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Abb. 3: Aufsicht auf das Gehirn
Tabelle 2: Rechts- und linkshemisphärische Verarbeitungsmodi
Rechtshemisphärische Verarbeitung
Nicht linear
Ganzheitlich
Räumlich-visuell
Spezialisiert auf
autobiografische Informationen
Senden und Empfangen nonverbaler Signale
intensive und ursprüngliche Gefühle
Aufmerksamkeit, Regulierung und integrierte Landkarte des Körpers
Soziales Denken und Geistsicht – andere Verstehen
Der Schwerpunkt der Verarbeitung kann in der rechten Gehirnhälfte liegen.
Linkshemisphärische Verarbeitung
Linear
Logisch
Spezialisiert auf
syllogistische Folgerungen – Suche nach Ursache-Wirkungs-Beziehungen
Linguistische Analyse – mit Hilfe von Worten die Welt definieren
„Richtig oder falsch“-Denken
Der Schwerpunkt der Verarbeitung kann in der linken Gehirnhälfte liegen.
Für Sie als Eltern ist es besonders wichtig, Ihr Leben in einem sinnvollen Zusammenhang zu sehen, denn es unterstützt Sie dabei, eine emotional verbindende und flexible Beziehung zu Ihren Kindern aufzubauen. Eine kohärente eigene Lebensgeschichte hilft Ihnen, Ihren Kindern Erfahrungen zu vermitteln, mit denen sie ihr wiederum eigenes Leben besser verstehen können. Sie können diesen Erkenntnisprozess unterstützen, indem Sie sich klar machen, wie sich der rechte und der linke Verarbeitungsmodus für Sie anfühlen. Jeder von uns hat die Fähigkeit, sich von den unkontrollierbaren, kaum vorhersehbaren, völlig freien Empfindungen unserer bloßen Gefühle zu distanzieren. Dieses Distanzieren kann als vorherrschend linker Modus der Verarbeitung angesehen werden: Der linke Modus setzt in diesem Moment die Eingaben aus der rechten Hälfte außer Kraft.
Im Gegensatz dazu können wir uns zu anderen Zeiten voller Empfindungen fühlen, die wir weder benennen noch logisch erklären können. Vor unserem geistigen Auge können Bilder entstehen, wir haben körperliche Empfindungen oder Gedanken, die in unserem Geist kommen und gehen. Wir können unser Zeitgefühl verlieren und uns dem, was wir wahrnehmen, eng verbunden fühlen, wobei die Ursache-Wirkungs-Beziehungen der Welt um uns herum weitgehend ihre Bedeutung für uns verlieren. Wir können uns völlig in die körperlichen Empfindungen, Emotionen und Wahrnehmungen, die alle zum rechten Verarbeitungsmodus gehören, versenken.
Wenn wir im linken Verarbeitungsmodus versuchen, eine Geschichte über unser Leben zu weben, verwenden wir den auf Sprache basierenden, linearen, logischen Ansatz, um Ursache-Wirkungs-Beziehungen zu verstehen. Um eine solche lineare Geschichte über uns selbst linksseitig erzählen zu können, müssen wir auf Daten aus dem rechten Verarbeitungsmodus zugreifen. Wenn diese Daten entweder nicht verfügbar sind oder uns wie eine Flutwelle überschwemmen, können wir keine kohärente Geschichte erzählen. Der Grund für Inkohärenz können unerledigte Angelegenheiten sein. In einer solchen Situation wird die Erzählung inkohärent sein, da es ihr entweder an emotionaler und autobiografischer Tiefe mangelt oder weil die Beiträge aus dem rechten Modus keinen Sinn ergeben. Geschichten, die unser Leben in einem sinnvollen Licht erscheinen lassen, erfordern sowohl klares Denken als auch Zugang zu den genauso wichtigen emotionalen und autobiografischen Aspekten der Erfahrung.
Eine Frau in den Mittdreißigern, die schon als Jugendliche ihren Vater verloren hatte, hatte zum Beispiel nie wirklich um diesen Verlust getrauert. Immer wenn sie von ihren Teenager-Jahren sprach, brach sie in Tränen aus und konnte nicht weitererzählen. Ihr letztes Erlebnis mit ihrem Vater, kurz vor seinem Herzinfarkt, war in angespannter Atmosphäre verlaufen, da sie gestritten hatten, weil er ihren Freund nicht mochte. Sie konnte nicht wirklich um ihn trauern und diesen Verlust in eine kohärente Erzählung ihres Lebens aufnehmen, bevor sie nicht ihre Schuldgefühle verarbeitet hatte.
Wenn Sie über sich selbst nachdenken und sich etwas wie zwei unterschiedliche Modi subjektiven Erlebens anfühlt, versuchen Sie sich das bewusst zu machen. Diese beiden Modi zu kombinieren kann für die Ausgewogenheit und Stimmigkeit Ihres Geistes und das Erzählen einer kohärenten Lebensgeschichte essentiell sein.
Kohärenz und Integration
Unsere Beziehung zu unseren Kindern basiert auf den zahlreichen Erfahrungen, die wir miteinander teilen. Erfahrungen, die eine große Bandbreite innerer Prozesse mit einbeziehen, scheinen einen ausgewogenen Umgang mit anderen zu fördern. Werden separate und unterschiedliche „differenzierte“ Prozesse zu einem funktionierenden Ganzen zusammengefügt, können wir den Begriff „Integration“ verwenden. Lassen Sie uns die verschiedenen Arten betrachten, auf die das Gehirn in einen integrierten Zustand versetzt werden kann. Wenn die komplexere, reflektierende und konzeptuelle Verarbeitung der anatomisch höher liegenden Hirnrinde mit den eher grundlegenden, emotionalen und motivationalen Antrieben der tiefer liegenden Gehirnregionen kombiniert wird, erlangen wir die Fähigkeit, aus einem integrierten Zustand heraus zu handeln, aus einem vertikal integrierten, besseren Verarbeitungsmodus. Wenn die reflektierenden Funktionen des Cortex abgetrennt werden, verfallen wir in den nicht integrierten „niederen“ Reaktionsmodus und werden unflexibel.
Auch eine horizontale Integration, bei der die rechte und linke Gehirnhälfte zusammenarbeiten, ist möglich. Diese bilaterale Integration ist wahrscheinlich zentral für die Erschaffung kohärenter Erzählungen, wenn wir unser Leben ordnen. Da sich anhand einer kohärenten Lebensgeschichte am ehesten eine sichere Bindung unserer Kinder zu uns vorhersagen lässt, ist dieser Prozess bilateraler Integration wohl eine zentrale Voraussetzung dafür, dass Eltern ihren Kindern eine förderliche Umgebung und eine sichere Basis bieten können.
Das Verfassen unserer Lebensgeschichten kann, zusätzlich zur vertikalen und horizontalen, noch von einer weiteren Integration abhängen: der temporalen Integration, welche die Prozesse durch die Zeit hindurch verbindet. Das ist ganz grundlegend etwas, was Geschichten bewirken: Sie verbinden das vergangene Selbst mit dem heutigen und dem der angenommenen Zukunft. Diese mentale Zeitreise ist eine zentrale Eigenschaft aller Geschichten, die man weltweit findet.
Gesunde Beziehungen und wohl auch unser eigenes inneres Gefühl von Kohärenz und Wohlbefinden, sind wahrscheinlich von einem fließenden und aktiven Integrationsprozess in unserem Geist abhängig. Unser geistiges Wohlbefinden kann auf viele Arten von den Integrationsschichten, die unser Gefühl von Verbundenheit mit uns selbst und anderen verstärken, abhängig sein. Wenn wir die Integration über diese vielen unterschiedlichen Bereiche fördern, können unsere Selbsterkenntnis und unsere zwischenmenschlichen Beziehungen gedeihen und unser Leben sowie das unserer Kinder bereichert werden.
Das Teilen von Geschichten – aus dem Geist einer Person mit dem anderer – ist eine universelle Art, Verbindung zueinander herzustellen. Geschichten befähigen uns zu zwischenmenschlicher Integration. Wenn wir an wichtige Leute in unserem Leben denken, erinnern wir uns oft an Momente der Verbundenheit, die sich in den persönlichen Geschichten ausdrücken, die wir in unseren Beziehungen so schätzen. Bei Hochzeiten, Abschluss- und Wiedersehensfeiern und bei Beerdigungen ist die Luft von Erzählungen erfüllt, wenn die Menschen Kontakt zueinander aufnehmen, indem sie über die Kraft ihrer gemeinsamen Erlebnisse reflektieren, die bezeugen, wie die Zeit vergeht.
Wenn Sie über Ihre eigene Lebensgeschichte nachdenken, können Sie zu einem besseren Verständnis Ihrer selbst gelangen, Ihre Emotionen in Ihren Alltag integrieren und so diesem wertvollen Weg zum Verstehen Ihren Respekt erweisen. Wenn sich Ihr Geist durch Selbstreflexion ändert, kann es geschehen, dass sich ebenso Ihre Erfahrungen mit Ihrem Kind ändern. Erfahrungen formen den Geist genauso wie der Geist die Erfahrungen. Das persönliche