jede Flucht über die Grenzen, egal ob per Flugzeug oder auf anderem Weg, war mit einer weiterer Frage verknüpft: Was kommt danach? Das Leben in der freien Welt fing in den Flüchtlingslagern an, die oftmals schwierige hygienische Bedingungen boten. Für die meisten dauerte der Aufenthalt dort mehrere Monate. Und obwohl es mehrere westliche Hilfsorganisationen gab, passierten fast alle Flüchtlinge die Lager im österreichischen Treiskirchen oder im deutschen Hanau oder Valke. Flüchtlinge aus der ČSR unterstützte besonders der Amerikanische Fonds für tschechoslowakische Flüchtlinge (AFCR), der 1949 von Dr. Ján Papánek, einem ehemaligen tschechoslowakischen Diplomaten gegründet wurde, der die Organisation auch über Jahrzehnte führte. Während seiner 40-jährigen Existenz half der Fonds ungefähr 150.000 Flüchtlinge bei ihrem finanziellem und sozialen Neustart in der neuen Welt. So sollte der humanitäre Aspekt eine entsprechende Würdigung erhalten, es ist ein Fehler, die Fluchtbewegungen nur aus der Perspektive ihrer Massenhaftigkeit zu betrachten. Denn bei jeder Flucht handelte es sich um ein individuelles und einzigartiges Schicksal.
Neben diversen Beweggründen hatten die Fluchten aus der kommunistischen Tschechoslowakei unzählige Gesichter und es wurden verschiedene Transportmittel genutzt. Oft handelte es sich um umgebaute Verkehrsmittel, Last- und Personenkraftwagen, Traktoren, Heißluftballons, Rogallo-Flügel, Fracht- und Personenwagen, je nach Geländeart, Jahreszeit und anderer, die Flucht beeinflussenden Faktoren.52 Es gab eine unglaubliche Vielfalt. Obwohl die Menschen während der Gründungszeit über natürliche Grenzen flohen, flüchteten sie ab den 1960er Jahren per Bus im Rahmen des Fernreisen-Tourismus. Nimmt man jedoch eine Bewertung der Transportmittel, die für den Weg in die Freiheit genutzt wurden, vor, wären die Flugzeuge und damit die entführten Dakotas als eine Besonderheit zu bewerten.
1 Ján Ambruš wurde am 19. Mai 1899 in der bulgarischen Gemeinde Gorna Mitropolija geboren und starb am 20. Januar 1994 in Chicago. Er absolvierte die Flughochschule sowie die praktische Ausbildung in Prostějov. Danach widmete er sich der Flugakrobatik und Langstreckenflügen. Nach der Teilung der Tschechoslowakei war er für kurze Zeit Kommandant der slowakischen Luftwaffe, doch wegen Streitigkeiten mit Ferdinand Čatloš legte er sein Amt nieder und emigrierte im Oktober 1939 nach Frankreich. Ab Juli 1940 war er in den Diensten der RAF, in der er zuerst in der 310. Tschechoslowakischen Jagdstaffel, später als Kommandant der neu eingerichteten Flugtruppe 312 tätig war. Wegen eines Manöverfehlers, bei dem er aus Versehen ein britisches Jagdflugzeug abschoss, wurde er versetzt und am 13. Juni 1941 aus der RAF entlassen. Er wanderte nach Kanada aus, wo er 1943 Militär- und Flugattaché wurde. Im Jahr 1947 wurde ihm der Orden des Britischen Imperiums verliehen.
2 Vladimír Nedvěd wurde am 27. März 1917 in Brünn geboren, meldete sich nach dem Abitur bei der tschechoslowakischen Luftwaffe und schloss sein Studium an der Militärakademie 1938 ab. Nach der Auflösung der ersten Tschechoslowakei floh er über den Mittleren Osten nach Frankreich, von wo aus er mit anderen Flüchtlingen im Juni 1940 nach England evakuiert wurde. Als Flieger der 311. Tschechoslowakischen Bomberstaffel der RAF nahm er am Kampf um England teil. Im August 1943 wurde er zum Kommandanten dieser oben genannten Bomberstaffel mit dem Rang Unterleutnant. Von April bis August 1945 war er als tschechoslowakischer Verbindungsoffizier in Indien tätig. In die ČSR kehrte er im August 1945 zurück, wo er als Instrukteur für Flugtaktik an der Flugakademie in Hradec Hrálové tätig war und ab 1946 an der Militärhochschule in Prag studierte. Nach der Flucht nach Deutschland wurde er des Hochverrats beschuldigt und in Abwesenheit zur Todesstrafe verurteilt. In Großbritannien trat er wieder in den Dienst der RAF und blieb dort bis zu seinem Umzug nach Australien.
3 Stanislav Huňáček wurde am 14. Oktober 1905 in Třebíč geboren und war bereits vor dem Krieg als Pilot bei der ČSA tätig. Nach der Auflösung des Staates lehnte er es ab, für die Deutschen zu fliegen, sodass er im Juli 1939 über Polen nach Frankreich flüchtete, von wo aus er im Juli 1940 nach Großbritannien auswanderte. Ab 1943 war er als Pilot bei der 311. Tschechoslowakischen Bomberstaffel der RAF tätig. Nach dem Kriegsende trat er wieder in den Dienst der ČSA, doch er erhielt wegen seiner politischen Zuschreibung nur eine Genehmigung für innerstaatliche Flüge. Er starb in Großbritannien.
4 František Malý wurde am 22. April 1908 in Louňovice pod Blaníkom bei Benešov geboren und war während des Krieges als Navigator der 311. Tschechoslowakischen Bomberstaffel der RAF tätig. Er starb am 21. Mai 1988.
5 Der südlich von München liegende Flughafen Neubiberg war ursprünglich eine Flugzeugbasis der deutschen Luftwaffe, nach dem Krieg wurde er zur Militärbasis der US-Luftwaffe.
6 František Martínek gehörte ebenfalls zu den ‚Westlern‘ der RAF. Er war bei der 312. Tschechoslowakischen Jagdstaffel als Bodenpersonal tätig.
7 Státní oblastní archiv (SOA), Praha, Folie ČSA, Inventar-Nr. 85, Schachtel-Nr..13, trestné oznámenie z 19. júla 1948 [Strafanzeige vom 19. Juli 1948], Material-Nr. 1327/1/48-taj-C-Br.
8 SOA, Praha, Ebd., nóta MZV pre ČSA z 27. apríla 1948 č. 89.504/V-4/48 [Note des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten an die ČSA vom 27. April 1948 Nr. 89.504/V-4/48].
9 Josef Čermák wurde am 1. Januar 1915 in Kostelec nad Orlicí geboren und starb am 1. Oktober 1955. Im Krieg war er als Navigator der 311. Tschechoslowakischen Jagdstaffel der RAF zugeordnet.
10 Alois Šedivý wurde am 25. Mai 1915 in Hlinsko geboren und starb am 16. September 1990 in Adelaide. Nach dem Abschluss des Studiums an der Flugschule in Prostějov trat er in den Dienst des Flugregiments Prag-Kbely. Im Juli 1939 flüchtete er über Polen nach Frankreich. In die RAF wurde er zuerst mit dem niedrigsten Dienstgrad des Soldats (AC2) im Juli 1940 in der Militärbasis Honington als Angehöriger der 311. Tschechoslowakischen Bomberstaffel der RAF aufgenommen, ab September 1944 war er Kommandant der A-Fliegerstaffel. Er war speziell für Landungen bei schlechter Sicht ausgebildet. Nach dem Krieg kommandierte er ab Februar 1946 die 1. Fliegerstaffel in Havlíčkový Brod, im Juli 1946 beantragte er seine Entlassung aus dem Militärdienst und trat als Pilot in die Dienste der ČSA. Nach seiner Flucht aus der ČSR über Genf trat er wieder in die Dienste der RAF und flog um die ganze Welt, bis er 1965 den Militärdienst beendete. Den Rest seines Lebens verbrachte er in Australien.
11 Archiv bezpečnostních složek (ABS), Praha, Folie 944931-MV, protokoly Oblastnej úradovne ŠtB v Prahe (stála služba letisko Ruzyň) z 23. apríla 1948, spísané s Květoslavom Koudelkom, Jaroslavom Dobrovolným a Antonínom Rotbauerom [Vernehmungsprotokolle der Regionalen Dienststelle der ŠtB Prag (Ständiger Dienst Flughafen Prag-Ruzyně) vom 23. April 1948 mit Květoslav Koudelka, Jaroslav Dobrovolný und Antonín Rotbauer].
12 ABS, Ebd., protokol Oblastnej úradovne ŠtB v Prahe (stála služba letisko Ruzyň) z 23. apríla 1948, spísaný so Soňou Šedivou [Vernehmungsprotokoll der Regionalen Dienststelle der ŠtB Prag (Ständiger Dienst Flughafen Prag-Ruzyně) vom 23. April 1948 mit Soňa Šedivá].
13 ABS, Ebd., správa ministerstva vnútra pre ministerstvo národnej obrany z 3. mája 1948, č.m. III-Aa-11803/8889-48 [Bericht des Innenministeriums an das Ministerium für Nationale Sicherheit vom 3. Mai