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Zwei literarische Leben: Horst Bosetzky wird 80
Wenn ein großer Schriftsteller sein 80. Lebensjahr vollendet, darf man ein wenig Rückschau halten – auch wenn man sich, seiner Leserschaft und nicht zuletzt ihm selbst wünscht, dass dem Jubilanten noch viele weitere Jahrzehnte produktiven literarischen Schaffens vergönnt sein mögen.
Horst Bosetzky blickt auf zwei höchst erfolgreiche schriftstellerische Leben zurück. Das erste begann 1971 mit seinem Kriminalroman Zu einem Mord gehören zwei und machte ihn innerhalb kürzester Zeit zu einem der bekanntesten deutschsprachigen Krimiautoren. Bosetzkys literarhistorischer Verdienst war, dass er – gemeinsam mit einigen weiteren Schriftstellern wie Hansjörg Martin oder Richard Hey – das Genre nachhaltig in Deutschland voranbrachte. Vormals als Trivialliteratur verschmäht, wurde der Krimi durch diese Autoren gesellschaftsfähig, und zwar in Form eines politisch dezidiert kritischen »Soziokrimis«, der sich thematischer Ansätze bediente, die in den Jahren zuvor in Skandinavien entwickelt worden waren. In schneller Abfolge veröffentlichte Bosetzky über ein Dutzend Erfolgsromane, darunter Einer von uns beiden (1972) und Kein Reihenhaus für Robin Hood (1979), die verfilmt wurden.
Sein erstes schriftstellerisches Leben ließ Prof. Dr. Horst Bosetzky allerdings einen gewissen -ky führen. Wer sich hinter dem Kürzel verbarg, wussten über Jahre nur einige wenige Eingeweihte im Rowohlt Verlag. Noch befürchtete der angesehene Wissenschaftler, es würde seiner Laufbahn schaden, wenn die Öffentlichkeit erführe, dass er stillheimlich Krimis verfasste. Der Fachwelt war der promovierte Soziologe, der fast drei Jahrzehnte lang an der Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege in Berlin lehrte, als einer der führenden Köpfe im Bereich der Verwaltungs- und Organisationssoziologie bekannt.
Derlei Befürchtungen waren längst obsolet, als der mittlerweile hochangesehene Schriftsteller Anfang der 1990er-Jahre unter seinem Klarnamen sein zweites literarisches Leben begann. Dieses als sein Verleger begleiten zu dürfen ist mir bis heute eine große Freude. Weit über den Kriminalroman hinausgehend – diesen aber nie vernachlässigend –, erschrieb sich Bosetzky den Ruf des wohl erfolgreichsten Berliner Unterhaltungsschriftstellers unserer Zeit.
Unsere Zusammenarbeit begann mit einem Flop. Daran trugen aber weder Autor noch Verleger die Schuld, sondern der berüchtigte »Kaufhauserpresser Dagobert«, dessen Identität von der Polizei gelüftet wurde, als wir gerade einen höchst vergnüglichen Erzählband veröffentlicht hatten, der sich augenzwinkernd die Frage stellte, wer wohl hinter Dagobert stecke.
Unserem größten gemeinsamen Reinfall folgte unser größter gemeinsamer Erfolg: der autobiografisch geprägte Familienroman Brennholz für Kartoffelschalen (1995). In ihm kam einer der wohl wichtigsten literarischen Fertigkeiten des Autors zum Tragen, die noch viele weitere seiner Werke bestimmen sollte: seine unvergleichliche Art, Lokal- und Zeitkolorit einzufangen. Von klein auf ein sehr aufmerksamer Beobachter seiner Umwelt, schaffte er es auf beispiellose Weise, ein äußerst lebendiges Abbild der Berliner Nachkriegszeit zu zeichnen.
Seine Fähigkeit, im Einzelnen das Allgemeine erkennbar werden zu lassen, mit kleinen Strichen gesellschaftliche Zustände und eine bestimmte Ära gegenwärtig zu machen, bestimmt neben seinen zahlreichen Familienromanen auch seine dokumentarischen Spannungsromane. Einige von denen gehören zu dem literarisch Besten, was Bosetzky in den letzten 25 Jahren geschaffen hat: Wie ein Tier (1995), Der kalte Engel (2002) oder Der Teufel von Köpenick (2009). Mit psychologischem Gespür machte der Autor in diesen Romanen das Denken und Fühlen von Menschen plausibel, die sich furchtbarster Verbrechen schuldig gemacht hatten. Dasselbe Feingefühl für die Beweggründe seiner Figuren kam aber auch zum Ausdruck, wenn er sich in seinen biografischen Romanen den großen Persönlichkeiten der Berliner Geschichte zuwandte, so in Kempinski erobert Berlin (2010).
Ganz dem Krimi abgeschworen hat der Autor aber auch in seinem zweiten schriftstellerischen Leben nicht. Im Gegenteil, 2007 begründete er mit dem Jaron Verlag die erfolgreichste Berliner Krimiserie unserer Zeit: Es geschah in Berlin, Kennern als »Kappe-Reihe« bekannt.
Was für ein Buch sollte sich der Jaron Verlag von seinem wichtigsten Romanautor zu dessen Geburtstag wünschen? Drei Passionen ziehen sich durch Horst Bosetzkys Leben. Die erste heißt Fußball. Darüber lassen sich leider nur schwer gute belletristische Bücher machen (auch wenn wir es mal versuchten: mit dem weithin vergessenen Roman Kante Krümel Kracher, 2004). Seine zweite Passion ist der öffentliche Nahverkehr. Über den hat Horst Bosetzky schon so manches schöne Buch verfasst (zuletzt Mit Genuss in Taxe, Bahn und Bus, 2016). Also setzten wir auf seine dritte Leidenschaft: die unermüdliche Erkundung seiner geliebten Heimatregion. Wer wie ich oft das Glück hatte, ihn über die Landschaften und Seen, Städte und Flecken vor allem Brandenburgs erzählen zu hören, weiß, wie viel Interessantes er zu berichten weiß. Das Lesenswerteste davon hat er nun zu Papier gebracht. Entstanden ist eine höchst vergnügliche literarische Reise von der Ostseeküste über Berlin bis zum Spreewald – und zugleich eine Art Quintessenz eines bewegten Lebens.
Lieber Horst, mein Verlagsteam und ich ganz besonders danken dir für dieses Buch und für all die anderen Werke, die wir mit dir realisieren durften.