Selbst die neuesten Methoden liefern bestenfalls Annäherungswerte, aber keine in allen Details zweifelsfreie, dem Original nahekommende Fassungen. Um methodisch korrekt vorzugehen, müsste man mehrere denkbare farbliche Varianten ein und desselben Werks herstellen, was aber den Rahmen jeder Untersuchung sprengen würde.
Im Gegensatz zu den im 19. Jh. angefertigten Rekonstruktionen, bei denen bildende Künstler maßgebend waren, sind heute Archäologen mit Vertretern weiterer wissenschaftlicher Disziplinen an der Erarbeitung beteiligt. Im Experiment kann die Bemalung mit Originalfarben in antiker Maltechnik simuliert werden. Auch wenn wir wissen, dass eine Statue farbig war, so ist doch der genaue Farbwert nicht leicht festzulegen, denn die Statuen haben im Laufe der Zeit ihre ursprüngliche Farbe eingebüßt. Auch wurden die Farben schon in der Antike wohl immer wieder aufgefrischt. Vieles kann folglich nur im Experiment gelingen. Diese Versuche können selbstverständlich nicht an den Originalen durchgeführt werden, die es zu respektieren gilt. Mithilfe von Gipsabgüssen wird es jedoch möglich, verschiedene Modalitäten der Farbe zu erproben. So geschehen im Fall der Ägineten in München und des Augustus von Prima Porta. Es ist interessant, für eine Statue mehrere Vorschläge von verschiedenen Forschergruppen im Experiment auszuführen. So ist die Wirkung der Figur des Augustus von Prima Porta in Blau und Rot eine gänzlich andere als die einer vollständig bemalten Version (Bild 1a).
Selbstverständlich verdient diese neue Darstellung eine noch intensivere Erforschung. Die Farbreste an einigen Statuen und Reliefs können in ihrer Zusammensetzung mit Hilfe der IR-Spektrographie oder der Röntgendiffraktometrie bestimmt werden. Damit an den Originalen keine Proben entnommen werden müssen, werden mit der UV-VIS-Reflexionsspektralphotometrie die Bestimmung der Pigmente und ihrer Farbwerte ermöglicht. Diese Methode beruht auf der Lichtabsorption der Partikel. Auch ein Auflicht-Stereomikroskop ist beim Aufspüren kleinster Farbreste hilfreich.
Eine grundlegende Technik zur Ermittlung früherer Farbaufträge basiert auf den so genannten Verwitterungsreliefs. Wenig haltbare Farben wie Ocker hinterließen bald freie Partien, die der Witterung länger ausgesetzt waren als andere. Blau und Zinnober (Rot) sind am beständigsten, weshalb vor allem diese Farben von früheren Ausgräbern noch gut zu erkennen waren. Deshalb kamen diese Farben oft als einzige für Rekonstruktionen in Frage. Mit Hilfe von Streiflicht, einem straff gebündelten Licht, das schräg auf die Oberflächen trifft und selbst geringfügigste Unebenheiten deutlich erkennen lässt, können Vorritzungen für Ornamente und das sogenannte Farbverwitterungsrelief deutlich sichtbar gemacht werden. Durch langjährige, vergleichende Untersuchungen kann man aus den so entstandenen, sehr flachen Reliefs die früheren Farben recht genau bestimmen. Dieses ermöglicht den indirekten Nachweis von Farben. Von großer Bedeutung sind auch Fotografien, die sich der UV-Reflexion und der UV-Fluoreszenz bedienen.
Mit beiden Methoden können durch entsprechendes Filmmaterial und Objektivfilter Feinheiten der ursprünglichen Bemalung sichtbar gemacht werden. Hierbei können z. B. Ornamente auf Gewändern hervorgehoben werden, die sonst für das menschliche Auge nicht sichtbar wären. Durch unterschiedliche Helligkeitswerte können diese verlorenen Farbflächen aufgezeigt werden. Welche Methode das beste Ergebnis liefert, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Eine Kombination dieser Techniken kann schließlich zum Ziel führen, welches eine Annäherung an das Original bedeutet.
Die Rekonstruktion oder die Wahl der richtigen Farbe
Eine Rekonstruktion kann die Vergangenheit nicht wiederherstellen. Sie kann aber eine Vorstellung davon geben, wie die Reliefs einmal ausgesehen haben könnten. Ein solcher Annäherungsversuch ist abhängig von vielen Faktoren. Zum einen von den Erkenntnissen der Polychromieforschung, die basierend auf den Farbresten an antiken Statuen und Reliefs den einst tatsächlich benutzten Farben auf die Spur kommen, sowie von den Äußerungen antiker Schriftsteller zum Thema.
Worin besteht also das Ziel der vorliegenden Unternehmung? Mit der polychromen Fassung der Ehrenbögen und der Reliefs, die im Zusammenhang mit dem römischen Triumph stehen, wird der Autor die in Marmor gemeißelten Bilder in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen, die Zusammenhänge der einzelnen Bilder neu interpretieren und die Geschichte, die auf diesem Relief dargestellt ist, neu verständlich machen. Der Betrachter wird Details erkennen, die erst durch die Farbe hervorstechen und so jede einzelne Szene lebendig werden lassen. Der Nachteil solcher Rekonstruktionen liegt darin, dass man sich bei ungewissen Punkten für eine bestimmte Lösung entscheiden muss, damit eine farbige Gesamtwirkung entsteht. Die falsche Wahl einer Farbe kann die Wirkung eines gesamten Bildes beeinflussen. Diese Problematik war dem Autor bewusst.
Farbkombinationen beeinflussen sich gegenseitig. Alle Farben lassen sich mit anderen Farben in ihrer Wirkung steigern. Ein kräftiges Rot verliert an Intensität, wenn daneben ein erdfarbener Ton ins Spiel kommt; wenn daneben ein leuchtendes Blau oder ein helles Gelb gesetzt wird, steigert sich die Intensität erheblich. Pastelltöne stehen hier neben einzelnen Farben von hoher Farbkraft. Als Vorlage der vorliegenden Arbeit dienten dem Autor die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse von Farbigkeit an antiken Skulpturen und Reliefs, Wandmalereien sowie die Bemalung auf Terrakottafiguren und -reliefs. Bei jeder modernen Rekonstruktion ist die Beeinflussung durch den heutigen Farbgeschmack unvermeidbar. Deshalb stellt das Folgende einen Versuch dar, wie die Ehrenbögen und Reliefs einst ausgesehen haben könnten. Bestimmte Objekte erhielten eine Farbe, die ihrem Naturbild ähnlich sind. So sind Bäume natürlich in Grün- und Brauntönen gehalten. Der Himmel behielt seine hellblaue Farbe und Gewässer bekamen ein etwas dunkleres Blau. Für die römischen Gebäude wurde Weiß gewählt, da wir aus der Archäologie wissen, dass z. B. Mauern weiß getüncht wurden.
Durch Überlieferungen antiker Textquellen und farbliche Reste an diversen Terrakottafiguren und Statuen sowie anhand von Wandmalereien aus Dura Europos, Pompeji und dem gesamten Golf von Neapel konnte die Farbenpracht der Antike wieder ins Leben gerufen werden. Auch die zahlreichen Mosaike des Römischen Reiches geben eine Hilfestellung bei der Farbwahl. Mithilfe all dieser Quellen wurde die Farbwahl getroffen. Die Figuren auf den Reliefs mussten so dargestellt werden, dass für den Betrachter auch aus der Ferne klar zu erkennen war, was abgebildet wurde, denn ein Kaiser oder eine göttliche Figur sehen nun mal anders aus als ein Zivilist. Solch eine Erkennbarkeit muss Ziel der an den Bögen beteiligten Künstler und des Auftraggebers gewesen sein. Bisher galten im Allgemeinen gedeckte, erdfarbene Töne als realistische Farben. Allerdings zeigen alle bis dato an antiken Skulpturen, Reliefs und Wandmalereien entdeckten Farben eindeutig ein anderes Bild: Schon auf griechischen Sarkophagen wurden stets leuchtende und kräftige Farben verwendet, man denke nur an das Beispiel des Alexander-Sarkophags aus Istanbul.
Bild 1b: Mitglieder der Gruppe LEG XI CPF aus der Schweiz bei der Veranstaltung „Natale di Roma“ in Rom.
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