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Gott suchen und finden


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zu können.

       In seinem Leben

      Zu einem wirklich Gott – und nicht nur sich selbst – suchenden Menschen wurde Ignatius erst, nachdem ihn Gott »heim-gesucht« und so seine Lebenspläne »durchkreuzt« hatte, auch wenn ihm dies selbst erst nach und nach deutlich werden sollte. Vor seiner Verwundung in Pamplona und dem Krankenlager in Loyola war er zwar ein gläubiger Mensch, jedoch keiner, der wahrhaft auf der Suche nach Gott war. Wie dem Paulus vor Damaskus stellte Gott sich auch dem Ignatius gleichsam in den Weg und ließ seine schwere Verwundung, die ihn bis an den Rand des Todes führte (vgl. BP 3), zur inneren Frage werden: »Was suchst du? Wen suchst du?« (vgl. BP 7).

      Zwar noch ganz auf sich selbst bezogen und in Gedanken mit seiner weiteren Karriere beschäftigt (vgl. BP 4–6), erfuhr er in seiner Krankheit erstmals in tieferer Weise die Grenzen seines Lebens und die eigene Schwachheit – und »fand« so wirklich Gott. Durch die Erfahrung der eigenen Abhängigkeit – die Erfahrung seines Geschaffenseins – gelangte er zur Erfahrung und Erkenntnis Gottes, d.h. er wurde dort auf Gott wahrhaft aufmerksam, wo er erkannte, wie sehr sein ganzes Leben von Gott abhängt.

      Diese gleichsam erste und grundlegende Erfahrung Gottes weckte in ihm das Verlangen, sich weiter mit Gott zu beschäftigen und nach diesem zu »suchen«. Begonnen hatte diese Suche mit der wachsenden Aufmerksamkeit für die Gegenwart und das Wirken Gottes in seinem Leben und im Verspüren der Verschiedenheit der geistlichen Bewegungen (vgl. BP 8), – und sie wurde in dem Maße immer lebendiger, wie er Gott dank dessen entgegenkommender Liebe »finden« konnte, d.h. das »Gefundene« – die Erkenntnis und Erfahrung Gottes – wurde für ihn zum Stimulus für die weitere Suche.

      In seinem Nachdenken über sein Leben erkannte er nicht nur seine Schuld und die Notwendigkeit der Buße und Umkehr (vgl. BP 9), sondern er wurde auch schrittweise sensibel für die Berufung: er spürte, dass Gott von ihm etwas wollte und einen Plan mit ihm hatte. In seinem Verlangen, die Heiligen nachzuahmen (vgl. BP 7 u. 9) und ein ganz auf Gott ausgerichtetes Leben zu führen, blieb er jedoch zunächst beim Vertrauen auf sich selbst stecken und war noch nicht zu einem wirklichen Vertrauen auf Gott fähig. Seine »Suche nach Gott« beschränkte sich in dieser Phase weitgehend auf eine Suche nach der eigenen Vollkommenheit – durch das Nachahmen der Heiligen – und glich damit der Frage des reichen Mannes: »Guter Meister, was muss ich tun, um das ewige Leben zu gewinnen?« (Mk 10,17).

      Diese Frage, wie sein Leben in Zukunft weitergehen sollte, und der Versuch, sich durch Bußübungen, Fasten und lange Gebetszeiten selbst zu vervollkommnen, hatten eine wachsende Skrupelhaftigkeit zur Folge und führten ihn in eine tiefe Krise – bis zum Gedanken, sich das Leben zu nehmen (vgl. BP 22–24). Erst durch dieses neuerliche und noch tiefere Stoßen an die eigenen Grenzen begriff er, dass alles, was er zu tun vermochte, von der Hilfe Gottes abhängig war. Er wurde sensibel für die Gnade und Führung Gottes, der er sich anvertrauen und von der er später bekennen konnte: »In dieser Zeit behandelte Gott ihn auf die gleiche Weise, wie ein Schullehrer ein Kind behandelt, wenn er es unterweist« (BP 27).

      Innerlich offen und empfänglich für Gott, konnte ihm dieser die tiefsten Geheimnisse des Glaubens geschenkhaft erkennen lassen (vgl. BP 28-30). Das Vertrauen in Gott befreite ihn nicht nur von der skrupelhaften Besorgtheit um sich selbst und sein eigenes Heil, sondern es erwies sich auch als die Basis für das eigentliche »Finden« Gottes. Die empfangene Erkenntnis über die Dinge des Glaubens bestimmte fortan sein Leben – »Und dies bedeutete, in so großem Maß mit erleuchtetem Verstand zu bleiben, dass ihm schien, als sei er ein anderer Mensch und habe eine andere Erkenntnisfähigkeit, als er je zuvor hatte« (BP 30) – und sie gab ihm die Gewissheit, immer und in allem mit Gott verbunden zu sein. Diese tiefe Verbundenheit mit Gott, die ihm in Manresa geschenkt worden war, ist das grundlegende Kennzeichen seiner Art, »Gott zu suchen und zu finden«. Hieronymus Nadal beschrieb sie kurz nach seinem Tod als »contemplativus in actione«, um so zu verdeutlichen, wie Ignatius in allen Dingen, Handlungen und Gesprächen die Gegenwart Gottes fühlte und betrachtete, d.h. wie er Gott in allen Dingen fand.2

      Sein »Gott suchen und finden« ist jedoch nicht nur durch die genannte Art und Weise charakterisiert, sondern ganz entscheidend durch seine Beziehung zu Jesus Christus. Zwar wurde seine »Suche nach Gott« schon auf dem Krankenlager in Loyola zunehmend zu einer »Suche nach Jesus Christus«, doch sah er diesen zunächst vor allem als Maßstab, an dem er sein Leben zu messen suchte. Er wollte Jesus – wie die Heiligen – nachahmen und betrachtete ihn als Vorbild, das er so genau wie möglich zu kennen trachtete: besonders durch das Schreiben und Einprägen seiner Worte (vgl. BP 11) und durch den Plan der Wallfahrt nach Jerusalem (vgl. BP 9, 12, 16). Wie sehr er jedoch Jesus Christus anfangs recht äußerlich betrachtete, zeigt sein Erschrecken angesichts des Wunsches einer betagten Frau in Manresa, Jesus möge ihm doch eines Tages erscheinen (vgl. BP 21). Erst die tiefe Erfahrung seiner Erlösungsbedürftigkeit und die geistlichen Erkenntnisse in Manresa lassen ihn zunehmend die Beziehung zum Herrn suchen, sodass dieser immer mehr sein »Lehrer und Meister« wird, der ihn auf seiner Wallfahrt führt und ihm erscheint (vgl. BP 41, 44, 45 u. 48).

      Die »Suche nach Gott« half Ignatius, »Gott in Jesus Christus zu finden«, und dies trieb ihn dann auch an, stets von neuem nach »Gott in der gelebten Beziehung zu Jesus Christus zu suchen«, d.h. seine »Suche nach Gott« wurde immer mehr zu einer »Suche nach Christus«. Damit hatte sich aber auch seine »Suche nach Gott« selbst nochmals verändert: Sie galt nicht mehr einer bloßen »Suche nach dem Willen Gottes« und einem damit verbundenen »Erfüllungsgehorsam« – einem Leben nach den Geboten Gottes, um sich selbst zu erlösen – sondern sie wurde zu einer »Suche nach der Beziehung zu Gott« und dem Mühen um einen »Verstandesgehorsam« – aus dem Verlangen um die größtmögliche Teilhabe an »Wesen und Gestalt seines Sohnes« (vgl. Röm 8,29) in einem Leben nach den evangelischen Räten.

      Die »Suche nach Gott« ließ ihn aber auch immer mehr »sich selbst finden«, weil er nicht mehr in der Suche nach einer selbst erträumten Lebenswirklichkeit stecken blieb, sondern vielmehr die Konkretheit seines Lebensalltags als Gabe Gottes zu erkennen und als Auftrag an sich selbst wahrzunehmen vermochte: als die Einladung, sich selbst mit allem in Liebe Gott anzubieten.

       In seiner eigenen geistlichen Praxis

      Aus dem bisher Dargelegten ist leicht verständlich, dass der von Ignatius durchlaufene Weg der »Suche nach Gott« für sein weiteres Gebetsleben und seine geistliche Praxis bestimmend wurde. Er begriff, dass Gott das Fundament seiner spirituellen Entwicklung gelegt hatte, aber auch, dass es nun an ihm lag, darauf aufzubauen und weiter daran zu arbeiten.

      Die Grundlage seines geistlichen Lebens war die Erinnerung an die erlösende Liebe Gottes in der Feier der Eucharistie, wie dies aus seinem ganzen Geistlichen Tagebuch klar ersichtlich ist: Die »Suche nach Gott« wurde für ihn zum inneren Aufruf, auf diese Weise niemals auf seine Liebe zu vergessen. In der täglichen Eucharistie lebte er jedoch nicht nur die Beziehung zum dreifaltigen Gott (vgl. GT 43-64), sondern er »fand« in ihr auch viel Trost (vgl. GT 8) und Klarheit in seinen Wahlüberlegungen (vgl. GT 10–19). In der Suche nach dem Willen Gottes ging es ihm nicht allein um das Abwägen menschlicher Gründe, sondern vielmehr um ein inneres Erspüren der Absicht Gottes – durch das Wahrnehmen von Trost und Misstrost – und um das je tiefere Sich-Einfühlen in die Vorgehensweise Jesu (vgl. GT 66–70). »Zu diesen Zeiten war in mir eine so große Liebe zu Jesus, und ich verspürte oder sah ihn so sehr, dass mir schien, in Zukunft könne überhaupt nichts mehr kommen, was mich von ihm trennen oder über die Gnaden und die Bestätigung, die ich empfangen hatte, unsicher machen könnte« (GT 75).

      Aus dem Geistlichen Tagebuch wird aber auch deutlich, wie er die Gewissenserforschung verstand und wie er sie selbst praktizierte. Sie war für ihn nicht ein bloßes Schauen auf eigene Fehler, sondern vielmehr eine Übung, um sich an die Gegenwart und das Wirken Gottes zu erinnern und so zu erkennen, was in der Beziehung zu Gott hilfreich bzw. was hinderlich war. D.h. das Ziel der Gewissenserforschung war für ihn nicht eine kleinliche und um sich selbst besorgte Fehleranalyse, sondern die Vertiefung der Beziehung zu Gott – im Erkennen dessen, was ihn dabei behinderte oder ihm half. Entscheidend war für