Nehmen wir an, Sie haben einen Patienten, der keine Fragen beantworten will; es gibt solche Leute, die es einem übel nehmen, wenn man alles über sie wissen will, obwohl sie gekommen sind, um sich helfen zu lassen. Gelingt es, mit diesen Patienten über einen anderen Weg als ihren bewussten Verstand zu kommunizieren, beginnen sie zu reagieren.
Ich habe das schon oft erlebt. Ich bin dabei einen Patienten zu behandeln und habe meine Hand irgendwo an seinem Körper, da sage ich innerlich: „Du musst mir zeigen, was du wirklich brauchst“. Bald beginnt der Patient daraufhin über einen wichtigen und oft unvermuteten Faktor seines Problems zu sprechen. Später fragt er sich dann sogar vielleicht, warum er darüber gesprochen hat.
Frage Ist das so etwas, wie wenn jemand ein guter Zuhörer ist?
Dr. Frymann: Ja, weil es wirklich auf Einfühlungsvermögen und Mitgefühl ankommt, wenn es darum geht einen Menschen zum Reden zu bewegen. Sobald wir wissen, dass uns jemand verständnisvoll zuhört, sprechen wir über unsere tiefsten Bedürfnisse.
Frage Wir versuchen also einige der Dinge zu analysieren, die zumindest sensible Menschen schon aus Erfahrung kennen?
Dr. Frymann: Ja, obwohl sie sich dessen vielleicht nicht bewusst sind. Es gibt da ein Sprichwort: „Was du bist, spricht so laut und deutlich, dass ich nicht hören kann, was du sagst.” Das ist eine tiefe Wahrheit. Bald werden die Menschen soweit sein, dass sie sensibel genug sind, um uns alle, unabhängig davon was wir sagen, als das zu erkennen, was wir sind.
Frage Bedeutet das, dass wir ein persönliches oder mechanisches Feingefühl entwickeln werden, welches uns jetzt noch nicht bekannt ist?
Dr. Frymann: Eine persönliche Bewusstheit, ja. Sogar innerhalb der letzten fünf Jahre sind das Interesse und die Bereitschaft in diese Richtung zu denken, gewaltig gewachsen.
Es ist jedoch wichtig den Unterschied zwischen einer Diskussion spiritueller und religiöser Grundsätze zu differenzieren. Religion besteht hauptsächlich aus der menschlichen Interpretation oder Annahme bestimmter Dinge, über die uns keine Tatsachen zur Verfügung stehen. Wenn wir vom Geist sprechen, dann sprechen wir über etwas, das genauso Teil des gesamten Menschen ist, wie sein physischer Körper. Daher obliegt es uns, uns daran zu machen, herauszufinden was auf seiner spirituellen Ebene vor sich geht.
Unsere Patienten haben heutzutage möglicherweise ein Leiden, für das ich den Namen „spirituelles Verhungern“ gewählt habe. Das können Menschen sein, deren Leben so intensiv auf die materielle Ebene oder sogar die intellektuelle Ebene ausgerichtet ist, dass sie dadurch nicht zulassen, wie die spirituelle Seite ihrer Natur ihren Ausdruck findet. Dieses Verhungern beeinflusst ihre gesamte Natur und kann eine ernste Krankheitsursache darstellen.
Die Naturgesetze gelten auf der spirituellen Ebene ebenso wie auf der physischen Ebene. Wir halten uns automatisch daran, egal ob wir sie nun aussprechen oder nicht. So befolgte die Menschheit das Gesetz der Schwerkraft Jahrtausende, bevor Newton es formulierte. Die Menschen wussten zum Beispiel, dass man, wenn man von einer Klippe fällt, unten auf dem Boden landet und sich verletzt. Aber erst nachdem das Gesetz der Schwerkraft präzise definiert worden war, konnte man es beherrschen und in den Weltraum starten.
Derzeit müssen die spirituellen Gesetze angewandt werden, um verstanden zu werden: zum Beispiel, das Gesetz des Glaubens, das Gesetz der Vergebung oder das Gesetz der Liebe. Liebe lässt Pflanzen aufblühen, Tiere gedeihen und macht Menschen gesund. Liebe ist eine Heilerin, die wir geben und empfangen dürfen. Sie ist der wichtigste Zusatz zur Lebensnahrung für alle, die krank sind. Ich weiß nicht, wie es funktioniert, aber ich weiß, dass es funktioniert – immer.
Frage Glauben Sie, dass die Kenntnis und die Anwendung dieser Gesetze zum Handwerkszeug eines Osteopathen gehören?
Dr. Frymann: Das müssen sie, wenn wir wirklich dem Patienten im ganzheitlichen Sinn helfen wollen. Ich denke wir müssen im wahrsten Sinne des Wortes wissenschaftlich vorgehen. Wir neigen im Allgemeinen dazu das Wort „wissenschaftlich” nur im Sinn von „materialistisch” zu gebrauchen; tatsächlich bedeutet das englische Wort für „wissenschaftlich” aber „in Übereinstimmung mit dem Gesetz”.
Ich frage mich: Sind wir als osteopathischer Berufsstand bereit, das von Dr. Still formulierte Gesamtkonzept voll zu entwickeln? Bei der Lektüre von Dr. Stills Autobiografie stellt sich heraus, dass es sich von Anfang bis Ende um einen spirituellen Diskurs handelt.
Frage Viele der Schüler, die Dr. Stills Unterricht kurz vor seinem Lebensende besuchten, hatten folgendes zu berichten: „Dieser Mann spricht in schwierigen Allegorien. Ich habe ihn nicht verstanden“.
Dr. Frymann: Das ist wahr, aber Sie müssen bedenken, dass die Menschen damals nicht gewohnt waren so zu denken, wie wir es heute tun. Heute ist die Welt eher bereit dafür. Tausende von Menschen erleben trotz vieler Ärzte und Osteopathen eine spirituelle Heilung. Wir können es uns nicht leisten zurückzustehen und so zu tun, als ob es das nicht gäbe; es passiert überall um uns herum. Wir dürfen das nicht länger als etwas Gesondertes unserer Arbeit betrachten. Die Zeit für uns als Berufsstand ist gekommen die spirituellen Kräfte, die überall um uns herum angeregt werden zu erkennen, zu erforschen und mit ihnen zu arbeiten. Sobald wir eine Partnerschaft mit dem Großen Mediziner eingehen, auf seine Führung hören und Ihn einladen unsere Hände als Seine zu verwenden, um diesem Patienten Heilung zu bringen, wird das „Unmögliche“ möglich und die Patienten erleben während ihrer osteopathischen Behandlung tiefgreifende Veränderungen.
Wir müssen uns jedoch darüber bewusst sein, je mehr unser Verständnis dieser Kräfte wächst, desto größer ist die Verantwortung des Osteopathen, sie auch wirklich richtig einzusetzen – genauso wie es mit allen anderen neuen Behandlungsmethoden der Fall ist. Der Osteopath muss sich bilden und disziplinieren, sie klug einzusetzen. Er muss sich selbst wesentlich höhere Maßstäbe setzen als je zuvor und er muss sich aufs Neue dem Dienst Gottes und seiner Mitmenschen verschreiben.
Übungen zur Entwicklung der palpatorischen Sensibilität
1 Mit geschlossenen Augen sanft die Oberfläche eines Tisches palpieren und die Stelle der Tischbeine finden. In diesen Bereichen ist die Elastizität geringer und der Widerstand größer.
2 Eine kleine Münze unter einem Telefonbuch finden
3 Ein menschliches Haar unter mehreren Seiten eines Telefonbuchs finden. Dabei bemerkt man eine Erhebung in der glatten Oberfläche der Seite.
Palpation – Schicht für Schicht
1 Eine sehr leichte Berührung, oder sogar das Entlangführen der Hand etwa einen halben Zentimeter über der Haut, liefert Informationen über die Oberflächentemperatur. Eine akute Läsion zeigt sich als ungewöhnlich warm; der Bereich einer langjährigen, chronischen Läsion ist möglicherweise im Vergleich zur Haut in anderen Bereichen ungewöhnlich kalt. Eine Beeinträchtigung oder Distorsion der inhärenten Bewegung innerhalb des Körpers kann so palpiert werden. Diese Technik ist von besonderem Wert bei Patienten, die ein akutes Trauma erlitten haben und es nicht zulassen den Körper, d. h. die Oberfläche der Haut palpieren zu lassen.
2 Eine leichte Berührung offenbart außerdem die kutane Feuchtigkeit, das Schwitzen oder die Aktivität der Talgdrüsen der Haut.
3 Der Tonus, die Elastizität, der Turgor der Haut kann durch leichten Druck festgestellt werden.
4 Ein etwas festeres Vorgehen lässt den Untersuchenden mit der Oberflächenmuskulatur in Verbindung treten, um so ihren Tonus, ihren Turgor und ihren metabolischen Zustand zu bestimmen.
5 Ein tieferes Vordringen ermöglicht ein ähnliches Studium der tieferen Muskelschichten.
6 Der Zustand der Faszienschichten und ihrer Dichte kann festgestellt werden.
7 Beim Abdomen liefert eine gleichartige Palpation Informationen über den Zustand der darin liegenden Organe.
8 Bei einem tieferen Eindringen, bestimmt und dennoch sanft, nimmt man Kontakt