangen, oder der Finder war zur Einsicht gekommen, was er auf seinem Grund gefunden habe, müsse doch gemeldet werden.
Die Funde wurden nun von Seiten des Staates gesichert und zunächst in das Märkische Provinzialmuseum nach Berlin gebracht. Nach 1945 gelangten die Funde, soweit sie die Wirren des Zweiten Weltkrieges überstanden hatten, in das Museum für Vor- und Frühgeschichte zu Berlin. Mit der Einrichtung des Brandenburgischen Landesmuseums im Jahr 2008 wurden sie dorthin abgegeben. Zeitgleich mit der Sicherung der Funde erfolgte die Unterschutzstellung des Grabhügels. Im Zuge dieses Verfahrens wurde die Grabkammer zugänglich gemacht; dieser Zustand ist noch heute aktuell.
Die Funde verteilen sich auf mehrere Bestattungen. Die Hauptbestattung war die eines etwa 30- bis 40-jähren Mannes, dessen Leichenbrand (Asche und Knochenreste) in einer reich verzierten, aus mehreren Teilen gefertigten Urne aus Bronzeblech beigesetzt wurde. Die Urne selbst fand sich in einem rund 0,5 m hohen Tongefäß; ob kultische Gründe für diese Art der Aufbewahrung verantwortlich waren oder ob man die kostbare Urne vor Schäden schützen wollte, lässt sich nicht beantworten.
Neben der Hauptbestattung fanden sich zwei Nebenbestattungen, die vom Material der Urnen deutlich bescheidener waren. Es handelte sich um Tongefäße, in denen jeweils der Leichenbrand einer 20 bis 30 Jahre alten Frau gefunden wurde.
Das Inventar des Grabes erwies sich als überaus reich, weil es neben der Urne der Hauptbestattung zahlreiche Bronzeobjekte enthielt. Darunter befanden sich u. a. ein Schwert, ein Messer, ein Rasiermesser, ein Tüllenbeil, zwei Schalen, Schmuck und eine gegossene Tasse. Aufsehenerregend waren aber zwei Nadeln aus Eisen, die zu dieser Zeit besonders wertvoll waren.
Die kostbare Ausstattung des Grabes und die beiden Nebenbestattungen – die Forschung sieht in ihnen Witwenopfer – deuten darauf hin, dass es sich hier um die Grablege einer hochrangigen Persönlichkeit gehandelt haben muss. In gewisser Weise spiegelt sich dies auch in der Bezeichnung des Grabhügels als „Königsgrab“ wider.
Bei der Datierung des Grabes ging man lange Zeit davon aus, dass es um 800 v. Chr., also in der späten Bronzezeit, angelegt wurde. Archäologische Untersuchungen im Jahr 2003 erbrachten Fundmaterial, welches sich für eine C14-Analyse eignete. Dabei kam man auf das Datum 829 v. Chr.; allerdings muss man bei dieser Methode hinsichtlich ihrer Genauigkeit doch einige Abstriche machen. Bei weiteren Untersuchungen in der Nähe des Grabhügels fand man mehrere Feuergruben, deren Inhalte ebenfalls C14-Analysen erlaubten. Hier erhielt man Daten, die zwischen 1101 und 904 v. Chr. liegen. Damit stellt sich die Frage, ob diese Gruben mit dem Grab in Verbindung stehen.
Schloss-Museum Wolfshagen Prignitz
Im Schloss-Museum, das mit den ersten Räumen im Jahr 1998 eröffnet wurde, wird im Wesentlichen eindrucksvoll die Wohnkultur des märkischen Adels dargestellt, die während der Zeit der ehemaligen DDR weitgehend vernachlässigt, wenn nicht gar zerstört wurde. Ein Raum ist jedoch den Funden aus dem „Königsgrab“ von Seddin gewidmet. Schon das Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin hatte dem jungen Museum Kopien von Funden zur Verfügung gestellt, sodass ein Besucher heute nicht zwangsläufig nach Brandenburg an der Havel fahren muss, um im dortigen Landesmuseum die Originale zu sehen.
Putlitzer Straße 16, 16928 Groß Pankow (Ortsteil Wolfshagen), Tel. 038789-61063, www.schlossmuseum-wolfshagen.com
Literatur
J. May – T. Hauptmann, „König Hinz“ kommt in die Jahre. Neues vom Königsgrab Seddin, Lkr. Prignitz, in: Archäologische Gesellschaft in Berlin und Brandenburg e.V. – Brandenburgisches Landesamt für Denkmalpflege – Archäologisches Landesmuseum und Landesdenkmalamt Berlin (Hrsg.), Archäologie in Berlin und Brandenburg 2003 (2005) 54–56; E Probst, Deutschland in der Bronzezeit (1999) 337. 341. 345 Abb. S. 351; H. Wüstemann, C 4 Seddin, in: J. Herrmann (Hrsg.), Archäologie in der Deutschen Demokratischen Republik (1989) 437 f. Abb. S. 437.
Zur Zeit der ehemaligen DDR bestand ein großer Bedarf an einheimischen Energieträgern. Vorzugsweise wurde die im Tagebau gewonnene Braunkohle benötigt. Daher entstand auch der Tagebau Seese-Ost südlich von Lübbenau in der Lausitz, der jedoch nach den Ereignissen vom Herbst 1989 und der Wiedervereinigung Deutschlands eingestellt wurde. So entging die Slawenburg der endgültigen Vernichtung und erlebte sogar eine Wiederauferstehung.
[07] Vetschau – Slawenburg in Raddusch, der Zerstörung entkommen
Brandenburg • Berlin
Unweit von Vetschau hatte man schon im 19. Jh. eine Fundstelle entdeckt, die sich als slawische Wallburg erwies, von deren Typ bis heute in der Region rund 40 Anlagen nachgewiesen wurden. Rudolf Virchow, der große Mediziner, Jurist und Altertumsforscher des 19. Jhs., hatte 1880 die Anlage erstmals erwähnt und 1957 war sie unter Denkmalschutz gestellt worden. Als sich die Realisierung des Tagebaus Seese-Ost abzeichnete, begann man 1984 mit einer Rettungsgrabung, bei der die ganze Anlage untersucht werden konnte. Auf die Ausgräber kam allein aufgrund der zu bewegenden Erdmassen eine gewaltige Arbeit zu.
Von der Ausgrabung zum Museum
Im Lauf der archäologischen Untersuchungen ergab sich eine komplexe Baugeschichte, die sich in drei Phasen gliedern ließ. Vom Entwurf her handelte es sich immer um Kreisanlagen, die von einem Holz-Erde-Wall mit einem großen vorgelegten Graben umgeben waren. Für die früheste Befestigung, die auch als Vorbild für die Rekonstruktion diente, geht man von einem äußeren Durchmesser von 56 m und einem Inneren von etwa 36 m aus. Für den Wall wurde eine Höhe von etwa 7 m erschlossen. Das benötigte Holz wurde in der unmittelbaren Umgebung geschlagen, sodass eine Landschaft mit freiem Sichtfeld entstand. Das benötigte Erdmaterial konnte aus dem Grabenaushub gewonnen werden. (Abb. 7)
Abb. 7 Raddusch, slawische Befestigung. Der Nachbau wird heute als Museum genutzt.
Zur Burganlage gehörte auch eine „Vorburg“, die wohl eher Siedlungscharakter gehabt haben dürfte. Als man sie untersuchte, fand man allerdings keine verwertbaren Spuren, weil die Landwirtschaft im Laufe der Zeit alle Spuren vernichtet hatte.
In der Burg wurden auch zwei Toranlagen gefunden, die man aufgrund ihrer Bauform als Tunneltore bezeichnet. Ein Tor befand sich im Nordwesten. Der andere Zugang konnte im Osten nachgewiesen werden. An den Innenseiten des Walles waren Unterkünfte eingerichtet, die an Kasematten erinnern. Außerdem fanden die Ausgräber im Bereich des „Burghofes“ Spuren von Gebäuden, bei denen es sich sowohl um Pfostenbauten als auch um Blockbauten handelte, von denen einige Öfen aufwiesen. Der Wasserversorgung dienten vier Brunnen.
Allgemein geht man davon aus, dass diese slawischen Befestigungsanlagen als Fluchtburgen genutzt wurden. Da aber eine Innenbebauung nachgewiesen wurde, stellt sich die Frage, ob hier nicht die Angehörigen