EINFÜHRUNG
Als ich vor gut zehn Jahren meinen ersten Ratgeber zur Homöopathie schrieb, hoffte ich bescheiden, eine Druckerei würde mir preisgünstig eine kleine Auflage für meine Patienten herstellen. Natürlich träumte ich damals auch davon, einen Verlag zu finden, aber mir war bewusst, dass dies wahrscheinlich eine Illusion bleiben würde. Ich hatte keine Ahnung von der Realität. Heute sind über 1,5 Millionen meiner Homöopathiebücher verkauft und ich bin nur einer von vielen Autoren, die über diese Heilmethode schreiben und geschrieben haben. Unser Erfolg beruht auf der Nachfrage. Die Homöopathie boomt seit weit über einem Jahrzehnt und in der Zwischenzeit ist sie zu Deutschlands beliebtester alternativer Therapieform avanciert.1
Das wirft die berechtigte Frage auf, warum dem so ist. Der Grund, weshalb sich überhaupt jemand von der Schulmedizin abwendet, deren Kosten ja zumindest zum Teil von den Krankenkassen getragen werden, während man für Homöopathie-Ratgeber, homöopathische Mittel und Behandlung in aller Regel selbst aufkommen muss, kann nur Verdrossenheit sein. Wären unsere Leser und Patienten mit der konventionellen Medizin zufrieden und glücklich, dann würden wir als Homöopathiebuch-Autoren kaum einen Ratgeber verkaufen und als Therapeuten hätten wir nichts zu tun. Niemand bräuchte uns. Die Popularität der komplementären Medizin im Allgemeinen und der Homöopathie im Speziellen beruht zu einem großen Prozentsatz auf diesem Unzufriedenheitsfaktor. Unsere Leser und Patienten wünschen sich aus den verschiedensten Gründen eine Alternative. Das Versagen der schulmedizinischen Behandlung dürfte dabei an erster Stelle stehen. Eine nebenwirkungsfreie Alternative zu den teilweise schweren chemischen Geschützen der Pharmaindustrie scheint ein weiterer wichtiger Grund zu sein. Die Bürger sind gegenüber den »Göttern in Weiß« und ihren bitteren Pillen ein wenig skeptisch geworden.
Doch warum hat sich gerade die Homöopathie unter den vielen möglichen Therapiemethoden als die populärste etabliert? Als Erstes kommt einem vielleicht das Ausbleiben von Nebenwirkungen in den Sinn. Weil sie hohe, ja höchste Verdünnungen aufweist, ist die Homöopathie bekannt für ihre gute Verträglichkeit ohne jegliche Nebenwirkungen. Weiterhin tritt sie als eine sehr patientenorientierte Medizin auf, in der der Mensch als Ganzes die zentrale Rolle spielt. So interessiert sich der Homöopath für die Gesamtheit der Symptome des Kranken und nicht nur für dessen Befunde. Somit ist die Homöopathie keine Gerätemedizin, sondern eine sich am menschlichen Befinden orientierende, ganzheitliche Heilmethode. Man könnte sie auch als personotrope oder humane Medizin bezeichnen. Aber egal, ob nun human oder harmlos, die Homöopathie hätte sicherlich nicht diesen Beliebtheitsgrad erreicht, wäre sie zudem nicht auch noch hochwirksam.
Hier jedoch scheiden sich die Geister wie bei keiner anderen Heilmethode. Während die Anhänger der Homöopathie behaupten, die kleinen süßen Pillen würden nahezu unglaubliche Erfolge erzielen und die einzig wahre Medizin überhaupt sein, entgegnen deren Skeptiker, in den hoch verdünnten homöopathischen Mitteln sei entweder fast nichts oder gar nichts mehr enthalten, das wirken könnte. Die Kügelchen seien deshalb nur Zuckerperlen – und das Einzige, was sie hervorbrächten, sei Karies. Jegliche Wirkung sei reine Einbildung und beruhe auf dem so genannten Placeboeffekt.
Was ist sie nun, die Homöopathie? Magische Heilkunst oder reine Einbildung? Hochwirksam, Hokuspokus oder Placebo-Medizin? Über lange Zeit fehlte jegliches Wissen darüber, wie man sich die Homöopathie auf moderner wissenschaftlicher Basis erklären könnte. Doch seit etlichen Jahren wird vermehrt geforscht. Ein paar Wissenschaftler wollen es endlich wissen: Wirken die homöopathischen Mittel oder wirken sie nicht? Natürlich fehlen für solche Studien die finanziellen Mittel, und im Vergleich zu dem, was bei der konventionellen Medizin an Forschungsgeldern fließt, scheint der Etat für die Homöopathieforschung wie ein Tropfen auf dem heißen Stein zu sein. Aber die Ergebnisse lassen sich sehen!
Leider ist bisher viel zu wenig in der Öffentlichkeit und selbst in Fachkreisen über die neuen wissenschaftlichen Erkenntnisse bekannt. So begann ich vor einer geraumen Weile, Artikel darüber zu schreiben, und bekam neben einer Menge positiver Feedbacks auch die Anregung, meine Gedanken in einem Sachbuch zusammenzufassen. Mein Anliegen besteht jedoch darin, diese neuen Erkenntnisse nicht dem Experten, sondern dem Patienten und Anwender näherzubringen. Er ist es ja, der sich immer wieder der Kritik ausgesetzt sieht und in Erklärungsnot gerät, da die Gegner der Homöopathie das Bedürfnis haben, den einfachen Mann vor einem solchen »Humbug« zu bewahren. Verbal in die Ecke gedrängt, bleibt dem Anwender häufig gar nichts anderes übrig, als zu gestehen: »Ich weiß zwar, dass mir die Mittel helfen, aber ich kann nicht sagen, warum.« So glaube er einfach, die Homöopathie helfe ihm. Höhnisch wird daraufhin entgegnet: Ja, ja, er sage es! Es sei halt nur der Glaube, der da etwas bewirke, doch besonders wissenschaftlich wäre das doch wohl nicht.
Die zwei Teile dieses E-Books – »Homöopathie – die verkannte Medizin?« und »Moderne Erkenntnisse und Theorien« – gehen deshalb auf die vielfach hochaktuellen und faszinierenden Forschungsergebnisse zur Homöopathie ein. Damit soll sich der Leser letztendlich ein eigenes Bild darüber machen können, ob die Homöopathie – modernen Maßstäben gemäß – den Anforderungen einer wirksamen Therapieform Genüge tut oder nicht. Für den Skeptiker und Interessierten habe ich versucht, alles möglichst genau zu dokumentieren. Dies bietet die Gelegenheit, das im Buch Behauptete anhand von Quellen- und Literaturangaben zu überprüfen. Auf diese Weise sollte sich jederzeit ein eigener Standpunkt und eine eigene Meinung zum kontroversen Thema »Homöopathie« bilden lassen.
Für mich selbst waren Recherche und Beschäftigung mit dem wissenschaftlichen Material einerseits aufregend, andererseits aber auch ernüchternd. Ich halte mich durchaus für einen modernen, aufgeklärten Zeitgenossen, der davon überzeugt ist, das ständige »Wissen-Schaffen« und »Nach-Erklärungen-Suchen« unserer Wissenschaftler sei die Antwort auf ein zutiefst menschliches Bedürfnis, sich das Funktionieren und die Rätsel der Welt erklären zu wollen.
Der modernen Wissenschaft scheint es auf diese Weise gelungen zu sein, den Religionen Stein um Stein das Unerklärbare und daher Göttliche zu entreißen. Daher vertraut der aufgeklärte Geist heute im Allgemeinen der Wissenschaft, ja, man könnte fast sagen, er vertraut der Allwissenheit unserer modernen Gelehrten fast so blind, wie der Bürger früher an die Allmacht der Kirche und ihrer Vertreter glaubte. Somit wäre der Wissenschaftler zum modernen Priester emporgestiegen. In der Tat sprechen wir von den »Göttern in Weiß«, was nicht von ungefähr kommt, da Ärzte und Forscher in unserer modernen Gesellschaft oft einen mehr als halbgottähnlichen Status innehaben. Ähnlich wie früher der Bürger kaum etwas von dem Kirchenlatein verstand, so geht es dem Laien heutzutage mit Fachwissen und Fachjargon. Was bleibt ihm folglich anderes übrig, als den Adlaten in ihren weißen Laborkitteln zu vertrauen, dass sie es an seiner Statt schon wissen werden? Und in aller Regel schenkt er ihnen uneingeschränkt Glauben. Während es früher die Hohepriester waren, die wussten, was für ihre Mitmenschen gut und was schlecht war, so sind es heute die Vertreter der Wissenschaft. Wird im Englischen vielleicht deshalb von der »scientific community«, der »Wissenschaftsgemeinde«, gesprochen?
Im Unterschied zu dem scheinbar machtgierigen und willkürlichen Handeln der Religionsvertreter besteht dabei ein tiefes Vertrauen in den modernen Forscher als einen selbstlosen Sucher nach der Wahrheit, der zudem dem Beweisprinzip unterstellt ist. Alles Streben seines wissenschaftlichen Handelns gilt demnach der Suche nach neuen Erkenntnissen, die durch Fakten nachvollziehbar, beweisbar und überprüfbar sein sollten. Beim idealen Wissenschaftler, dessen »Lichtgestalt« sich tief in unser kollektives Unterbewusstsein eingebrannt hat, wird davon ausgegangen, dass er neugierig, aufgeschlossen, unvoreingenommen und von einem unbändigen Forscherdrang beseelt ist, dass er mit Teamgeist und Fair Play seinen Kollegen gegenübertritt und dass bei ihm über allem die Wahrheitssuche steht.
Ein Blick hinter die Kulissen enttäuscht jedoch schwer. Denn da werden einem plötzlich all die Milliardengeschäfte bewusst, die mit Forschungsergebnissen gemacht werden. Wissen stellt somit einen