Ein Auto habe auf sie für den Fall gewartet, dass die Flucht misslingen würde. Ursprünglich hätten die Organisatoren die Dakota Nr. 21 für ihre Flucht vorgesehen, doch nach ihrer Ankunft am Flughafen bemerkt, dass diese im Hangar untergebracht war. So hätten sie sich für die auf dem Rollfeld geparkte Dakota Nr. 18 entschieden. Während des Starts sei der linke Motor mit niedriger Drehzahl angelaufen, da sie in der Aufregung vergessen hätten, das Ventil für den Kerosin-Durchfluss zu öffnen. Einer der Besatzungsmitglieder habe es zum Ende der Startbahn geöffnete, sodass das Flugzeug habe abheben können.31 Das Ministerium für Nationale Verteidigung setzte Hrbáčeks Dienstgrad herab und die Staatsanwaltschaft beantragte im Dezember 1948 die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens mit Ausstellung eines Haftbefehls beim Untersuchungsrichter des Staatsgerichts Prag. Genau wie bei den anderen Geflüchteten leitete die ŠtB eine staatsweite Fahndung nach Hrbáček ein. Auch er wurde „des Verbrechens der Flucht, des Hochverrats, der Spionage und des Komplotts mit einer fremden Macht“ beschuldigt. Daraus ergab sich ein Haftbefehl und die Beschlagnahmung seines Eigentums. 1960 wurde seine Fahndungsakte dauerhaft archiviert. In der Begründung aus dem Jahr 1978, die den Beschluss von 1960 bestätigte, steht: „Im Fall Hrbáček geht es um einen Überläufer – einen Fahnenflüchtling, der ein ehemaliger Angehöriger der RAF ist, und es besteht die Vermutung, dass er von einem Nachrichtendienst zu eigenen Zwecken in der ČSR angeheuert wurde.“32 In der Tat erging ein Urteil wegen Hochverrats gegen alle 22 Mitglieder der Fluchtgruppe um Josef Bernát. Die britischen Behörden sandten die Dakota nach drei Monaten in die ČSR zurück.
Ein weiterer tschechoslowakischer ‚Westler‘, der Navigator und Stabskapitän Slavomil Janáček, flog in der Nacht vom 25. auf den 26. Juni von Chrudim los und landete schließlich in Manston.33 An Bord der zweimotorigen Siebel waren zusammen mit ihm noch zwei Piloten der RAF, Josef Muroň und Arnošt Zábrž, beide mit ihren Gattinnen und Kindern. Die Flucht aus Chrudim erfolgte während nächtlicher Übungsflüge, die der Kommandant der Flugeinheit Mjr. Josef Muroň angeordnet hatte. Wegen Treibstoffmangels landeten sie jedoch zunächst in Abbeville in Frankreich. Mit nachgefülltem Kerosin setzten sie den Flug fort und konnten erfolgreich in Manston landen.34
Einige der Fluchten per Flugzeug, die im ersten Jahr des tschechoslowakischen Kommunismus stattfanden, fanden in der bisherigen Literatur noch keine Erwähnung, wie etwa der Fall der Entführung des Flugzeugs Junkers Ju-52 (Bez. OK-ZDO) und der nachfolgenden Flucht vom ostslowakischen Flughafen Poprad-Tatry ins Ausland am 18. Juli 1948. Im Rahmen einer Flugverbindung der ČSA von Bratislava nach Poprad landete die Junker-Besatzung (Pilot František Hofmann, Funker Ondrej Pavlík und Bordmechaniker Josef Rosinec) am Abend des 17. Juli in Poprad. Nach der Wartung des Flugzeugs sicherte der leitende Mechaniker des Flughafens, Július Kartáč, das Flugzeug mithilfe einer magnetischen Erdung und des Entfernens einer Sicherung aus der Schaltplatine im Cockpit gegen Diebstahl. Allerdings beherrschte auch Bordmechaniker Peter Timko diese Sicherheitsmaßnahmen, und unter dem Vorwand, Motoren vor dem Rückflug nach Bratislava testen zu wollen, entwendete dieser am nächsten Vormittag zusammen mit Ladislav Gulkáš, einem Zivilisten und ehemaligen Sportflieger des Staatsunternehmens Baťa, die Junker und flog in Richtung Piešťany (Pistyan). Zuerst landeten sie bei Malacky in der Nähe der Grenze. Nachdem sie ihre Position bestimmt hatten, hoben sie wieder ab, überflogen die österreichisch-tschechoslowakische Grenze und landeten in der sowjetischen Besatzungszone bei der Gemeinde Hag, ungefähr 15 km westlich von St. Pӧlten, not. Die Geflüchteten Timko und Gulkáš verließen das beschädigte Flugzeug, die funktionsunfähige Junker war für sie nicht mehr von Interesse. Erst nach erteilter Einreisegenehmigung demontierten Mechaniker der ČSA das Flugzeug und transportierten es mit einem Lkw zurück in die ČSR. Die von der ČSA für diese Operation berechneten Kosten beliefen sich auf 509.685,20 Kčs.35
Ein weiterer Überflug nach Großbritannien gelang am 18. August 1948. Er wurde durch Josef Veselý und Jiří Müller, Mechaniker der ČSA, organisiert.36 Sie nutzten eine Dakota OK-WCT.
Die letzte große Flucht des Jahres 1948, die sog. Dakota von Jakubec, wird in einem separaten Kapitel beschrieben (siehe Kapitel 5).
Den Startpunkt für Fluchten mit dem Flugzeug im Jahre 1949 setzte Vladimír Fábry, ein ehemaliger tschechoslowakischer Diplomat. Ab 1946 war er im Sekretariat der Vereinten Nationen in New York tätig und weigerte sich nach dem Umsturz, in die Heimat zurückzukehren. Sein Vater verblieb jedoch in der ČSR, sodass Fábry einen Plan für dessen Flucht schmiedete. Er reiste heimlich nach Bratislava, wo er seinen als Nonne verkleideten Vater aus einem Justizvollzugskrankenhaus hinausschmuggelte, um mit ihm am 22. Januar 1949 bei Nacht in einem Kleinflugzeug mithilfe eines beauftragten Piloten in die US-amerikanische Besatzungszone in Österreich zu fliegen.37
Die Flucht per Kleinflugzeug gelang auch Josef Šnajdr, Pilot eines Zivilflugzeugs der Fa. Melantrich. Offiziell hob er am 13. März 1949 kurz vor Mittag vom Flughafen in Klecany (Groß Kletzan) ab. Er landete zirka vier Kilometer weiter auf der Betonlandebahn eines Feldflugplatzes, der während der deutschen Besatzung zwischen den Gemeinden Vodochody (Wodochod) und Odolena Voda (Odolenswasser) gebaut worden war. Nach der Landung stiegen drei Männer ein, mit denen Šnajdr wieder abflog. Dass das Flugzeug nicht zurückgekehrt war, erfuhr man in Prag aus einer Abendsendung des englischen Rundfunks, in der über die Landung eines Kleinflugzeugs mit vier Mann Besatzung auf dem Flughafen Frankfurt am Main berichtet wurde.38 Die Namen der Passagiere wurden aus Furcht vor Verfolgung ihrer Verwandten in der ČSR nicht veröffentlicht.
Eine weitere Flucht per Kleinflugzeug im gleichen Jahr gelang František Peřina39, Pilot und ehemaliger Angehöriger der RAF, der nach dem Krieg als Instrukteur der Flugschule in Prostějov (Proßnitz in Mähren) und am Militärflughafen in Malacky tätig war. Ende 1948 wurde er degradiert und aus dem Flugwesen entlassen. So war seine Entscheidung, die Republik zu verlassen, unabwendbar. Eine Gelegenheit bot sich am 12. April 1949, als Karel Rada, sein guter Freund und Sportpilot, einen Zweisitzer des Typs M-I C Sokol mit einem Kunden nach Ägypten fliegen sollte. Peřina stieg mit seiner Ehefrau in der Nähe des Dorfes Skalnička bei Olmütz in das Flugzeug ein, wo Karel Rada wie vereinbart gelandet war. Von diesem Punkt aus übernahm Peřina die Steuerung des Flugzeugs, sein Ziel war die US-amerikanische Besatzungszone in Deutschland. Unter schlechten Wetterbedingungen und ohne Landkarte dauerte der Flug dreieinhalb Stunden. Sie flogen über Přerov (Prerau), Brünn, České Budějovice (Böhmisch Budweis) und Šumava (Böhmerwald). Wegen fehlendem Treibstoff landete Peřina mit ausgefallenen Motoren und ohne ausgefahrenes Fahrwerk in einem Moorgebiet in Deutschland. Es war ein riskantes, doch erfolgreiches Manöver eines erfahrenen Jagdfliegers. So konnte Peřina nur vier Jahre nach dem Kriegsende wieder in den Dienst der RAF treten.
Einen ebenso erfolgreichen Flug in die Freiheit gelang einer Gruppe von Offizieren der tschechoslowakischen Luftwaffe am 22. April 1949. Vom Militärflughafen in Pardubice (Pardubitz) flog der Kapitän, Jaroslav Nýč, mit einer Siebel SI 204, die ursprünglich für Trainings künftiger Piloten bestimmt war40, zum grasbewachsenen Flugplatz eines Aeroklubs nahe der Gemeinde Vysoká in der Nähe von Náchod (Nachod). Dort warteten Unterleutnant Jaroslav Muzika, Stabskapitän Oldřich Filip, Stabskapitän Miroslav Laštovka mit ihren Ehefrauen und vier Kindern. Sie setzten ihren Flug bis zur deutschen Grenze fort, um anschließend den Kurs Richtung England zu ändern und in Manston zu landen. Der damalige Flugbetriebsleiter am Flughafen in Pardubice, Mjr. Václav Formánek, wurde aufgrund dieses „außerordentlichen“ Ereignisses zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt.
Am 27. September 1949 wurde das Verkehrsflugzeug Siebel SI