Warten in der Eiswüste musste Martin nicht alleine in seinem Zustand über sich ergehen lassen. Thomas Ratling, der Ingenieur, welcher eine einsame Insel für die Station Nica vorschlug, konnte unmöglich einen Besuch beim Nordpol abschlagen. Es stand nicht ganz auf seiner »noch zu erledigen Liste«. Es kam aber dem Bestieg des Killimandjaro schon ziemlich nah. Er kümmerte sich um den logistischen Teil der Operation Homerun, der Flug mit Passagieren hin, ohne zurück zum Tanken, wieder hin, wieder ohne und dann zurück wieder mit. Anders ohne Zwischenlandung hätte man erstens keine kleine Fahne der Saint Louis Cardinals aufstellen und zweitens so viel Geld für dieses nicht vorhersehbare Ereignis sparen können.
Miranda Braun, die jetzt vor Thomas gestellt war, schlug Seneca eine bessere Lösung vor, für den kaum ansprechbaren Martin, der eine solche Leistung auch im normalen Zustand wohl nie vollbracht hätte. Seneca war beeindruckt und Martin nicht informiert darüber, dass ein Mensch etwas besser geplant hatte als Seneca. Das in der Leistung schwächere Model als das noch bis vor kurzem intakte Model auf der noch immer großen Unbekannten Horst schlug sich mit anderen Problemen, dem Essen, herum.
Seneca: »Uns laufen die Angestellten davon, wenn wir uns nur über den Sommer in dieser Nacht mit diesem demotivierenden Schleim versorgen. Die Amunson Scott Station hat schon fast einen eigenen Bäcker und gestern haben sich unsere Leute beim Koyangeln erwischen lassen!«
Tyler Stalko: »Es gibt Gründe für die Versorgungskriese. Sie haben halbwegs alle Kriterien für die Station an sich erfüllt, aber nicht für den Südpol! Das ist internationales Forschungsgebiet und das schon wesentlich länger als Ihre Station steht. Ja wir hätten den Ort auch Vorschlagen können, aber er erfüllt nun nicht alle Bedingungen. So schnell wird der Südpol kein UN Mitgliedsland. Wer bezahlt, wenn niemand es auf seinem Grund und Boden stehen hat? Deshalb der Wostoksee und die anderen Projekte, die nur am Südpol ablaufen können. Wir können schlecht zulassen, dass zum Beispiel einfache Klimaforscher die ganze Anlage besichtigen. Wenn wir Glück, viel Glück, haben, reicht das, was wir vorführen können aus, um als polare Station zu zählen, aber die müssen auch Bedingungen der sie betreibenden Länder erfüllen und ob wir das alles in einer Station vereinen können, bezweifle ich doch stark!«
Seneca: »Es stellt für uns keine Probleme dar, einen Teil der Station zu ändern und an die Arbeiten dort anzupassen. Wir teilen die Station einfach.«
Tyler: »Schon bei den Notausgängen geht das mit Ihrer Teilung nicht. Dazu muss jeder Notausgang die Kriterien erfüllen, also müssen auch alle Notausgänge besichtigt werden. Wir dürfen nicht einmal die Positionen verraten. Dank Ihrem Bretz darf nicht einmal zu erkennen sein, um welche Gebäude es sich handelt, geschweige denn, dass wir irgendwelche Pläne herausgeben können. Wenn wir die Station teilen, kann es uns auch noch passieren, dass wir nur in den offiziellen Bereichen gesponsert werden. Ein Liter Öl kostet am Südpol 8 Dollar dank der Transportkosten und das ist wenig, weil es sich um eine Flüssigkeit handelt. Nur Informationen werden billiger transportiert!«
Seneca sah das ein und erwähnte nicht einmal Dinge wie Mehl, bei dem man noch die Luft in ihm transportierte. Teure Transportkosten von Luft waren es wohl auch, welche die Polster der Sitze im Seaknight verschwinden ließen, der sich dadurch in einen riesigen Presslufthammer verwandelte. Schon als das Ziel des Fluges Nordpol hieß, wurden die zwei miteinander verschweißten Metallplatten, die zuerst diverse Verspannungen lösten, als Verursacher der wunden Stellen in Bereichen des Körpers, die alle Passagiere des Fluges 451 ausgemacht, die man kaum erreichen konnte. Mirandas Plan war dann doch nicht so brillant, das ohnehin geringe Gewicht des geradezu ausgeschlachteten militärischen Transporthubschraubers durch noch spartanischere Sitze zu reduzieren, nur für den Fall eines starken Gegenwindes, der nur in Orkanstärke zum Notlanden mitten im Eisnichts und eigentlich nur zu einer zweiten Wartezeit gezwungen hätte. Man stand und konnte so die Aussicht auf die immer kleiner werdenden Schollen genießen.
Martin: »So sieht dann bald die ganze Gegend aus, Klimaerwärmung nicht oder?«
Pilot: »Ja, die Eisberge werden jedes Jahr kleiner. Vor fünf Jahren wäre das hier alles Eis gewesen. Wenn Sie vor fünf Jahren hier gewesen wären, hätten Sie auch ein Flugzeug bekommen und keinen Hubschrauber. Das ist eigentlich schade. Ich wollte schon das erste Mal, als ich davon gehört habe, irgend jemanden hinten an meinem Flugzeug hängen haben, der mit 400 kmh über das Eis in zwei Metern Höhe fliegt. So etwas wollte ich schon immer fliegen. Da beneidet man unsere Jungs im Gefecht oder zumindest im Manöver. Solche Flugmanöver, wie sie bei euch Europäern durchgezogen werden. Ihr trainiert an den Polen, wir kaum. Hier gibt es keine Hügel und Berge und ich kämpfe nur mit der Langeweile und nicht mit dem Gelände. Wenn hier alles eisfrei ist, werde ich versetzt. Niemand will am Nordpol arbeiten!«
Thomas: »Dann würde ich gerade hier arbeiten, dann geht der Golfstrom in den Pazifik und Europa hat einen Seeweg nach China mitten im Nirgendwo. Polpiraten dürfen Sie dann jagen.«
Martin: »So sieht die Welt ohne Nordpol aus, kapitalistisch wie immer. Hat es auch noch nie gegeben, eine Erde ohne Eis an den Polen.«
Thomas: »Doch, im Jura, da waren beide Pole eisfrei.«
Martin: »Sind Sie Steinesammler, Entschuldigung Geologe oder Prähistoriker«?
Thomas: »Geologisch interessiert! Ich besitze aber auch einfache Tontafeln von den Hetitern, das ist eher mein Fall.«
Martin: »Scherben?«
Thomas: »Nein, die meisten sind Geschäftsunterlagen, in Ton geschrieben. Da gibt es auch Gedichte und persönliche Briefe, aber die kann ich mir nicht leisten! 3000 vor Christus!«
Martin: »Zahle ich so gute Gehälter?«
Thomas: »Nein, Verzeihung, Äh? Es gibt unheimlich viele von diesen Tafeln!«
Martin: »Wann kann ich mit Seneca sprechen, damit Sie auch ein paar Gedichte bekommen?«
Thomas: »Geben Sie mal durch, dass der Bretz mein Gehalt erhöhen will und wieder klar ist!«
Pilot: »Ja!«
Eine gute Nachricht für Seneca, der zwar die Identität von Martins Partner angenommen hatte, aber nicht mehr als ein Laptop auf Beinen war, der eine der Hauptattribute eines Geschäftsführers, die Entscheidungsfähigkeit, nur bedingt erfüllte. Er war problemlos in der Lage, die Fähigkeiten der Station Nica zum Höchstgebot zu verkaufen und dafür zu sorgen, dass immer wirklich Höchstgebote bei Martin ankamen, aber unterzeichnet hat eigentlich nur Martin, auch wenn er es ab und zu gemeinsam mit Seneca tat. Die Rahmenbedingungen der Aufgabenbereiche von Martins etwas komplizierterem Terminplaner oder Steuerberechnungsprogramm hatten sich verschoben und Seneca simulierte eigentlich nur geschäftiges Treiben. Was für ein Glück, dass es sich dabei um höheres Management handelte. So bemerkte es niemand. Seneca simulierte noch kurz seinen Tagesablauf und traf auf dem Weg zur Kommunikation Miranda, die genau so viel tat, aber zumindest im Glauben war, sie würde aktuell an den Aufgaben arbeiten, die Seneca ihr gab, um das Personal im Training zu lassen.
Miranda: »Martin?«
Seneca: »Ja, ich muss die Forschungsprojekte absprechen. Haben Sie das Personal?«
Miranda: »Ja, und eine große Auswahl noch dazu. Eigentlich müssten Sie das gesehen haben, denn Ihre Projekte und Experimente dürften doch auch eine ausgewogene Mischung sein. Die haben sich bei mir alle geradezu darum gerissen, ein halbes Jahr in Dunkelheit bei uns arbeiten zu dürfen. Es sind hier Professoren, die kein Gehalt fordern und auch keine Projekte haben. Ich komme mir vor als hätte ich etwas zu verkaufen, das ausnahmsweise mal gebraucht wird. Ich musste nicht alle abfragen, ob sie noch jemanden entbehren können. Es ist umgekehrt, meine Warteschleife ist voll!«
Seneca: »Ja!«
Keine Information zu viel. Seneca war wieder in der Defensive. Ein Schachmatt drohte und durch den Funkstörer und im Beisein wahrscheinlich jedes Geheimdienstes des Planeten war der eigentliche Aufgabenbereich des Beraters Seneca ohne Augenkontakt mit Martin und ohne eine freie Toilette nicht auszufüllen. Gesprächslos verzichtend auf das Rückgrat jedes Betriebes, die Kommunikation, lief Seneca im gedanklichen Leerlauf mit Miranda Braun in das einzige Zimmer, das nicht