Arnold Mettnitzer

Mit dem Herzen atmen


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Der Tempel – aus Marmor und Gold – ist der Tempel ihres Körpers.

       Und dort steht der Menschensohn mit einer Peitsche in der Hand

       und treibt sie aus, die Manager der 20th Century Fox,

       die Dein Bethaus zu einer Räuberhöhle machten.

       Herr,

       in dieser Welt, die verseucht ist von Sünde und Radioaktivität,

       sprichst Du eine kleine Verkäuferin allein nicht schuldig,

       die wie alle kleinen Verkäuferinnen davon träumte, ein Filmstar zu sein.

       Und ihr Traum wurde Wirklichkeit (doch eine Wirklichkeit in Technicolor).

       Sie agierte nur nach dem Drehbuch, das wir ihr gaben

       – Drehbuch unseres eigenen Lebens. Und es war ein absurdes Filmskript.

       Vergib ihr, Herr, und vergib uns allen

       unsere 20th Century,

       diese kolossale Superproduktion, an der wir alle Anteil haben.

       Sie hungerte nach Liebe, und wir boten ihr Beruhigungsmittel.

       Gegen die Traurigkeit, dass wir nicht heilig sind,

       empfahl man ihr die Psychoanalyse.

       Denk, Herr, an ihre wachsende Angst vor der Kamera,

       an ihren Hass auf die Schminke – und sie schminkte sich für jede Szene –

       und wie ihre Abscheu immer größer wurde

       und wie sie immer unpünktlicher in den Studios erschien.

       Wie jede kleine Verkäuferin

       träumte sie davon, ein Filmstar zu sein.

       Und ihr Leben war unwirklich wie ein Traum, den der Psychiater analysiert und zu den Akten legt.

       Ihre Liebesabenteuer waren wie ein KUSS mit geschlossenen Augen

       und wenn man die Augen öffnet, merkt man,

       dass es nur ein Filmkuss war.

       Und dann löschen sie die Scheinwerfer!

       Und bauen die zwei Wände des Raumes ab

       (es war ein Filmset)

       und der Regisseur geht mit dem Drehbuch davon,

       denn die Szene ist abgedreht.

       Oder wie eine Reise auf einer Yacht, ein Kuss in Singapur, ein Tanz in Rio,

       der Empfang im Landhaus des Herzogs und der Herzogin von Windsor

       all das betrachtet von einem schäbigen Apartment aus.

       Der Film ist aus – doch ohne Happy End.

       Man fand sie tot in ihrem Bett, den Hörer in der Hand.

       Und die Polizisten wussten nicht, mit wem sie sprechen wollte.

       Es war,

       als ob jemand die Nummer der einzigen Freundesstimme gewählt hat

       und eine Stimme vom Tonband hört, die schnarrt: WRONG NUMBER,

       oder wie wenn jemand, getroffen von der Kugel der Gangster,

       die Hand ausstreckt nach einem Telefon, das nicht angeschlossen ist.

       Herr,

       wer es auch sei, den sie anrufen wollte

       und nicht erreichte (vielleicht war es auch niemand oder jemand, dessen Nummer nicht im Telefonbuch von Los Angeles steht),

       nimm Du den Hörer ab! 8

      16

      Reuben Silverbird

      Judith und Moritz laden zur Hochzeit. Die Feier findet bei herrlichem Wetter unter freiem Himmel am 19. September 2015 am Kleinsasserhof, in der Nähe von Spittal an der Drau, statt. Das Hochzeitspaar lädt mich ein, ein Segensgebet für die beiden und ihre geladenen Gäste zu sprechen. Gleichzeitig bitten sie mich, ein solches Gebet gemeinsam mit einem ihrer Freunde aus Amerika zu tun. So lerne ich Reuben Silverbird kennen, einen Medizinmann der Cherokee-Apachen, gleichzeitig Sänger, Schriftsteller und Botschafter des Friedens.

      Reuben beginnt die Zeremonie, indem er uns lange anblickt und uns dann sagt, was ihn, wenn er nach Europa kommt, immer wieder verwundert: Wenn Menschen sich hier zu einem Fest treffen, dann stünden sie da, als hätten sie nichts miteinander zu tun. Und wenn er sie dann einlade, einander die Hände zu reichen, gerieten sie nicht selten darüber in Verlegenheit! Die Apachen, so erzählt er uns, würden sofort einen Kreis ums Hochzeitspaar bilden, einander die Hände reichen, singen, in die Hände klatschen und zu tanzen beginnen. Und schon ruft er uns leicht verständliche Laute zu, die wir im Chor wiederholen und dabei im Uhrzeigersinn um das Hochzeitspaar tanzen. Selten zuvor habe ich schneller verstanden, wie wenig es braucht, um Feste zu feiern.

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