detaillierte Verarbeitungsanleitungen für Lehmestrich. Als Estrich kommt heute nur noch die trockene Methode in Form von „Stampflehmboden“ zum Einsatz. Das Material wird entweder erdfeucht und feinkrümelig in Big Bags angeliefert oder einer Lehmgrube entnommen und in einem Zwangsmischer zerkrümelt.
Dazu wird nachstehend eine Verarbeitungsanleitung der Firma Lehm Ton Erde Baukunst GmbH in Schlins, Österreich, wiedergegeben:
Stampflehmboden
„ Lehmböden sind geprägt von ihrer heterogenen Oberfläche, weisen feine Mikrorisse auf und haben dadurch keine Oberflächenspannung. Sie wirken im Gegensatz zu zementgebundenen Böden weich, obwohl sie extrem hart und strapazierfähig sind. Stampflehmböden sind fugenlos einbaubar, wirken durch ihre Farbnuancen lebendig und sind stets ein Unikat.
Die Herstellung eines Stampflehmbodens erfordert ein großes Maß an Erfahrung. Die Ausführung erfolgt in mehreren Etappen und über einige Wochen.
Erdfeuchtes Material wird ca. 15 cm stark plan aufgezogen und verdichtet. Der Verdichtungsprozess erfolgt zunächst mit einem Handstampfer, wobei von Trittbrettern aus und später mit Glättschuhen gearbeitet wird. Danach wird mit einer kleinen, bis zu 240 kg schweren Vibrationsplatte verdichtet. Nach dem Verdichten wird die Oberfläche mit dem aus dem Lehmmaterial hergestellten Schlicker verspachtelt, abgeschabt mit Quarzsand und mit einer Einscheibenmaschine abgerieben. Durch den Schlamm sind alle Fugen, Öffnungen und Unebenheiten ausgefüllt, Steine bleiben jedoch sicht- und spürbar. Bei störenden Unebenheiten wird der Lehmboden mit einem Diamantflächenschleifer leicht abgeschliffen, dadurch entsteht ein terrazzoähnlicher Effekt, der die Oberfläche zusätzlich noch strapazierfähiger macht.
Durch den Trocknungsprozess schwindet der Lehm, und der Boden ist übersät mit vielen kleinen Rissen. Dank dieser Mikrorisse baut der Lehmboden keinerlei Spannungen auf und ist relativ elastisch. Nach dem vollständigen Austrocknen wird die Oberfläche mit Casein und Wachs imprägniert, sodass der Lehmboden sehr pflegeleicht und im Wohnbereich uneingeschränkt nutzbar ist. Die Farbigkeit kann entsprechend den Anforderungen angepasst werden.“
Heizungsrohre werden abgedeckt und überhöhte Abziehlehren hergestellt (Bild: Uwe Wirthwein, Lehmprojekt).
Überhöhtes Abziehen des Estrichs (Bild: Uwe Wirthwein, Lehmprojekt).
Mit einem Handstampfer wird von Trittbrettern aus vorverdichtet (Bild: Uwe Wirthwein, Lehmprojekt).
Endgültig wird mit einer Rüttelplatte verdichtet (Bild: Uwe Wirthwein, Lehmprojekt).
Verdichtung der Ränder von Hand (Bild: Uwe Wirthwein, Lehmprojekt).
Schleifen der Oberfläche (Bild: Lehm Ton Erde Baukunst GmbH).
Schleifen der Oberfläche (Bild: Uwe Wirthwein, Lehmprojekt).
Abschließende Oberflächenbehandlung mit Wachsemulsion (Bild: Lehm Ton Erde Baukunst GmbH).
Fertiger Stampflehmestrich in einem Wohnraum (Bild: Bruno Klomfar, Ausführung Lehm Ton Erde Baukunst GmbH, Architektur Nägele Waibel ZT GmbH).
Oberfläche des Stampflehmestrichs (Bild: Bruno Klomfar, Ausführung Lehm Ton Erde Baukunst GmbH, Architektur Nägele Waibel ZT GmbH).
2. Gipsestrich
2.1 Älteste Funde
Der wohl älteste archäologische Fund eines Gipsestrichs [12] findet sich in Catal Hüyük. Catal Hüjük (auch Çatalhöyük oder Chatal-Hayouk) ist eine in der heutigen Türkei ausgegrabene Siedlung aus der Jungsteinzeit. Sie wird auf den Zeitraum zwischen 7500 und 5700 v. Chr. geschätzt. Ihre Blütezeit war um 7000 v. Chr. Die Ansiedlung lag auf der Hochebene Anatoliens und hatte mehrere Tausend Einwohner. Man rechnet sie dem Zentralanatolischen Neolithikum (CAN) zu. Seit 2012 ist Catal Hüyük Teil des UNESCO-Welterbes. [13]
Fundstätte Catal Hüyük. Es handelt sich um Lehmbauten, die innen sowohl einen Gipsputz als auch einen Gipsestrich auf Vorlagesteinen aufweisen (Bild: GNU Ziggurat).
Eine Archäologin legt den Unterbau aus Vorlagesteinen des Gipsestrichs von Catal Hüyük frei (Bild: Alamy).
2.2 Baustoff Gips, historisch
Gips, geologisch auch Gipsspat genannt, ist ein sehr häufig vorkommendes Mineral aus der Mineralklasse der Sulfate mit der chemischen Formel Ca[SO4]·2H2O. Wird Gipsstein erhitzt, geht das Kristallwasser verloren. Es entsteht zuerst ein Hemihydrat (auch Halbhydrat, gebrannter Gips bzw. Bassanit genannt) mit der chemischen Formel Ca[SO4]·½ H2O. Bei weiterem Wasserverlust entsteht schließlich Anhydrit CaSO4. Durch Zugabe von Wasser läuft der Vorgang rückwärts, und es bildet sich wieder Gips Ca[SO4]·2H2O.
Die damaligen Menschen haben das durch Erfahrung gelernt. Sie könnten Gipssteine um ein Feuer gelegt haben. Am Tag darauf haben sie dann festgestellt, dass sich die Steine leicht zu einem Pulver zerschlagen lassen. Wenn es dann geregnet hat, ist dieses Pulver wieder zu einem Stein erhärtet. Sie haben auch erkannt, dass das Pulver von Steinen, die näher am Feuer lagen und dadurch stark erhitzt wurden, sehr langsam, oft erst nach Tagen, wieder erhärtete. Der Stein wurde dadurch aber sehr hart. Das Pulver von Steinen, die weiter weg vom Feuer lagen, erhärtete sehr schnell, blieb dafür aber ziemlich weich. [7]
Im Laufe der Zeit beherrschte man diese Vorgänge immer besser. Man unterschied entsprechend der Brenntemperatur Produkte mit stark unterschiedlichen Eigenschaften.
Der Hochbrandgips, gebrannt bei Temperaturen bis 900 °C, eignet sich besonders für stark beanspruchte Bauteile, also auch für Estriche, da er sehr hart wird. Er hat aber den Nachteil, dass er Tage braucht, um zu erhärten. Hochbrandgips, grob gemahlen und mit wenig Wasser angemacht, wurde nicht nur für Estriche, sondern auch als Mauermörtel verwendet.
Zum Verputzen von Wänden kann man den schnell erhärtenden Stuckgips verwenden, der eher weich ist.
Auch Außenputze sind noch bis ins 19. Jahrhundert (Frankreich) damit hergestellt worden.
Diese Verfahren haben sich im Laufe der Zeit weiterentwickelt. Mit unterschiedlichen Brennverfahren lässt sich Gips, bzw. die einzelnen Phasen des Gipses, mit ganz unterschiedlichen Eigenschaften mittlerweile gezielt herstellen.
2.3 Estrichherstellung mit Gips, historisch
In der Regel wurde der Estrich ca. 4 cm dick auf einer Sandschüttung oder einer Steinvorlage verlegt. Das Problem war, dass die Erhärtung von Estrichgips Tage dauerte, da Anreger noch nicht bekannt