A. F. Morland

Extra Krimi Paket Sommer 2021


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      Der Umfang dieses Ebook entspricht 117 Taschenbuchseiten.

      1

      Es war Mitternacht. Durch die Fenster der St. Lucas Church in der 48th Street drang hin und wieder das flackernde Licht der Neonreklamen in der Umgebung. Ansonsten erhellten etwa dreißig Kerzen den Bereich um den Altar. Eine Gruppe von etwa zwanzig dunklen, in Mönchskutten gehüllten Gestalten bildete einen Halbkreis. Die Kapuzen waren tief ins Gesicht gezogen. In einer Art Singsang murmelten sie lateinische Sätze vor sich. Einer der Kuttenträger trat vor den Altar. Er streckte die Arme aus. Seine Kapuze rutschte dabei etwas nach hinten, sodass für kurze Zeit ein Teil des von Narben und Geschwüren entstellten Gesichtes erkennbar wurde.

      "Hier spricht Bruder Maleficius im Namen der Schar deiner ergebenen Diener, oh Herr des Bösen!"

      "Amen!", antwortete der Chor der Kuttenträger.

      "Dieser Ort sei von nun an dir geweiht, Satan!", fuhr der Mann fort, der sich selbst Bruder Maleficius genannt hatte. Er ergriff das über den Altar ausgebreitete Tuch und riss mit einem Ruck daran, sodass Bibel und Holzkreuz zu Boden fielen.

      2

      Der Singsang der Kuttenträger schwoll an. Steigerte sich immer mehr, bis Bruder Maleficius mit dem Zeigefinger der linken Hand ein Pentagramm in die Luft malte. Von einer Sekunde zur anderen war es still.

      Bruder Maleficius stellte sich vor den Altar, kniete nieder.

      "Heute möchten wir eine neue Schwester in die Schar deiner Anhänger aufnehmen, oh Herr des Bösen und der Verdammnis!", rief der Narbige.

      Seine Worte hallten zwischen den hohen Kirchenmauern wider.

      "Dein Wille geschehe, Satan", so antwortete der Chor der Kuttenträger. "Wie in der Hölle, so auf Erden."

      Bruder Maleficius erhob sich wieder, drehte sich herum.

      "Tritt vor, Schwester der Schande!", rief er.

      Eine relativ zierliche Gestalt unter den Kuttenträgern machte einen Schritt nach vorn.

      "Zeige dich!", forderte Bruder Maleficius. Die Kapuze glitt zurück. Ein brauner Haarschopf wurde sichtbar. Das Kerzenlicht beleuchtete das feingeschnittene Gesicht einer jungen Frau. Sie ließ die Kutte über die Schultern gleiten. Darunter trug sie nichts. Ihr wohlgeformter Körper war mit magischen Zeichen bemalt. Einer der anderen Kuttenträger reichte der jungen Frau einen messingfarbenen Kelch.

      "Trink!", forderte Bruder Maleficius. "Trink, auf das du in das Reich Satans einkehrst und als seine Dienerin zurückkehrst!"

      Die junge Frau trank den Inhalt des Kelches aus. Plötzlich fiel ihr der Kelch aus der Hand. Ihr Körper verlor den Halt. Sie sank in sich zusammen. Bruder Maleficius fing sie auf. Er griff ihr unter die Arme. Einer der anderen Kuttenträger kam herbei, fasste sie unter den Knien.

      Sie wurde auf den Altar gehoben und dort abgelegt.

      Ihre helle Haut schimmerte im flackernden Licht der Kerzen. Die im Halbkreis stehenden Satansjünger begannen wieder mit ihrem Singsang. Sie beteten magische Formeln vor sich hin.

      "Dominum Satanicum!", rief Bruder Maleficius laut.

      Er stellte sich vor den Altar, breitete die Arme aus und wiederholte diesen Ruf insgesamt sechsmal.

      Dann holte Maleficius eine kleine silberfarbene Dose unter seiner Kutte hervor. Er öffnete sie. Ein leuchtendes, fluoreszierendes Pulver war darin enthalten.

      "Hinabgestiegen bist du in das Reich des Todes! Nimm jetzt das Salz des Lebens und kehre zurück aus der Unterwelt als SEINE Dienerin auf ewig!"

      Maleficius nahm eine Prise des fluoreszierenden Pulvers, öffnete mit der anderen Hand ihre Lippen und flößte es ihr ein.

      Die Dose ließ er in den weiten Ärmeln seiner Kutte verschwinden.

      Mit der rechten Hand griff er der jungen Frau auf den Bauch. Am Mittelfinger befand sich ein breiter Ring. Ein roter Stein war auf der Handinnenseite. Daneben trat eine kaum sichtbare Injektionsnadel hervor.

      Maleficius drückte zu.

      Der Einstich war kaum zu sehen, als er die Nadelring zurückzog.

      "Erwache, Tochter des Bösen!", rief er.

      Es herrschte absolute Stille.

      Man hätte in diesem Augenblick eine Stecknadel fallen hören können.

      Maleficius wiederholte seinen Ruf. "Erwache, Tochter des Bösen!"

      Aber die junge Frau rührte sich nicht.

      Ihre Augen blieben starr wie die einer Toten.

      Einer der anderen Satansjünger schnellte herbei. Er fasste die junge Frau bei den Schultern. "Dolores!", rief er. Dann tastete nach ihrem Puls.

      Er nahm seine Kapuze vom Kopf. Das Gesicht eines jungen Mannes mit dunklen Locken und einem dünnen Oberlippenbart kam zum Vorschein. Angst leuchtete in seinen Augen. "Scheiße, Mann, die ist tot!", rief er. Sein Gesicht wurde leichenblass. Er wandte sich an Maleficius. "Weißt du eigentlich, wen du da umgebracht hast, du Spinner?"

      "Immer schön ruhig bleiben, Brett!", erwiderte der Narbige.

      3

      Ein übler Geruch schlug mir entgegen, als ich aus dem Sportwagen stieg. Hunderte von kreischenden Möwen kreisten über der Mülldeponie Cannary Lane auf Staten Island. Etwa ein Dutzend Einsatzfahrzeuge von City Police, State Police und FBI parkten zwischen den sich auftürmenden Müllbergen. Dazu noch die Wagen des Coroner sowie einiger Spezialisten der Scientific Research Division.

      Die Agenten Clive Caravaggio und Fred LaRocca sprachen gerade mit dem zuständigen Chief der Homicide Squad. Agent Medina stand ein paar Meter weiter und blickte auf ein in blaue Plastikfolie eingewickeltes Paket, das etwa die Größe eines menschlichen Körpers hatte.

      "Ich hoffe, wir haben hier nicht allzu lange zu tun", raunte mir mein Freund und Kollege Milo Tucker zu. Er rümpfte die Nase. "Es könnte wenigstens eine frische Brise vom Atlantik her wehen!"

      "Du wirst es schon überleben", erwiderte ich.

      "Von einer Gasmaske hat mir vor diesem Einsatz niemand etwas gesagt."

      "Gehört die nicht zur Standard-Ausrüstung - so wie die Kevlar-Weste?"

      "Haha, selten so gelacht!"

      "Eigentlich sollten wir die immer im Kofferraum haben."

      Wir erreichten Clive.

      Der stellvertretende Leiter des FBI Field Office New York grüßte uns knapp und deutete anschließend auf den Mann neben sich. "Das ist Captain Riley von der Homicide Squad des 103. Reviers. Er hat uns gerufen."

      Ich nickte Riley freundlich zu. "Es hieß, eine Leiche sei hier auf der Deponie gefunden worden."

      Captain Riley nickte. "Wenn es sich allerdings nur um irgendeine Tote handeln würde, hätten wir nicht den FBI verständigt", erklärte er.

      "Um wen handelt es sich?", fragte ich.

      "Um Dolores Montalban, die Tochter des Mannes, der in Spanish Harlem als El Columbiano bekannt ist. Der Name sagt Ihnen sicher etwas. Er gilt als graue Eminenz im Kokain-Geschäft gilt. Vor drei Tagen ging eine Vermisstenanzeige ein. Und jetzt finden wir Dolores hier nackt und in Plastik verpackt auf der Müllhalde."

      "Wann wurde sie gefunden?", erkundigte sich Clive.

      "Vor anderthalb Stunden. Einer der Bulldozer-Fahrer hat das