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Beethoven zum Vergnügen


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Texte, die er als Musikalische Scherze oder Scherzkanons vertont hat. Nur so steht uns ausreichend vor Augen, wie vielgestaltig Beethoven das weite Feld der Musik zwischen größter Ernsthaftigkeit und schrägstem Humor zu bearbeiten wusste. Es kommt einem dann das geflügelte Wort Johann Nestroys aus seiner Posse mit Gesang Einen Jux will er sich machen in den Sinn: »Das is classisch«. Berücksichtigt wurden schließlich auch Texte, die der diesbezüglich wählerische Komponist nur zu vertonen beabsichtigte – so die Sprichwörtersammlung Ignaz Franz Castellis, der ein Zentralgestirn des Humors und Juxes im von Restauration, sprich Überwachung und Zensur, geprägten biedermeierlichen Wien war. Humor war damals nicht einfach unbeschwertes Vergnügen, sondern oft doppelbödig bzw. die einzige Möglichkeit, etwas zum Ausdruck zu bringen, für das man – ernsthaft formuliert – sicherlich unangenehme Bekanntschaft mit der Obrigkeit gemacht hätte. 1794 formulierte Beethoven das so: »[M]an darf nicht zu laut sprechen hier, sonst giebt die Polizei einem quartier.« Tatsächlich geriet er einmal in die Fänge des Überwachungsstaates, wurde schließlich aber doch als harmloser Sonderling eingestuft. Im März 1820 findet man unmittelbar nach einer Skizze zum Kanon Hofmann sei ja kein Hofmann WoO 180 mit dem Text »nein, nein ich heiße Hofmann u bin kein Hofmann sondern ein Elend[er] schuft« einen Eintrag des den Komponisten gelegentlich beratenden Zeitungsredakteurs Joseph Carl Bernard: »Czerny hat mir erzählt, daß der Abbee Gelinek sehr über sie geschimpft hat im Camel [Gasthaus »Zum schwarzen Cameel«]; er sagt, Sie wären ein zweyter Sand, sie schimpften über den Kaiser, über den Erzherzog, über die Minister, sie würden noch an den Galgen kommen.« (BKh 1, 339) Beethoven auf einer Ebene mit dem Burschenschaftler Karl Ludwig Sand, dem Mörder Kotzebues, der als engstirnig und verbohrt, aber seinen demokratischen Idealen treu dienend galt! Tatsächlich könnte der eine oder andere Konversationshefteintrag von Beethovens Hand (er antwortete in der Regel mündlich) auf den dringenden Rat von Freunden zurückgehen, die vermeiden wollten, dass Beethoven sich im öffentlichen Raum, z. B. in Gasthäusern ideologisch (und akustisch) weit aus dem Fenster lehnte. Karl Holz ließ Beethoven im Januar 1826 wissen: »Die Polizey kostet hier das meiste; es gibt hier keinen Tisch im schlechtesten Bierhause, wo nicht so ein verkappter Spürhund säße.« Die Zensur sah er differenziert. Im November 1825 hatte Holz – auf die Vor-Metternich’sche Zeit bezogen – in ein Konversationsheft notiert: »Kaiser Joseph [II.] hat sogar viele Bücher verbothen, weil er wußte, daß sie dann erst recht gelesen werden. Sonnenfels [Joseph Sonnenfels, ein berühmter, in der Monarchie sehr einflussreicher Staatsrechtler, Widmungsträger von Beethovens Klaviersonate op. 28] hat so ein Buch geschrieben, und durch diesen Kniff wurde es allgemein verbreitet.« (BKh 8, 187)

      Anhänglichkeit an die Bonner Jugendfreunde

      Heinrich von Struve

      Beethoven hat sich schon sehr früh tiefe Gedanken zu Themen wie Tod und Menschenrechten gemacht. Besonders letzteres war ein viel diskutiertes Thema in der Bonner Lesegesellschaft, der zahlreiche Freunde und Kollegen des jungen Beethovens angehörten. Die Lesegesellschaft war der Hort der Aufklärung in Bonn.

      Beredt zum Ausdruck kommt die Geisteshaltung schon beim jungen Beethoven in einem »großen«, erst jüngst aufgetauchten Brief an seinen Bonner Jugendfreund Heinrich von Struve in St. Petersburg, geschrieben in Wien am 17. September [1795], der aufgeschlagen nur 8 × 9,3 cm misst. Die geringe Größe war durch die dann billigeren Portogebühren oder die Mitnahme durch einen gefälligen Kurier bedingt.

      Heinrich von Struve (1772–1851) war, wie schon sein Vater, in den russischen Staatsdienst eingetreten, wurde im Jahr nach dem Erhalt dieses Briefes Legationssekretär bzw. Legationsrat beim niedersächsischen Kreis in Hamburg. Nachdem er oft seinen Wirkungsort gewechselt hatte, wurde er 1815 in Hamburg sesshaft, wo er, als Staatsrat für die Beziehungen Russlands zu den Hansestädten zuständig, nebenbei als angesehener Mineraloge und Botaniker 1837 den Hamburger Naturwissenschaftlichen Verein mitbegründete und 1843 Ehrenbürger wurde. Das »kalte Land« meint Russland. Johann Reiner Stupp (1767–1825) war bereits mit 24 Jahren Professor für juristische Encyclopädie und römisches Recht an der kurfürstlichen Universität in Bonn geworden. Übrigens drückte Johann Nestroy die Menschenrechtsfrage 1846 so aus: »Werden es denn die Engländer nie dahin bringen, dass man die Mohren unter die Weißen zählt?«

      Lieber! daß du mir hieher geschrieben hast, hat mich unendlich gefreut, da ich mir’s nicht vermuthete. du bist also jezt in dem kalten Lande, wo die Mensch[h]eit noch so sehr unter ihrer Würde behandelt wird, ich weiß gewiß, daß dir da manches begegnen wird, was wider deine Denkungs=Art, dein Herz, und überhaupt wider dein ganzes Gefühl ist. wann wird auch der Zeitpunkt kommen wo es nur Menschen geben wird, wir werden wohl diesen glücklichen Zeitpunkt nur an einigen Orten heran nahen sehen, aber allgemein – das werden wir nicht sehen da werden wohl noch JahrHunderte vorübergehen.

      den Schmerz, den dir der Tod deiner Mutter verursacht hat, habe ich auch sehr gut fühlen können, da ich fast zweimal in dem nemlichen Fall bey dem Tode meiner Mutter und meines Vaters gewesen bin. wahrlich wem sollte es nicht wehe thuen, wenn er ein Glied aus einem so selten anzutreffenden Harmonischen Ganzen wegreißen sieht – man kann nur noch hiebey vom Tode nicht ungünstig reden, wenn man sich ihn unter einem lächelnden sanft hinüberträumenden Bilde vorstellt, wobey der Abtretende nur gewinnt. –– ich lebe hier noch gut, komme immer meinem mir vorgestekten Ziele näher, wie bald ich von hier gehe, kann ich nicht bestimmen, meine erste Ausflucht wird nach ytalien seyn, und dann vieleicht nach Rußland, du könntest mir wohl schreiben, wie hoch die reise von hier nach P.[etersburg] kömmt, weil ich jemanden hinzuschicken gedenke sobald als möglich. deiner Schwester werde ich nächstens einige Musik von mir schicken.

      Professor Stup von Bonn ist auch hier. grüße von Wegeler und Breuning an dich. ich bitte dich mir ja immer zu schreiben, so oft du kannst, laß deine Freundschaft für mich sich nicht durch die Entfernung vermindern, ich bin noch immer wie sonst dein dich liebender Beethowen.

      Eleonore von Breuning

      Eleonore von Breuning (1771–1841), ihre Geschwister sowie ihr späterer Mann Franz Gerhard Wegeler (1765–1848) gehören zu den ältesten und besten Freunden Beethovens. Ihr Elternhaus war für die Entwicklung des jungen Beethoven von großer Bedeutung. Beethoven gab ihr Klavierunterricht. Wegeler war später ein eminent wichtiger und hochangesehener Medizinalbeamter in französischen und preußischen Diensten.

      aüserst überraschend war mir die schöne HalsBinde von ihrer Hand gearbeitet, sie erweckte in mir Gefühle der Wehmut, so angenehm mir auch die Sache selbst war; vergangenheit voriger Zeiten war ihre wirkung, auch beschämung auf meiner Seite durch ihr großmüthiges Betragen gegen mich. wahrlich, ich dachte nicht, daß sie mich noch ihres Andenkens würdig hielten. o hätten sie Zeuge meiner gestrigen Empfindungen bey diesem vorfall seyn können, so würden sie es gewiß nicht übertrieben finden, was ich ihnen vieleicht hier sage, daß mich ihr Andenken weinend und sehr Traurig machte, – ich bitte sie, so wenig ich auch in ihren augen Glauben verdienen mag, glauben Sie mir, meine Freundin (lassen sie mich ihnen noch immer so nennen) daß ich sehr gelitten habe und noch leide durch den verlust ihrer Freundschaft. Sie und ihre theure Mutter [Helene von Breuning] werde ich nie vergeßen, sie waren so gütig gegen mich, daß mir ihr verlust sobald nicht ersezt werden kann und wird, ich weiß, was ich verlohr, und was sie mir waren, aber ––––– ich müßte in Scenen zurückkehren, sollte ich diese Lücke ausfüllen, die ihnen unangenehm zu hören und mir ihnen sie darzustellen sind.

      […] leben sie wohl meine Freundin, es ist mir unmöglich sie anders zu nennen, so gleichgültig ich ihnen auch seyn mag, so glauben sie doch, daß ich ihnen und ihre Mutter noch eben so verehre wie sonst, bin ich im Stande sonst etwas zu ihrem vergnügen beytragen zu können, so bitte ich sie, mich doch nicht vorbeyzugehen, es ist noch dies einzig übrigbleibendes Mittel, ihnen meine Dankbarkeit für ihre genossene Freundschaft zu bezeigen. reisen sie glücklich, und bringen sie ihre Theure Mutter wieder völlig Gesund zurück. denken Sie zuweilen an ihren Sie noch immer verehrenden wahren Freund

      Beethowen

      an Fraülein von Breuning

      an Eleonore von Breuning in Bonn [Bonn, Sommer 1792]

      Verehrungswürdige