Theresa Hansen-Rudol

Gut durch die Wechseljahre für Dummies


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entsteht psychischer Druck, wenn Menschen wenig Wertschätzung erhalten. In der Werterangfolge der Gegenwartsgesellschaft stehen Attraktivität und Leistungserfolg ganz oben. »Das bisschen Haushalt, sagt mein Mann, das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein …«, hat schon Johanna von Koczian in einem ironischen Schlager der 1970er-Jahre festgestellt. Frauen, die überwiegend in die Familie investiert haben, führt das beim Älterwerden vor, dass sie im Rückblick auf ihr Leben wenig haben, womit sie punkten können. Ihnen wird bewusst, sich selbst und den Beruf hintangestellt zu haben. Die geringe gesellschaftliche Anerkennung ihres Fulltime-Jobs als »nur« Hausfrau und Mutter hat den Beigeschmack, »nichts aus sich gemacht zu haben«. Das nährt das Gefühl, versagt zu haben und wertlos zu sein.

      

Eine Frau, die als »unproduktiv« abgestempelt wird, wird eine eher negative Einstellung gegenüber den Wechseljahren übernehmen. Wird sie dann noch als »hormonelles Mangelwesen« behandelt, fühlt sie sich zu Recht doppelt abgewertet.

      Die Einkommensfalle

      Gesellschaftliche Ungleichbehandlung der Geschlechter zeigt sich auch bei berufstätigen Frauen. Gleichstellung wird zwar großgeschrieben, aber noch längst nicht gelebt. Dass Mädchen in der Schule schneller lernen, häufiger Abitur und die besseren Examensabschlüsse machen, ist bekannt. Dass Frauen ihr Berufs- und Familienleben mit viel Aufwand und Disziplin unter einen Hut bringen, ist bewundernswert. Nur mit der Chancengleichheit bei der Bezahlung und in Führungspositionen hapert es nach wie vor.

       Obwohl sie ihre Bildungschancen besser nutzen, haben Frauen nach wie vor nicht die gleichen Aufstiegsmöglichkeiten wie Männer.

       Trotz gleicher Qualifikation werden Frauen in fast allen Berufssparten immer noch schlechter bezahlt, als ihre männlichen Kollegen.

       Obwohl die Bundesrepublik eines der reichsten Länder weltweit ist, verdienen deutsche Frauen im Schnitt 22 Prozent weniger als Männer. Damit liegt sie weit hinter anderen europäischen Ländern zurück.

       Auch im gemeinsamen Haushalt und in der Familie leisten berufstätige Frauen mehr unbezahlte Arbeit, als ihre Partner.

      Die Belastung von Frauen unterscheidet sich von denen der Männer. Für ihre Leistungen erhalten sie weniger Geld und Anerkennung. Dafür geben sie sich dann selbst die Schuld, sie strengen sich noch mehr an und fressen buchstäblich ihren Frust in sich hinein. Vergeblich hoffen sie darauf, dass ihnen für ihre Mühe irgendwann gedankt wird.

      Die Altersfalle

      Vielen Müttern, die sich wegen der Kinder für das Modell Teilzeitarbeit entscheiden, bleibt später nicht genug zum Leben. Erst recht gilt das für Alleinerziehende, Frauen werden also für das Erziehen bestraft. Das Alter bringt ihnen unterm Strich mehr Nachteile als Männern. Von der drohenden Altersarmut in Deutschland sind sie besonders betroffen. Sie wissen zwar, wie wichtig zusätzliche Altersrücklagen sind, für eine angemessene Vorsorge fehlen ihnen aber oft die gleichen finanziellen Mittel, die Männer haben.

      Weibliche Rollenzwänge und Konflikte

      Mangelnde Selbstfürsorge

      Aufopferung und Selbstlosigkeit sind Moralvorstellungen, die häufig der Sorge für sich im Wege stehen. Für bedingungslose Mutter-oder Nächstenliebe ernten wir meistens Lob, während praktizierte Selbstliebe oft mit Egoismus und Selbstverliebtheit verwechselt wird. Frauen sind häufiger von der Überzeugung geprägt, für andere da sein zu müssen. Geht es aber darum, etwas für das eigene Wohlergehen zu tun, haben sie insgeheim ein schlechtes Gewissen. Sie brauchen erst eine Rechtfertigung (die monatliche Unpässlichkeit), um sich an die erste Stelle zu setzen. Wer glaubt, Liebe »verdienen« zu müssen, hat wenig Wertschätzung für sich selbst entwickelt. Eine Erzieherin erzählte mir einmal, wie schwer es schon kleinen Mädchen fällt, sich zu loben und sich zu sagen: »Ich bin wertvoll.« Weil wir Selbstliebe nie gelernt haben, erhoffen wir uns Anerkennung ein Leben lang von anderen, vom Partner oder den Kindern, von Freunden, von Kunden oder Vorgesetzten.

      Die Abhängigkeitsfalle

      In meiner Beratungspraxis erfahre ich aus erster Hand, welche Sorgen und Probleme Frauen im Wechsel zu schaffen machen. Nicht selten geht es bei ihnen um pure Existenzängste. Sie verharren in unglücklichen Beziehungen, weil sie Angst vor Einsamkeit oder Armut haben. Wir reden hier über emotionale und finanzielle Abhängigkeit.

Inge hatte mit einem Künstler vier gemeinsame Kinder. Von ihrem Mann, einem charmanten Hallodri, war sie völlig abhängig. Das, was er mit seinen Bildern verdiente, verzockte er in Spielhallen. Inge übernahm als Tagesmutter weitere Kinder, sozialversichert war sie damals nicht. Von ihrem Verdienst hatte sie auch nicht viel, weil ihr Mann sie bestahl und belog. »Ich bin nur noch bei ihm, weil ich nicht weiß, wohin«, sagt sie heute. »Ich kann es mir nicht leisten, mich zu trennen. Mein ganzes Leben hat sich um ihn gedreht. Ich bin mit fast 60 zu alt, um beruflich noch mal ganz von vorn anzufangen. Von einer neuen Existenz ganz zu schweigen. Mir graut vor dem Alter, was soll aus mir werden?«

      Frauen, die ihr Leben allzu sehr auf andere ausrichten, büßen ihre persönliche und finanzielle Freiheit ein. Sie machen sich abhängig vom Wohlwollen ihrer Umgebung (Partner, Kinder, Freunde, Ärzte, Arbeitgeber) und laufen Gefahr, ausgenutzt zu werden und weder selbstbestimmt noch in Würde leben zu können – auch im Alter. Die Verantwortung und Sorge für andere liegt genauso wenig in der »Natur des Weiblichen« wie die Sorge um sich selbst in der »Natur des Männlichen«. Es gibt viele Gründe dafür, dass bei älter werdenden Frauen öfter als bei Männern Depressionen diagnostiziert werden. Wer ihnen genau zuhört, erkennt, warum. Allzu schnell wird die Ursache bei Hormonen gesucht oder bei dem genetisch bedingten schwachen Nervenkostüm.

      Die Nettigkeitsfalle

      »Hinter jedem großen Mann steht eine liebende Frau.« Das Zuarbeiten der Partnerin macht den Karriereerfolg der Männer oft erst möglich. Bis sie irgendwann merkt: Das reicht mir nicht mehr.

      Wo bleibe eigentlich ich?