Hartmut Finger

Dahlen - Kleine Stadt mit Geschichte(n)


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wird. Es handelt sich hierbei um die zweitälteste Urkunde, in welcher Dahlen als Stadt benannt ist.

      Auf Grund zahlreicher Fälschungen von Urkunden sowie der oft sehr kreativen Schreibweise von Orts- und Personennamen ist es Usus, dass man mindestens zwei voneinander unabhängige Urkunden zugrunde legt, wenn es um eine solche Datierung geht. Dabei wird üblicherweise das jüngere der beiden Daten, wenn nicht beide auf ein Jahr fallen, als Gründungsdatum betrachtet. Somit sehen wir nach derzeitigen Erkenntnisstand die Erstbenennung von Dahlen als Stadt im Jahr 1228.

       Urkunde von Papst Gregor IX. aus dem Jahr 1228

      Wann Dahlen aus dem Gerichtsbezirk Strehla ausgeschieden ist, kann man nicht mit Sicherheit sagen. Es muss aber ebenfalls um das Jahr 1228 gewesen sein. Denn im Jahr 1238 bezeugt eine Urkunde Heinrich des Erlauchten (um 1215-1288), dass ihm vom Einkommen der Gerichte der Städte Strehla und Dolen jeweils der dritte Denar als Lehen vom Bischof zu Naumburg, wie auch schon seinen Vorfahren, gereicht worden sei.

      Das Städtchen „Doleyen“ gehörte, wie bereits erwähnt wurde, vor dem Jahr 1210 zum Gebiet des Burgwards Strehla, welcher die Aufgabe hatte, den Elbübergang zu sichern. Hierbei tauchen immer wieder in den verschiedensten Urkunden Hinweise auf eine Burg im Gebiet des späteren Dahlen auf.

      Dieses Bauwerk hat sich lange im Volksmund unter dem Namen „Jäckelsburg“ erhalten. Ihr Standort soll am Ende des jetzigen Mühlgässchens im Bereich der späteren Kirstenmühle gewesen sein. An diesem Standort ist dann aber eher eine Wasserburg denkbar. zudem könnte sie dort auch ein Vorgängerbau des späteren Rittergutes gewesen sein. Nachdem sie im Verlauf ihrer Geschichte offensichtlich recht bald an militärischer Bedeutung verloren hatte, wurde sie dem Verfall überlassen. In den ältesten erhalten gebliebenen Erbbüchern finden wir sie aber noch als „Kekeleßburg“ erwähnt. In einem Lehnsbrief der Herren von Schleinitz aus dem Jahr 1472 wird wiederum mit „Kekeleßburg“ ein Dorf bezeichnet. Eine Urkunde von 1476 erwähnt, dass dort 4 Pawern (4 Bauern) sesshaft seien. Hierin lautet der urkundliche Name „Geckelsburg“. Der Grund dieses Vertrages ist, dass Dietrich von Schleinitz (Titzen von Schleinitz) die Geckelsburg zusammen mit anderen Besitzungen seiner Frau als Leibgedinge11 zusprach. Ein anderer Lehnsbrief (1534) bezeichnet den Ort der „Kokelsburg“ zwischen Czüssen (Zissen) und Smanewitz (Schmannewitz) liegend. Daher ist auch eine andere Lokalisierung der „Kokelsburg“ denkbar. Hier kommt der westlich vom Ziegelteich gelegene Hügel in Betracht, der heute als Ziegelberg bezeichnet wird, vordem aber lange Zeit „Kakelsberg“ genannt wurde. Für diese Lokalisierung spricht, dass in einer Urkunde von 1472, die den Kauf des Rittersitzes Dahlen durch Dietrich (der Ältere) von Schleinitz (Titzen von Schleinitz) bestätigt, Kakeldburg (Jäckelsburg) als eigenständiges Dorf erwähnt wird, was man vermutlich nicht gemacht hätte, falls dieser Ort im Bereich des Mühlgässchens gelegen hätte und damit in unmittelbarer in Nachbarschaft des Rittergutes im Bereich des heutigen Schlossparks. Für die Lage auf dem Ziegelberg spricht zudem, dass dort beim Ackern immer wieder Scherben und andere Zivilisationsreste aus dem 13. Jahrhundert zutage kommen, die allerdings noch nicht eingehend untersucht wurden.

       Dahlen als Kreuzung von Handelswegen

      Der Grund, weshalb gerade Dahlen sich (im Unterschied zu anderen kleinen Orten) zu einer Stadt entwickelte, mag wohl auch darin liegen, dass sich hier zwei wichtige Handelsstraßen der damaligen Zeit kreuzten. Quer durch Dahlen verlief vom Westen nach Osten die sogenannte Obere Salzstraße, auf der das Salz von Halle an der Saale herbeigebracht wurde. Sie kam über Wurzen (hier querte sie die Mulde, wobei Wurzen zeitweise nördlich über Püchau umgangen wurde) und Dornreichenbach als sogenannte „Kleine Straße“ (auch als ein Zweig der „Hohen Straße“) nach Dahlen und führte weiter über Lampertswalde, Liebschütz bis an die Elbefurt bei Strehla. Strehla war in der ältesten Zeit einer der wichtigsten Elbübergänge. Von hier aus führte der Weg zur „Hohen Straße“, dem Rollweg nach Hain (heute Großenhain). Die „Hohe Straße“, auch Via Regia (Königsstraße) genannt, kam aus der Ukraine, Polen, Schlesien, der Lausitz und ging von Bautzen über Großenhain bis an die Elbe. Bei Merschwitz überquerte sie die Elbe und verlief von hier aus über Seerhausen nach Oschatz, Wurzen und Leipzig. Die andere Handelsstraße, die durch Dahlen ihren Weg nahm, kam aus Südosten. Der nächstgelegene größere Ort, den diese Straße durchquerte, war die südöstlich von Dahlen gelegene Amtshauptmannschaft Oschatz. Von hier aus verlief sie in nordwestlicher Richtung weiter über Torgau und Wittenberg.

      Im Mittelalter siedelten sehr oft an solchen Kreuzungen für die Handelszüge wichtige Gewerbetreibende, wie Schmiede, Sattler, Wagenbauer, aber auch Wirtsleute. Meist bildeten sich auch Märkte heraus. So lag es für die Lehnsherren nahe, solchen Marktflecken das Stadtrecht zu verleihen, da sich hierdurch für sie ein finanzieller Vorteil ergab.

      An Hand von verschiedenen Urkunden kann man davon ausgehen, dass Dahlen das Stadtrecht vom Naumburger Bischof erhalten hat. Ein wichtiger Grund für den Ausbau der Stadt Dahlen durch die Naumburger Geistlichkeit könnte auch der Umstand gewesen sein, dass Dahlen der westlichste Stützpunkt des Bistum Naumburg zu dieser Zeit war.

      Es gilt als sicher, dass Naumburger Herren bereits im letzten Drittel des 12. Jahrhunderts einen befestigten Edelhof bzw. ein Gebäude für Senatssitzungen (Rathaus) in Dahlen errichtet und bewirtschaftet haben. Von diesem Hof, der in der Urkunde von 1210 Curiam et pomerium genannt wird, was auch bedeuten könnte: innerhalb und außerhalb der Stadtgrenze befindlicher Raum, also „Stadtgebiet“. Von hier wurden der Marktort und durchführende Straßen kontrolliert und bewacht. Aus diesem Hof ging später vermutlich das Rittergut hervor.

      Über die Handelswege aus der Zeit des Mittelalters lässt sich noch Folgendes sagen: Das Wegenetz war äußerst dünn. Die sogenannten Königsstraßen sollten nach einer Vorschrift mindestens so breit sein, dass zwei Fuhrwerke zuzüglich der neben den Fuhrwerken gehenden Fuhrleuten aneinander vorbeifahren konnten. Das wird unter anderem auch im um 1230 verfassten Sachsenspiegel (2.Buch/Art.60/§ 3) gefordert. Für die Unterhaltung des Wegenetzes waren diejenigen zuständig, durch deren Fluren die Wege führten. So zumindest lautete die Theorie. Real glichen selbst bis weit in das 19. Jahrhundert hinein die sächsischen Fernhandelsstraßen eher unbefestigten Feldwegen und befanden sich in einem katastrophalen Zustand. Dass der sächsische Landesherr schon Ende des 16. Jahrhunderts die schlechten Straßenverhältnisse als Problem erkannte, zeigen uns zwei recesse12 aus jener Zeit, die die Dahlener betreffen.

       Vierspänniger Kaufmannswagen, Titelholzschnitt der dritten Auflage von Jörg Wickram "Das Rollwagenbüchlein" 1557

      Der erste wurde am 11. Februar 1586 zwischen Christian, Herzog zu Sachsen und Markgraf zu Meißen (1560-1591), Herrn Wolff Abraham von Schleinitz zu Dahlen, sowie dem Rathe undt der gemeine von Dahlen verabschiedet. In Artikel 11 dieses Vertrages heißt es: „So soll der von Schleiniz die brücken so ehr vormöge mehr gedachtes vortragen zu halten schuldigk also zu richten laßen“. Der Gemeinde von Dahlen dagegen wurde auferlegt, „die stege undt wege im stedtlein Dahlen zu vorsehen (…) [und] dieselben [Steinwege] in der zeit beßern, undt in gutem wesenn [zu] erhaltten“. Diese Aufgabenteilung wird innerhalb der Stadt vielleicht noch zu einem passablen Ergebnis geführt haben, wobei Herr von Schleinitz seinen Anteil der Aufgabe vermutlich an die Gemeinde als Teil der Fron weiter delegiert haben dürfte. Die für ihre Wirtschaft wichtigen Wege mussten die Dahlener ohnehin selber in Ordnung halten.

      Dies wird rund ein Jahr später in einem weiteren recess vom 22. März 1587 noch einmal schriftlich fixiert, in dem festgelegt wird: „das der Rath (…) nicht alleine im Stedtlein Sondern auch außerhalb bey der Zigelscheunen unndt nach dem Hospittal holze die, wege beßerung (…) zu thuen schuldigk sein.“ Herrn von Schleinitz wird nun noch auferlegt, die „landtstraßen zu beßern (…) [und] uff seine kosten vorrichten“ zu lassen. Dem Grundherren