Roland Spranger

Mörderisches Vogtland


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Ampulle konnte nichts Gutes bedeuten.

      Für den Sex on the Beach bedankte sich Oooliiii und zeigte seine Zähne. Dann ging er zu einem Sessel, von dem er einen guten Blick auf die Bar hatte.

      Nachdem Karsten und Britta ausgeraucht hatten, gingen beide wieder mit mir zu den Getränken. Als sie sich zuprosteten, sprang ich mit vollem Körpereinsatz hoch. Herrchen fiel das Glas aus der Hand. Überall Scherben. Ich bewegte mich nicht vom Fleck, um mir nicht die Pfoten aufzuschneiden, bis auch der letzte Splitter aufgekehrt war. Das Frauchen sah mich die ganze Zeit wütend an. Karsten schob einen bunten Papierlappen über die Theke und bekam ein neues Bier. Er lachte.

      Während das Herrchen in die Sauna ging, machte sich Frauchen mit mir auf den Nacht-Gassi-Gang. Unten am Strand traf sie Oooliiii.

      Ich tat unbeteiligt und wälzte mich im Sand.

      »Der Hund muss weg«, sagte Oooliiii. »Er beschützt deinen Mann.«

      »So ein Blödsinn«, antwortete Britta. »Das ist nur ein Hund. Der kann nicht denken. Außerdem würde Karsten sofort abreisen, wenn ihm etwas passierte. Dann hätten wir gar keine Gelegenheit mehr.«

      Danach machten mein Frauchen und der Oooliiii-Rüde Sex on the Beach. Sie saß auf ihm. Ekelhaft. Würden Hunde nie machen. Geht auch gar nicht. Anatomisch gesehen. Zurück im Hotelzimmer roch Herrchen wieder mal nichts. Menschen sind echt zu bedauern.

      Am nächsten Morgen brachen wir zu einer Sightseeingtour auf. Mit dem Auto fuhren wir nach Wünschendorf. Im Garten der St.-Veit-Pfarrkirche 8 führte der Küster gerade Reparaturen durch. Deshalb traute ich mich nicht, an einen der bemoosten Grabsteine zu pinkeln. Ich hielt es zurück, bis wir an der alten überdachten Holzbrücke 9 waren. Bei Holz kann ich nicht anders. Ich hob das Bein. Frauchen verdrehte wieder die Augen, während Herrchen lachte.

      Danach ging es weiter zum Kloster Mildenfurth 10 . Leider abgesperrt. Ein paar Gerüste waren aufgebaut. Sie sollten den Eindruck vermitteln, dass wirklich Restaurierungsarbeiten stattfanden. Herrchen und Frauchen bekamen Zugang, nachdem sie einen Künstler angesprochen hatten, der in unmittelbarer Nachbarschaft nicht nur sein Atelier, sondern auch den Hauptschlüssel zum Kloster hatte. Er führte uns in ein Gewölbe, in dem die langen Finger seiner Skulpturen aus der Dunkelheit tasteten. Verlorene Kinder. Menschen mit Tierköpfen. Maskierte Gestalten. Gruselig. Ich bellte wie verrückt. Es machte einen Heidenspaß.

      Anschließend durften wir den Klostergarten besichtigen. Überall Skulpturen. Immerhin waren auch Hunde dabei. Sehr große Hunde. Der Künstler mochte mich. Seine Dogge war irgendwann gestorben.

      »Aber in so ein Umfeld gehört ein Hund«, sagte er und kraulte mich hinter den Ohren. Dabei war ich einen Moment unachtsam. Ein dicker Stein schlug direkt neben meinem Herrchen auf. Kreidebleich drehte er sich um.

      »Deshalb lasse ich normalerweise niemanden herein«, sagte der Künstler. »Es kann sich jederzeit ein Stein lösen. Kein Geld für die Restaurierung. Eine Schande. Die Menschen sind nicht mehr an Kultur interessiert, sondern nur noch an glatten Straßen.«

      Ich war wütend auf mich selbst, weil ich nicht aufgepasst hatte. Bellend rannte ich zu der geöffneten Tür des Klosters. Die Treppe hoch. Bis zu der Tür, hinter der ich Oooliiii wittern konnte. Das Herrchen nahm mich an die Leine. Ich war ich widerspenstig. Bremste mit den Pfoten. Bis ich begriff, dass Karsten wieder mal das andere Männchen nicht riechen konnte. Dabei stank es nach Oooliiiis Anwesenheit. Nach der Präsenz des Bösen. Natürlich hätte ich noch ewig die Tür ankläffen können, aber auf diese erniedrigende Lassie-Nummer hatte ich wirklich keine Lust.

      Während ich die Treppe nach unten sprang, wurde mir klar, dass ich langsam begann, das Spiel zu bestimmen. Oooliiii fiel nichts mehr Neues ein. Vermutlich war Plan A der Felsen in Greiz. Und Plan B das Gift im Bier. Jetzt griff er auf alte Ideen zurück. Er improvisierte. Wurde leichtsinnig.

      Wir fuhren zur Burgruine Reichenfels 11 . Idyllisch gelegen mit einem Baum-Lehrpfad. Hundeparadies mit der Möglichkeit, an verschiedene Baumarten zu pinkeln. Unterhalb der Burg gab es einen Steinbruch. Ich konnte mir zusammenreimen, was das bedeutete: Diesmal würde kein Stein von oben kommen, sondern Karsten sollte in die Tiefe stürzen.

      Aber diesmal würde ich so aufmerksam sein, wie man es vom besten Freund des Menschen erwartete. Und Herrchen half mir dabei: Er nahm mich von der Leine. Während er mit Frauchen Hand in Hand den steilen Zugang zur Ruine hochging, büchste ich aus. Unbemerkt. Britta und Karsten waren mit der Idylle beschäftigt. Den Bäumen. Dem Licht. Der Ruhe. Wir Hunde sind nicht so romantisch veranlagt. Ich folgte dem Geruch. Oooliiiis Geruch. Ich kam zu einem Holzzaun, an dem ein Warnschild befestigt war:

      ›Betreten verboten! Lebensgefahr!‹

      Mit einem Satz sprang ich über den Zaun.

      Oooliiii versteckte sich hinter einem Baum.

      »Mistvieh«, zischte er. »Was willst du hier?«

      Leider kann ich nicht reden. Sonst hätte ich was Cooles gesagt. »Yippie-ya-yeah, Schweinebacke!« beispielsweise.

      Ich sprang Oooliiii an. Einen wunderbaren Moment lang war er sehr erstaunt, taumelte, machte einen Schritt zurück und stürzte in die Tiefe – während ich sicher auf allen vieren vor dem Abgrund aufkam. Ihm hinterher sah. Er schrie nicht einmal wirklich. Nur ein Geräusch, als hatte er sich verschluckt.

      Ich lief zurück zu Herrchen und Frauchen.

      Beide begrüßten mich freudig, als ich ihnen auf der Brücke zur Ruine entgegenkam.

      »Wo bist du denn gewesen?«, fragte Herrchen lachend.

      Während wir an dem Holzzaun vorbeigingen, blieb Frauchen etwas zurück und warf ihr Smartphone über die Latten. Deutlich sichtbar lag es auf dem kurzen Weg, der zum Steinbruch führte.

      Übertrieben laut stöhnte sie auf: »Mein Gott!«

      Karsten drehte sich um. »Was ist denn?«

      »Mein Smartphone ist weg.«

      Sie begannen es zu suchen. Karsten entdeckte es hinter dem Holzzaun.

      »Steig nicht drüber«, sagte Britta. »Da steht Lebensgefahr.«

      Karsten kletterte über den Zaun und brachte ihr das Smartphone zurück. Unbeschadet. Beides: Gerät und Herrchen. Ich war stolz auf mich.

      Frauchen starrte ungläubig. Mit offenem Mund. Sie checkte ihr Telefon. Keine Nachricht.

      Auf dem Weg zum Parkplatz kamen wir an einem Rasenlabyrinth vorbei. Labyrinthe sind ein weit verbreitetes, uraltes magisches Symbol für einen langen, verschlungenen Weg zu einem bestimmten, schwer zu erreichenden Ziel. Der Weg symbolisiert den Lebensweg eines Menschen. Oder eines Hundes.

      Das Reichenfelser Labyrinth hat einen Durchmesser von zehn Metern, aber beim Begehen legt man einen Weg von zweihundert Metern zurück. Das Herrchen und ich sind einfach quer drüber getollt. Gesprungen. Gerannt. Waren nicht achtsam. Hatten Spaß. Waren am Leben. Mit einer Katze kann man so was nicht machen.

      Am Abend bekam ich einen Knochen. Ich hatte ihn mir verdient.

      Ich heiße Buddy und passe auf.

      Freizeittipps:

       1 Bio-Seehotel Zeulenroda: Vier-Sterne-Hotel mit Seeblick und eigenem Strand, das sich umweltbewusstes und klimaneutrales Handeln auf die Fahnen geschrieben hat. Trotzdem kommt der Wohlfühlfaktor nicht zu kurz: Das Haus bietet spannende Arrangements sowohl für Tagungen als auch für den Familienurlaub. Passend zum ganzheitlichen Ansatz steht Wellness gleichberechtigt neben kulinarischen Angeboten. Direkt am See gibt es einen Biergarten. Und natürlich (ganz wichtig): Hunde sind willkommen!

       2 Talsperren-Weg Zeulenroda: Leichte, aber relativ lange Wanderung (25 Kilometer) rund um das Zeulenrodaer Meer. Die Talsperre gehörte zu einem System von vier Talsperren, das die Trinkwasserversorgung für Ostthüringen sicherte. Am 1. September 2012 wurde der Trinkwasserstatus aufgehoben. Seitdem entsteht dort ein Naherholungsgebiet mit verschiedenen Angeboten. Der Rundwanderweg verläuft gemütlich und eben durch dichten