hingegen sind geröstete Kartoffeln, Krautsalat, Sauerkraut, Kartoffelsalat oder Gurkensalat mit süßem Rahm. Dem untergegangenen Österreich-Ungarn begegnen wir beim Tellerfleisch oder beim Szegediner Gulasch. Ebenso bei der Kren-Soße, beim Kaiserschmarren, den Buchteln, dem Topfen- (=Schotten-) und Apfelstrudel oder den Polsterzipfeln. Doch – was mir bei meinen Recherchen auf den Speisekarten abging, war die Kärntner Nudel! Alfredo Domenig klärte mich auf: Im Kanaltal wird nur der süße Ableger davon zubereitet, nämlich die Klotznnudel (Kletzennudel). Übrigens: Die Mama von Giusi kam aus Treppo Grande (Provinz Udine) und derPapa aus Col San Martino, einem schönen Ort im Prosecco-Gebiet (Provinz Treviso). Alfredos Vater war ein Saifnitzer und die Mutter stammte aus Malborghetto. So viel zum „Schmelztiegel“ Kanaltal. Gekocht wird im Haus nach wie vor nach ihren alten Rezepten.
Wild, Pilze und Schwammerln spielen überall im Tal eine bedeutende kulinarische Rolle. Nur bei der Zubereitung hat sich im Laufe der Zeit doch einiges geändert, manches wurde bekömmlicher und kreativer. Längst aber hat sich die alte Kanaltaler Küche mit jenen der anderen Kulturkreise vermischt. Ich behaupte einmal: In kaum einem anderen Tal Mitteleuropas ist die kulinarische Vielfalt so groß wie hier.
Aus der Speisekarte von „Da Giusi“
MENSCHEN IM KANALTAL
Kanaltaler brillieren in Rom
Auch Italien hat seine televisionären Kochsendungen. Um die Mittagszeit sendet Rai 1 jeden Donnerstag die beliebte Sendung „La prova del cuoco“. Dabei treten Köchinnen und Köche aus allen Regionen Italiens mit originellen regionalen Rezepten gegeneinander an. Im Mittelpunkt dieser bedeutenden 25-Minuten-Sendung stehen nicht erfahrene Fernsehköche, sondern „normalsterbliche“ Köche aus dem Alltagsgeschäft. Schauplatz der Koch-Show ist das DAER-Studio der Rai in Rom. Dort arbeitete einst kein Geringerer als Star-Regisseur Dino de Laurentis.
Aus dem Kanaltal waren 2014 Giuseppina Alsido und Alfredo Domenig von der Trattoria „Da Giusi“ in Malborghetto am Start. Gleich vorweg: Die beiden agierten sehr erfolgreich. Als sogenannte Figuranti, also Statisten, begleiteten das Wirtehepaar in Tracht bzw. in Kanaltaler Tracht Benvenuta Plazzotta mit Ehemann Gino Alessandro Micossi und außerdem Raimondo Domenig. Was zuerst nach einem kurzen TV-Abenteuer ausschaute, wurde schließlich zu acht zweitägigen Rom-Ausflügen samt Fernsehauftritt der Kanaltaler Freundesrunde. Die Kosten und die Betreuung vor Ort hatte Rai übernommen. Geflogen wurde stets von Ronchi dei Legionari nach Rom. Fünf volle Koffer mussten bei jedem Trip mitgenommen werden. Allein drei Koffer wurden mit den authentischen Zutaten aus der unmittelbaren Region gefüllt.
Runde um Runde überstanden Giuseppina und Alfredo beim Telefon-Voting, das gleich während der Sendung durchgeführt wird. Besiegt wurden dabei auch Konkurrenten aus Ballungszentren – etwa die Köche von „Al Grop“ aus Tavagnacco bei Udine.
Mit ihren mitteleuropäisch geprägten Rezepten zogen die Kanaltaler bis ins Finale. Erst dort unterlagen sie den Köchen aus dem Piemont. Aber ein zweiter Platz ist in einer äußerst populären, italienweit ausgestrahlten Sendung, ein toller Erfolg für die Küche dieser Region.
Im Sommer 2014 luden die beiden Finalisten ihre Freunde als Dank für fleißiges Voten zu einer kleinen Feier nach Malborghetto ein.
Sie rockten Rom kulinarisch: Gino Alessandro Micossi und Benvenuta Plazzotta, Giusi Alsido und Alfredo Domenig, Raimondo Domenig.
Restaurierte Kirche von Ugovizza
Der Kanaltaler Kulturverein
Viele Kanaltaler Familien deutscher Zunge sind während der Option im Jahr 1939 weggezogen. Manche sind geblieben, manche nach dem Krieg zurückgekehrt. „Draußen in Kärnten“ haben sich früh Kanaltaler zu Vereinen zusammengefunden. Im Kanaltal selbst, in Saifnitz/Camporosso, wurde der Kulturverein 1979 von Karl Lagger und anderen gegründet. Lagger war der erste Obmann. Als Sekretär stand ihm Hans Kravina zur Seite, Gründungsmitglied Hansi Preschern ist noch heute als Kassier tätig.
Als Hauptaufgaben des Kulturvereines sahen die Mitglieder, damals wie heute, die Erhaltung von Traditionen und die Pflege der deutschen Sprache und Kultur an, erklärt der amtierende Obmann Alfredo Sandrini. Er selbst ist mit der ehemaligen Kärntner Skirennläuferin Kornelia Geissler verheiratet. Man kennt den Bauingenieur in Pension als ehemaligen Skischulleiter in Tarvis und noch immer aktiven Skilehrer.
Stolz ist der Obmann auf den regen Zuspruch bei den ausgeschriebenen Deutschkursen, die am Sitz des Kanaltaler Kulturvereines in der alten Schule von Grünwald/Boscoverde abgehalten werden. Jeden Sommer gibt es Kurse für Kinder und Jugendliche, im Herbst für die Erwachsenen. Als Grund für dieses Interesse sieht Sandrini die Arbeitsmöglichkeiten in Kärnten. Ein wichtiger Faktor für das Kanaltal. Denn wer im Großraum Villach einen Arbeitsplatz bekommt, bleibt als Berufspendler im Tal wohnhaft. Jene, die im Kernland der Region Friaul-Julisch Venetien oder in anderen Regionen Arbeit finden, die ziehen meist für immer weg.
Das Kanaltal hat nach dem EU-Beitritt Österreichs in den Bereichen Zoll, Speditionen und Militär zahlreiche Arbeitsplätze und in der Folge Einwohner verloren. Heute hat das gesamte Tal etwa 7 000 Einwohner. Davon sind, weiß Alfredo Sandrini, etwa 15 bis 20 % deutscher Abstammung. Er berichtet auch von einer Volkszählung aus dem Jahr 1910. Damals wurde festgestellt, dass sich 95 % der Bevölkerung als Deutsche, 4 % als Windische und 1 % als Friulaner deklarierten. Als positiv sieht man diesseits und jenseits der Grenze die Entwicklung, dass Kärntner Kinder aus sprachlichen Gründen in Tarvis zur Schule gehen und umgekehrt Tarviser Kinder in Arnoldstein.
Ein Definitionsproblem liegt dem Obmann (wie dem Autor) schon lange auf dem Herzen. Der Umgang mit dem Begriff Kanaltal ist oft ein „überdehnter“. „Wissen Sie, Chiusaforte, Resiutta, Carnia oder gar Venzone liegen nicht im Kanaltal.
Es muss einmal erwähnt werden! Das Kanaltal reicht geografisch von der Mündung des Flusses Slizza/Gailitz in die Gail bis nach Pontebba zum Bach Pontebbana“, betont Sandrini.
Als Veranstalter, Kulturerhalter und Kulturträger ist sein Verein sehr rührig. Enge Verbindungen hat man schon vor Jahrzehnten zur „Villacher Bauerngman“ geknüpft. Diese unterstützte einst unter Großbauer Josef Willroider kräftig die Renovierung des Vereinssitzes in der alten Schule von Grünwald. Die Kanaltaler residieren dort im Parterre, im Obergeschoss sind die Kärntner Kollegen ansässig. Sie wollten einfach einen Stützpunkt in der alten Heimat haben. Das Gebäude selbst gehört der Dorfgemeinschaft Greuth/Rutte.
Als eine Besonderheit wird die alljährlich zelebrierte Heilige Messe am Palmsonntag in der Peter-und-Paul-Pfarrkirche von Tarvis angesehen. Die Messe wird vom Klagenfurter Kapuzinerpater Anton Wanner gelesen – ihm zur Seite steht der Hausherr, Pfarrer Don Claudio Bevilacqua. Dieser ist übrigens Friulaner. Ebenfalls gerne besucht wird die Heilige Messe am Stefanitag – von Gläubigen aus Kärnten und Friaul. Organisiert werden vom Kanaltaler Kulturverein außerdem Konzerte mit Chören aus Kärnten oder Friaul. Man nimmt in Tracht an Umzügen teil. So auch am großen Umzug anlässlich des Villacher Kirchtages oder beim Alpenfest in Tarvis.
Der Verein zählt an die 300 Mitglieder – Alfredo Sandrini ist stolz darauf, dass auch „Italiener“, wie er schmunzelnd betont, dabei sind.
2013 haben sich der Obmann und sein Team um die Instandsetzung des Denkmales von Kaiser Karl bei Uggowitz verdient gemacht. Es steht im Bereich einer Schottergrube, direkt an der SS 13, kurz vor der östlichen Ortseinfahrt. Besondere Aufmerksamkeit hat der Kulturverein nach seiner Gründung auf die Belebung der Kanaltaler Tracht gelegt. Der Bestand an Originaltrachten war nach dem Zweiten Weltkrieg stark zurückgegangen. Deshalb beschloss man im Jahr 1981, die Tracht des Tales nach historischen Vorlagen zu reaktivieren. Änderungen mussten vorgenommen