Gekünstelte, Gesteigerte … Die innerste Art, die tatsächliche Lebensrichtung eines Menschen, ist daran zu erkennen, ob an ihm gute Früchte zu sehen sind, ob seine Güte, seine Wärme, sein Wohltun, seine Frömmigkeit, seine Liebenswürdigkeit ursprünglich und wurzelecht sind oder ob das alles Mache, Verstellung, Steigerung, von außen aufgedrückter Stempel, moralischer oder religiöser Drill ist.«
Jesus zeigt in den Abschiedsreden seinen Jüngern und uns, wie Früchte wachsen. Bleiben in Christus – wie eine Rebe am Weinstock. Er reinigt die Reben und damit uns. Er sorgt dafür, dass wir mehr Frucht bringen. Von unseren Anstrengungen ist keine Rede.
8. FEBRUAR
Ein gesunder Baum trägt gute Früchte und ein
kranker Baum schlechte. Umgekehrt kann auch ein
gesunder Baum keine schlechten Früchte tragen.
MATTHÄUS 7, 17 – 18
Wie gesunde Bäume möchten wir Christen verwurzelt sein und Frucht bringen.
In seiner Schrift »Von der Freiheit eines Christenmenschen« greift Martin Luther das Bild vom Baum und den Früchten auf. Er schreibt: »Die beiden Sprüche sind wahr: Gute Werke machen nimmermehr einen guten Mann, sondern ein guter Mann tut gute Werke. Böse Werke machen keinen bösen Mann, sondern ein böser Mann macht böse Werke. So muss immer das Wesen oder die Person selbst zuvor gut sein, vor allen guten Werken; und die guten Werke folgen und gehen aus von der guten Person. Es ist ja klar, dass die Früchte nicht den Baum tragen, so wächst auch der Baum nicht auf den Früchten, sondern umgekehrt. Die Bäume tragen die Früchte, und die Früchte wachsen auf den Bäumen … also muss zuerst die Person des Menschen selbst gut oder böse sein, ehe er ein gutes Werk tut. Seine Werke machen ihn nicht gut oder böse, sondern er selbst macht seine Werke gut oder böse.«
Frucht wächst von selbst. Kein Bauer stellt sich auf seinen Acker und appelliert an die Fruchtbarkeit der Erde. Früchte wachsen nicht auf Befehl. Sie reagieren nicht auf Appelle und Beschwörungen. Nur wir Menschen möchten gerne Früchte erzwingen. Als Seelsorger oder Prediger »bearbeiten« wir die Menschen, weil wir Frucht sehen wollen. Wir wollen Früchte erleben, wir drängen und manipulieren, dass Früchte sichtbar werden. Die Bibel hat recht: Der gute Baum bringt gute Früchte, und der Christ, der aus Christus lebt, wird Frucht bringen.
9. FEBRUAR
Er bleibt sich selbst treu, indem er alle als treu anerkennt, die sich einzig
und allein auf das verlassen, was er durch Jesus getan hat.
RÖMER 3, 26
Ohne Leistung und Erfolg fühlt sich der moderne Mensch hilflos und nutzlos. Leistung und Erfolg gehören – nach seiner Meinung – zum wahren Menschsein. Martin Luther, der bis zu seiner »Bekehrung« auch von dieser Tatsache überzeugt war, hat mit der »Reformation« eine Revolution im Denken, Fühlen und Handeln der Kirche eingeleitet. Und doch ist diese Revolution im Kopf der meisten Christen stecken geblieben. Sie wissen, dass es einzig und allein auf Christus ankommt, aber sie praktizieren das Gegenteil.
Der amerikanische Psychiater Chris Thurman hat über dreißig »Lügen, die wir glauben« zusammengestellt. In allen Lebensbereichen fand er Lügen, die wir Christen für wahr halten und die wir handfest praktizieren. Eine Lüge beschreibt er, die mit Leistung und Erfolg zusammenhängt. Im Sinne einer weithin akzeptierten Überzeugung lautet die Lüge: »Du bist nur so viel wert wie deine Leistung.«
Thurman kommentiert diesen Selbstbetrug folgendermaßen: »Viele dieser gehetzten Leute kommen bis an die Schwelle des Selbstmordes, wenn sie durch ihre Neigung, Wert und Leistung gleichzusetzen, Gefühlen des Versagens und des Selbsthasses ausgesetzt werden … In unserer Gesellschaft lautet die Botschaft nur zu oft: ›Du bist nur dann ein wertvoller Mensch, wenn du die Erfolgsleiter heraufsteigst, in einem großen Haus, in einem Vorort wohnst, ein teures Auto fährst, eine goldfarbene Kreditkarte besitzt, nur Designeranzüge trägst … ‹ Diese Lüge ist schwer zu knacken!«
Das Erfolgsstreben hat viele Gesichter. Erfolg kann durch Kraft, Macht, Geschicklichkeit, Intelligenz, Schnelligkeit und Risikobereitschaft erzielt werden. Paulus deckt diese Lügen schonungslos auf. Nur wer sich einzig und allein auf Christus verlässt, kann gerettet werden. Alles andere ist Werk- und Selbstgerechtigkeit. Können wir mit dieser Aussage übereinstimmen?
10. FEBRUAR
Herr, zeige mir den Weg, den ich gehen soll;
lass mich erkennen, was du von mir verlangst.
PSALM 25, 4
Viele Christen verwechseln Arbeitssucht mit Nachfolge. Sie wollen ihrem Herrn pausenlos dienen und glauben, wenn sie atemlos für ihn unterwegs sind, dass sie den Weg gehen, den er für uns bestimmt hat.
Ein amerikanischer Arzt bekennt von sich: »Immer wieder begegnen mir Menschen, die alles tun, um ihren Mangel an Zugehörigkeit und Wertschätzung dadurch auszugleichen, dass sie ihre persönlichen Leistungen in den Vordergrund stellen. Ihr Selbstwertgefühl hängt völlig davon ab, was sie vollbringen … Auch mir ist es so ergangen. Schon sehr bald nach unserer Hochzeit wurde ich ein Workaholic. Als ich dreißig war und meine Ausbildung zum Psychiater beendet hatte, verbrachte ich kaum Zeit mit Jan und den Kindern. Stattdessen war ich bemüht, mein Ansehen zu steigern. Ich war ein religiöser Workaholic. Ich übte eine vollzeitige Lehrtätigkeit an der Trinity International University von Chicago aus, und nebenher praktizierte ich noch in Milwaukee mit einem Anfahrtsweg von 60 Meilen. Schließlich wollte ich mich noch weiterbilden. Um meinen christlichen Neigungen nachzukommen, kümmerte ich mich fast jeden Abend bei uns seelsorgerlich um Studenten. Sonntags leitete ich dann noch Seminare und Lehrveranstaltungen in verschiedenen Gemeinden. So ging es einige Jahre. Und ich war vollkommen überzeugt davon, dass ich mein Bestes tat, um Gott und meinen Mitmenschen zu dienen.«
Eine hilfreiche Selbstkarikatur eines Arbeitssüchtigen. Unser Herr Jesus ist kein Sklaventreiber. Er peitscht niemanden ins Aus. Wir ganz allein machen uns zu Arbeitssüchtigen. Darum ist Davids Gebet Gold wert: »Herr, zeige mir den Weg, den ich gehen soll!«
11. FEBRUAR
Gott selbst hat euch dazu berufen, für immer mit
seinem Sohn Jesus Christus, unserem Herrn,
verbunden zu sein, und Gott steht zu seinem Wort.
1. KORINTHER 1, 9
Es geht um Berufung. Es gibt Christen, die hat Gott berufen und für Christus in den Dienst gestellt. Und es gibt andere, die haben sich selbst ernannt, stehen im Beruf und arbeiten für Christus.
Der ehemalige Managementberater Myron Rush, der unter Arbeitssucht litt und seelisch und körperlich völlig ausgebrannt war, schrieb nach seiner Umkehr: »Es ist mir aufgefallen, dass gläubige Christen, die ausbrennen, sich häufig getrieben fühlen, aber nicht berufen. Sie verlieren die Tatsache aus den Augen, dass Gott sie an ihre jeweilige berufliche Aufgabe oder in ein Vorhaben gestellt hat, mit der Zusage, sie mit allem zu versorgen, was sie zur Ausführung seines Willens brauchen. Trotzdem fühlen sie sich genötigt, die Arbeit eher für Gott zu tun, als sie durch ihn vollbringen zu lassen. Sie verlassen sich auf ihre eigene Stärke statt auf die Gottes.« Ein Wort, das ehrgeizigen Christen unter die Haut geht. Getriebene tun ihre Arbeit in erster Linie für sich selbst. Sie wollen Erfolg, wollen ankommen und ihr Prestige vergrößern. Sie powern, sind geschäftig, geraten in Hektik und überschreiten ständig ihre Kraftreserven. Der Berufene dagegen will Frucht bringen. Er stellt Gott in den Mittelpunkt. Er ist mit dem Herrn verbunden und verlässt sich auf seine Kraft. Der Getriebene überfordert sich. Der Berufene lässt sich von Gott fordern. Und der mutet keinem zu viel zu.
Arbeiten wir für Christus, und sind wir auf Erfolg angewiesen, oder lassen wir alle Arbeit durch ihn verrichten? Dann sind wir mit ihm verbunden, und die Arbeit frisst