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Gott suchen und finden


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Gott zu mühen (vgl. GÜ 43). Die Gewissenserforschung als die liebende Aufmerksamkeit gegenüber Gott ist der deutlichste Ausdruck seiner beständigen »Suche nach Gott«, und sie ist die Übung, in der er ihn auch immer wieder »fand« und sich mit ihm in mystischer Weise aufs tiefste verbunden wusste: Sie half ihm, nicht nur je mehr zu einem Werkzeug in der Hand Gottes zu werden, sondern auch in allem als solches zu leben und zu handeln.

       In seinen geistlichen Anweisungen für andere

      Einzelne Hinweise und Anweisungen, »Gott zu suchen und zu finden«, lassen sich in fast allen Schriften des Ignatius entdecken. Denn in dem Maße, wie er selbst wirklich »Gott gefunden« hatte, wuchs in ihm auch das Verlangen, anderen Menschen auf diesem Wege zu helfen. Das »Finden Gottes« hatte ihn nicht nur zu einem Zeugen der Liebe Gottes gemacht, sondern diese Erfahrung drängte ihn, andere zur »Suche nach Gott im eigenen Leben« und zum »Finden Gottes in der persönlichen Glaubenserfahrung« hinzuführen (vgl. Sa 3). Seine Exerzitien sind zwar gewiss die Frucht seiner geistlichen Erfahrungen in Loyola und Manresa, ebenso aber auch eine Folge seines tiefen Verlangens, anderen zu helfen, aus der Beziehung zu Gott zu leben. Ihre Struktur entspricht daher nicht nur dem Weg, den Ignatius im Suchen und Finden Gottes durchlaufen hat, sondern aus ihr wird auch deutlich, welche Schritte nacheinander zu setzen sind, um je mehr aus Gott zu leben.

      So ist es nicht verwunderlich, dass er in seinen Briefen nicht nur generell auf die Bedeutung der Exerzitien hinweist, sondern vor allem die Wichtigkeit der Ersten Woche hervorhebt: die Konfrontation mit der menschlichen Schwachheit und Erlösungsbedürftigkeit (vgl. GÜ 18). Aus seiner Erfahrung war ihm klar: Solange der Mensch nicht seine Schwachheit »erleidet« und an seine Grenzen stößt, wird er versucht bleiben, aus eigener Kraft »sein Leben zu gewinnen«, weil er meint, dieses selbst in der Hand zu haben. Deshalb möchte Ignatius den Menschen gerade dadurch für Gott öffnen, dass er ihm seine fundamentale Abhängigkeit von Gott vor Augen führt: positiv durch den Blick auf die Liebe Gottes, die im Geschaffensein und der damit gegebenen Berufung sichtbar wird, aber auch negativ durch das Betrachten seiner Verlorenheit, seiner Sünde und Schuld. Das »Prinzip und Fundament« sowie die Betrachtungen über die Sünde sind für ihn deshalb grundlegend, um für Gott innerlich offen zu werden und ihn wirklich »finden« zu können. Denn nur in dem Maße, wie der Mensch Gott als seinen Schöpfer und Erlöser zu »finden« vermag, wird er auch bereit sein, sich von Gott führen und belehren zu lassen. Nur so kann dann auch jene geistliche Dynamik einsetzen, aus der das Verlangen, »Gott zu suchen und zu finden« ständig zunimmt und den Menschen mehr und mehr zum Bittenden macht: »Innere Erkenntnis des Herrn erbitten, der für mich Mensch geworden ist, damit ich mehr ihn liebe und ihm nachfolge« (GÜ 104).

      Erst wo im Menschen die Sehnsucht wach wird, Jesus Christus nachzufolgen, ist er auch zunehmend in der Lage, nach dem Willen Gottes zu suchen und diesen zu finden. Dazu muss er jedoch selbst zuerst klein und demütig werden (vgl. GÜ 164–167), denn ansonsten wird er nicht »den Willen Gottes finden«, sondern vielmehr wie Petrus in rein menschlichen Erwägungen steckenbleiben (vgl. Mk 8,33). Aus diesem Grunde betont Ignatius, dass der Wille Gottes nur in der tiefen Beziehung mit dem gekreuzigten Herrn gefunden und gelebt werden kann – im ständigen Erwägen, was er für mich gelitten hat »und was ich selbst für ihn tun soll und leiden muss« (GÜ 197). Entscheidend ist daher die gelebte Beziehung zu Gott, und deshalb »sind die Mittel, die das Werkzeug mit Gott verbinden und es dafür bereiten, sich gut von seiner göttlichen Hand leiten zu lassen, wirksamer als die Mittel, die es gegenüber den Menschen bereiten« (Sa 813).

      Der Blick auf das Leben, die Praxis und die Anweisungen des Ignatius zeigt, dass »Gott suchen« und »Gott finden« eng miteinander verbunden sind. Da es dabei immer um die Beziehung des Menschen mit Gott geht, erscheinen sie zwar nahezu gleichbedeutend, doch besteht zwischen ihnen auch ein wichtiger Unterschied. Die »Suche nach Gott« ist eine nach der Beziehung zu ihm – und damit eine »Suche« nach dem »je mehr« der Liebe zu Gott, so wie dies im »Prinzip und Fundament« zum Ausdruck kommt: »indem wir allein wünschen und wählen, was uns mehr zu dem Ziel hinführt, zu dem wir geschaffen sind« (GÜ 23), d.h. die »Suche« benennt die menschliche Grundhaltung, die für die Vertiefung der Beziehung zu Gott erforderlich ist. Das »Finden Gottes« ist dagegen die geschenkhafte Erfahrung seiner Liebe, die nicht in der Hand des Menschen liegt, um die er nur immer wieder neu Gott im Sinne der »Betrachtung zur Erlangung der Liebe« bitten kann: »Gebt mir eure Liebe und Gnade, denn diese genügt mir« (GÜ 234). Das »Finden Gottes« ist jene Erfahrung der Geborgenheit bei Gott, die Ignatius in gnadenhafter Weise zuteil wurde, sodass er in allem die Gegenwart Gottes fühlen und betrachten konnte und so stets »contemplativus in actione« war.

      Toni Witwer SJ lehrt Spiritualität an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom.

      In all diesen Zeiten, … war ein Gedanke in mir, der mich innen in der Seele durchdrang: Mit wie großer Ehrerbietung ich, wenn ich zur Messe gehe, Gott unseren Herrn usw. nennen und nicht Tränen, sondern diese Ehrerbietung und Ehrfurcht suchen müsste; … ja ich gewann die Überzeugung, dass dies der Weg war, den mir der Herr zeigen wollte … Während ich die Messe las, gewann ich sogar die Überzeugung, dass ich diese Gnade und Erkenntnis für den geistlichen Fortschritt meiner Seele für wichtiger hielt als alle anderen bisher.

      (GT, in: GGJ 398–399)

      In diesem Zeitabschnitt schien mir, dass die Demut, Ehrfurcht und Ehrerbietung nicht furchtsam, sondern liebevoll sein sollte, und dies ging so in meinen Sinn ein, dass ich immer wieder sagte: »Gebt mir liebevolle Demut!«

      Mir schien, dass 〈dieser Geist〉 es dabei nicht stehen bleiben würde, sondern dass das gleiche danach auch gegenüber den Geschöpfen sein 〈müßte〉 würde, nämlich liebevolle Demut usw. (Ebd. 402–403)

      Man ermahne sie [= die Novizen] häufig, in allen Dingen Gott unseren Herrn zu suchen, indem sie, so sehr es möglich ist, die Liebe zu allen Geschöpfen von sich entfernen, um sie auf deren Schöpfer zu richten und ihn in allen Dingen zu lieben und alle in ihm, gemäß seinem heiligsten und göttlichen Willen. (Sa 288,3)

      Ignatius von Loyola (1491–1556) gründete – gemeinsam mit einer Gruppe von Gefährten – den Jesuitenorden, der 1540 von Papst Paul III. bestätigt wurde.

      DOMINIK MARKL

      »Dein Angesicht, GOTT,

      will ich suchen« (Ps 27,8)

      Gottes-Sehnsucht in der Bibel

      Wer Gott in allen Dingen sucht, folgt einer intensiven Sehnsucht. Wo ist ihr Ursprung? Es lohnt sich, die ältesten Quellen des christlichen Glaubens danach zu befragen – die Zeugnisse der biblischen Schriften. Beginnen wir jedoch, die Bibel mit dieser Frage zu lesen, sehen wir sogleich, dass die menschliche Gottes-Sehnsucht erst der Widerhall einer Suche ist, die bei Gott selbst ihren Anfang nimmt.

      »Wo bist du?« rief Gott Adam im frischen Wind des Tages (Gen 3,9). Adam, der Mensch, ist von Anbeginn von Gott gesucht – als die neu entdeckte Nacktheit und Furcht die Begegnung bedroht. Gott bekleidet Adam und Eva, die Mutter aller Lebendigen, sodass die Menschheit erneut, frei von Scham, Gott begegnen kann (Gen 3,21). Bei Ezechiel zeigt sich Gott als suchender Hirte: »Das Verlorene will ich suchen und das Versprengte zurückbringen, und das Gebrochene will ich verbinden, und das Kranke will ich stärken« (Ez 34,16). Ezechiel inspiriert Jesus zum Gleichnis vom verlorenen Schaf: Wenn der Hirte sein Schaf gefunden hat, »ruft er seine Freunde und Nachbarn zusammen und sagt zu ihnen: Freut euch mit mir; ich habe mein Schaf wiedergefunden, das verloren war« (Lk 15,5f). Jesus sieht seine Lebensaufgabe darin, »zu suchen und zu retten, was verloren ist« (Lk 19,10).

      Zuweilen verzweifelt Gott in seiner Suche: »Ich war zu erreichen für die, die nicht fragten, ich war zu finden für die, die mich nicht suchten. Ich sagte zu einem Volk, das meinen Namen nicht anrief: Hier bin ich, hier bin ich!« (Jes 65,1). Kohelet, der