mit dem US-Friedenskorps, 1982
Neue Technologie schafft immer mehr Arbeitsplätze
Ob es ein Klient bei einer geschäftlichen Besprechung ist oder ein Bekannter bei einer Cocktailparty – die erste Frage, die mir unweigerlich gestellt wird, wenn das Thema der Automatisierung angesprochen wird, lautet: »Wie viele Jobs werden die Roboter uns wegnehmen?« Verständlicherweise ergibt sich die Hartnäckigkeit dieser Frage aus dem beschleunigten Tempo der technologischen Veränderungen und dem Gespenst einer Zukunft ohne Arbeit. Diese Ängste sind weit verbreitet: 82 Prozent der Menschen in den USA erwarten, dass Roboter einen großen Teil der Arbeit übernehmen werden, die derzeit noch von Menschen erledigt wird. Das ergab eine vor Kurzem durchgeführte Umfrage des Pew Research Center.37 Eine relativ geringe Zahl der befragten Erwachsenen sah in der Automation und in den neuen Technologien am Arbeitsplatz auch einen Vorteil für die Arbeitskräfte.
Es ist eines der Ziele dieses Buches, Sie davon zu überzeugen, dass dies nicht die wichtigste Frage ist und wir daher auch unsere Energie und Konzentration nicht auf sie richten sollten. Erstens kann niemand sagen, wie viele Jobs die Roboter und andere Formen der Automatisierung genau bedrohen. Zweitens kommt es auch gar nicht darauf an, wie viele. Wichtig ist vor allem, wie wir mit den neuen Chancen – für Jobs und Geschäfte – umgehen werden, die durch die Technologie und neue Arbeitsweisen entstehen werden.
»Eine Welt, in der fünf Prozent der Jobs durch die Automatisierung abgeschafft werden, ist natürlich etwas ganz anderes als eine Welt, in der 50 Prozent der Jobs verschwinden«, bemerkte Gideon Lichfield, der Chefredakteur der MIT Technology Review. »Aber unabhängig von den Zahlen werden wir sehr viele gleichartige Probleme haben, nur in unterschiedlicher Abstufung.«38 Viel interessanter als irgendeine Zahl oder Prozentangabe ist, wie die Automatisierung – nicht nur die Robotik, sondern auch kognitive Technologien und KI, Sprachverarbeitung und Maschinenlernen – unsere Aufgaben und Arbeitsweisen verändern werden.
Obwohl wir seit Jahrhunderten immer neue Maschinen erfinden, die für uns arbeiten – darunter Traktoren, Produktionsstraßen und Computer –, hat der Prozentanteil der Erwachsenen in den USA in Vollzeitbeschäftigung währenddessen stetig zugenommen. Die Technik macht die menschliche Arbeitskraft und unsere Fähigkeiten weder überflüssig noch unnötig. Eine Studie des Weltwirtschaftsforums von 2018 sagt voraus, dass zwar wohl knapp eine Million Jobs durch die Automatisierung verlorengehen werden, dass aber im Gegenzug 1,75 Millionen neue Jobs entstehen.39
Wirtschaftswissenschaftler weisen darauf hin, dass neue Technologien zwar oft bestimmte Aufgaben verändern, dass die Geschichte aber zeigt, dass die Technik immer mehr Arbeitsplätze schafft als zerstört.40 Die Schwierigkeit liegt häufig im Übergang der Arbeitskräfte. Sie brauchen die Möglichkeit, sich die Fähigkeiten für die neuen Aufgaben anzueignen. Im Lauf der vergangenen 200 Jahre hat die Technologie die menschliche Arbeit verändert, aber sie hat sie nicht überflüssig gemacht. Daten des Arbeitsministeriums zeigen, dass sich im Lauf der letzten zwei Jahrzehnte viele der Aufgaben veränderten, die einen Arbeitsplatz ausmachten. Manche Aufgaben gibt es zwar nicht mehr, aber die Zahl der Arbeitsplätze ist gestiegen. In dieses Szenario fallen auch Gruppen aus virtuellen und diversen Teams, die produktive Kooperation zwischen Mensch und Maschine sowie Arbeitskräfte, die beschäftigt bleiben, weil sie lebenslang immer weiter dazulernen.
Wirtschaftswissenschaftler weisen darauf hin, dass neue Technologien zwar oft bestimmte Aufgaben verändern, die Geschichte aber zeigt, dass die Technik immer mehr Arbeitsplätze schafft als zerstört.
Neu ist das beschleunigte Tempo der Veränderungen, was den Überlegungen zur Zukunft eine größere Bedeutung verleiht als je zuvor. Der Übergang von der landwirtschaftlich geprägten zur industriellen Wirtschaft verlief linear und in gleichmäßiger Geschwindigkeit, bei der im Lauf der Zeit immer wieder die gleiche Menge addiert wurde. Die gegenwärtige Beschleunigung ist dagegen exponentiell und das bedeutet, dass immer wieder mit derselben Menge multipliziert wird.41 Obwohl sich die technischen Fortschritte so schnell vorwärtsbewegen, ist ihre Umsetzung dennoch manchmal komplizierter, als wir es uns vorstellen. Nehmen wir die selbstfahrenden Autos. Wer könnte je die Aufregung darüber vergessen? Sie wurden als die größte disruptive Technologie seit Henry Fords Model T bezeichnet und es wurde vorhergesagt, dass es nur noch Monate dauern werde, bis sie der Allgemeinheit zur Verfügung stehen würden.42 Nun stellt sich aber heraus, dass kaum jemand wirklich begriffen hatte, was zur Verwirklichung eines solchen Autos erforderlich ist. Die sichere Fahrt durch unvorhersehbare Verkehrs- und Witterungsbedingungen und die richtigen Reaktionen auf unaufmerksame Fußgänger, die nicht angefahren werden dürfen, erhöhen die Schwierigkeit der Aufgabe, selbstfahrende Autos auf unsere Straßen loszulassen. Als einige Testfahrzeuge Unfälle verursachten, wurde klar, dass der Einsatz von Roboterfahrzeugen wesentlich komplizierter ist, als es sich viele noch vor ein paar Jahren vorgestellt hatten. Zusätzlich zu den technischen Herausforderungen muss man sich auch noch um Haftungsprobleme kümmern. Heute sagen einige Leute bereits voraus, dass es noch viele Jahre dauern wird, bis die menschlichen Fahrer auf der Autobahn durch selbstfahrende Autos ersetzt werden können. Aber sie werden kommen.
Warum Geldautomaten keine Schalterangestellten ersetzen können
Die erstaunliche Geschichte der Aus- und Einzahlautomaten sowie der Schalterangestellten bei den Banken zeigt auf faszinierende Weise, wie neue Technologien, wenn sie richtig eingesetzt werden, Arbeitsplätze – beziehungsweise die Aufgaben, die zu einem Arbeitsplatz gehören – verändern können, ohne die Angestellten überflüssig zu machen. Die Verwandlung der Kassierer bei den Banken liefert ein nützliches Gegenbeispiel für die Argumente der Schwarzmaler. Als die Automaten in den 1970er-Jahren eingeführt wurden, sagten viele voraus, dass die Kassierer ihre Arbeitsplätze verlieren würden. Schließlich übernahmen die Maschinen ihre wichtigsten Funktionen, denn man konnte dort Schecks einlösen und Geld abheben.43 Der neue »automatische« Kassierer konnte scheinbar alles, was der Mensch konnte. Was geschah also mit den Kassierern? Seit die Bankautomaten erschienen, gibt es bei den Banken in den USA rund doppelt so viele Schalterangestellte, wie der Ökonom James Bessen von der Boston University feststellte. Er stellte fest, dass die Einführung der Automaten nicht die Zahl der Schalter-Arbeitsplätze verringerte, sondern sie nur veränderte.44 Sie entwickelten sich weiter und erforderten daher auch neue Fähigkeiten. Die Kassierer übernahmen andere Rollen und lernten, die Kunden bei Darlehen zu beraten, Konten zu eröffnen, Finanzprodukte zu vermitteln, Probleme zu lösen und so weiter – eben all diejenigen Aufgaben, die die Maschinen nicht erledigen konnten.
Bessen berichtet, dass zwischen der Mitte der 1990er-Jahre, als etwa 400 000 Bankautomaten aufgestellt wurden, und dem Jahr 2000 die Zahl der Schalterangestellten bei Banken schneller zunahm als die Beschäftigtenzahl insgesamt. Und obwohl sich das irgendwann vielleicht ändern wird, entstanden nach der Einführung der neuen Technologie kurzfristig sogar mehr Arbeitsplätze.45 Der Bankautomat schuf mehr Vollzeit-Schalterjobs, weil die Banken mehr Zweigstellen eröffnen konnten. Da jede Filiale mit weniger Angestellten auskam, konnten sie insgesamt mehr Leute einstellen. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass die Arbeitsplätze der Bankangestellten nicht auf ewig sicher sind, weil dieser Sektor sich immer stärker konsolidiert und die technische Entwicklung nicht stehenbleibt. Vergessen wir auch nicht das Online-Banking, das weitere Aufgaben automatisiert, die zuvor von Menschen erledigt wurden. Dennoch ist es