Tommy Krappweis

Ghostsitter


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um den flackernden Schriftzug irgendwann einmal auch andere Farben getragen hatten als abgeblättertes Graubraun.

      »Aha. Das ist also die Schrnsfat«, sprach Tom.

      »Schreckensfahrt«, verbesserte Welf.

      »Ja, wenn alle Buchstaben noch leuchten würden«, erwiderte Tom. »So ist es nur die Schrnsfat

      Er drehte sich zu seinem angeblichen Onkel um und deutete hinter sich auf dieses glimmende, dudelnde Relikt vergangener Zeiten, dessen Besitzer er nun dank eines Daumenabdrucks geworden war.

      »Welf, ohne Scheiß!«, rief Tom über den Lärm hinweg. »Das Ding ist vollkommen im Arsch! Und damit soll ich jetzt jahrelang von Kirmes zu Kirmes gondeln? Wer bitte geht da rein und zahlt auch noch dafür? Oder bezahlen wir die Leute, damit sie da reingehen?«

      Tom drehte sich wieder zur Geisterbahn um und starrte fassungslos auf die kleinen Wägelchen, die gestaltet waren wie kleine Särge. Allerdings wirkten sie durch ihre eher breite und an den Ecken abgerundete Form nicht gruselig, sondern ganz arg albern. Stumm sah Tom zu, wie dieser Gnubbelsarg mühselig hinter dem Kassenhäuschen hindurchruckelte, um dann unter einem Fallgitter hindurch in der »Schrnsfat« zu verschwinden. Dieses Gitter sollte wohl den Eindruck erwecken, als würde es jeden Moment herunterfallen und so für den ersten Schreck sorgen. Leider zuckte es nur armselig, und von den fünf Spitzen am unteren Ende des Gitters fehlten die mittleren drei.

      Da öffnete sich auf der rechten Seite ein Burgtor, das auch nur noch wenig Ähnlichkeit mit einem schweren, beschlagenen Türflügel hatte. Es sah eher aus, als würde jemand mit einer labbrigen Scheibe Vollkorntoast winken. Ein weiterer Wagen kam zum Vorschein, der seine Runde durch die Bahn offensichtlich beendet hatte.

      Hier, am Ende der Fahrt, wechselten die Wägelchen in eine extra Schiene, wo sie langsamer fuhren, um das Ein- und Aussteigen zu erleichtern. Am Anfang dieser Schiene war ein Metallzapfen angebracht, der dafür sorgen sollte, dass sich auch der Sicherheitsriegel öffnete. Bei diesem Wagen allerdings schien das nicht so recht zu funktionieren, denn anscheinend war der Bügel verklemmt oder festgerostet. Der kleine dicke Sarg blieb an dem Zapfen hängen und blockierte so die gesamte Mechanik. Erstaunt bemerkte Tom, dass dabei auch die Glühbirnen dunkler wurden und flackerten, während die blecherne Musik zu leiern begann und schließlich klang, als würde sich die Welt nur noch in Zeitlupe bewegen.

      Welf seufzte und versetzte dem Schienenbett einen wuchtigen Tritt. Es gab einen metallischen Schlag, der Sicherheitsbügel sprang zurück, das Wägelchen löste sich aus der Blockade, und die Geisterbahn quälte sich langsam eiernd wieder bergauf bis zur Normgeschwindigkeit.

      »Äh … wann soll das Ganze denn losgehen?«, fragte Tom mit matter Stimme.

      »Bald«, antwortete Welf. »Wir haben genug Zeit, um dir alles zu zeigen. Und dann fangen wir mit dem Abbau an. Unsere erste Station ist ein Kirchweihfest in Bad Reichenhall.«

      »Ah«, machte Tom, während in seinem Gesicht Fassungslosigkeit und Zukunftsangst um die Vorherrschaft kämpften und ihm so einen arg verwirrten Ausdruck verliehen. Mit diesem alten, armseligen Kasten sollte er bald durch die Gegend schippern? Ernsthaft jetzt? Und Oma hatte ihn nicht einmal davor gewarnt! Tom schüttelte den Kopf. Das konnte doch alles gar nicht wahr sein.

      »Weißt du was?«, sagte er schließlich an Welf gewandt. »Das Ding macht mir wirklich Angst. Aber aus den falschen Gründen. Ich hab grad einfach nur Schiss vor den nächsten vier Jahren. Wie sollen wir dieses Teil bitte halbwegs sinnvoll betreiben? Wer soll das alles reparieren, und vor allem, wer bezahlt die, die das alles reparieren sollen? Ich krieg erst Geld, wenn die Zeit rum ist, aber bis dahin bin ich längst vollkommen pleite! Und mit den Nerven am Ende! Und …«

      Welf gab ihm keine Antwort. Stattdessen unterbrach er Toms Monolog, indem er ihn am Arm mit sich zog.

      »Hey!«, rief Tom. »Was soll das denn, warum … Waaahhh!« Ehe er sich’s versah, hatte Welf ihn einfach hochgehoben und zielsicher in eines der Wägelchen geworfen. Es schepperte, als Tom mit dem Hintern auf die hölzerne Sitzbank prallte. Er verzog schmerzhaft das Gesicht, und gleichzeitig war er jetzt richtig sauer!

      »Das machst du nicht noch mal mit mir, hörst du?« Tom rappelte sich auf, um wieder auszusteigen, bevor er in der Geisterbahn verschwinden würde. »Ich hab jetzt echt keinen Bock, mit diesemmmpfff…«

      Weiter kam er nicht, denn gerade war der Sicherheitsriegel hochgeklappt und hatte Tom mit überraschend viel Wucht zurück in den Sitz gedrückt. Kaum hatte er seinen Atem wiedergefunden, war Tom auch schon unter dem Gitter hindurchgefahren und …

      … der Tom, der wenige Minuten später am anderen Ende der Schreckensfahrt herausfuhr, ähnelte dem, der hineingefahren war, nur in Kleidung, Körpergröße, Haar- und Augenfarbe. Der gesamte Rest war ein zitternder, bleicher Pudding aus rasendem Puls und nackter Angst.

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