Menschenkenntnis lehrte sie mich die Kunst der Beobachtung und der schonungslosen Analyse. Sie war es, die mir mein erstes Herbarium schenkte und mir eine Hausapotheke mit verschiedensten Heilpflanzen einrichtete.
Von nun an hatte ich meine eigene kleine Kinderapotheke. Dementsprechend schwankte mein Berufswunsch zwischen Förster, Lehrer und Apotheker. Später erkannte ich dann, dass die heilkundigen Frauen im Umfeld meiner Mutter Heilpraktikerinnen waren und sich genau in diesem Berufsfeld all die spannenden Fachgebiete meiner Traumberufe zu einer ganzheitlichen Berufung verknüpften. Diese Heilpraktikerinnen waren nicht nur Heilerinnen, sondern naturkundige Seelsorgerinnen und verfügten über eine tiefgründige Diagnosefähigkeit. Sie reduzierten den Menschen nicht auf seine Symptome, sondern betrachteten ihn als ein komplexes, ganzheitliches Seelenwesen, dessen Bedürfnisse tiefer reichen, als die Linderung körperlicher Leiden.
Getrieben von einer unstillbaren Neugier auf das Leben an sich, wurde ich Musik- und Kunstlehrer. Meine Heilpraktikerausbildung startete ich noch während meines zweiten Studienabschlusses – mit vierundzwanzig. Seit ich denken kann, wohnt mir ein Drang inne, den Menschen, die Spiritualität und die Natur in Einklang zu bringen. Wer die Natur als seinen Lehrer erkennt, versteht, wie selbstverständlich lebenslanges Lernen ist. Heilpflanzen, die Untersuchung des lebenden Blutes und spirituelle Lebensberatung sind heute die Schwerpunkte meiner Naturheilpraxis.
Nach meiner Ausbildung verließ ich mein Heimatdorf und gründetet auf dem Familiengrundstück meiner Großmutter und zugleich meinem Geburtsort eine Naturheilpraxis. Ich habe also meinen Lebensmittelpunkt vom Land in die Stadt verlegt.
Schon immer habe ich die Herausforderung geliebt, und so habe ich mir zum Ziel gesetzt, dem modernen Großstädter aufzuzeigen, dass die Natur vor der eigenen Haustür beginnt. Auch die Stadt bietet unzählige Möglichkeiten für ein grünes Leben im Rhythmus der Jahreszeiten. Ich habe mir um mein Haus herum einen großen Garten angelegt, der mich mit Obst, Gemüse und Kräutern versorgt. Er symbolisiert die Schöpferkraft, die in uns verborgen liegt und darauf wartet, Blüten treiben zu dürfen.
So viel zu meiner Geschichte. Aber was hat das alles nun mit Ihnen zu tun? Welchen Mehrwert können meine Erfahrungen und dieses Buch für Ihr Leben haben? Dieses Buch soll als Schnittstelle dienen, es soll Augen öffnen, Impulse geben und Ihnen bei der körperlichen und spirituellen Wiederentdeckung der Natur praktische Hilfestellung leisten. Die Natur ist der Schoß des Lebens. Sie ist der Ursprung und das Ziel aller Dinge. Sie hält alle Weisheiten bereit, die wir für ein glücklicheres Leben brauchen. Sie ist die stumme Zeugin einer unendlichen und uferlosen Schöpfung. Mutter Erde ist die Grundlage unserer Intuition, und wenn wir wieder lernen, ihr zu begegnen, so finden wir Ruhe und Stille und schöpfen daraus ungeahnte Kraft. Sie zeigt uns, dass das eigene Leben einer Bestimmung folgt. Diese Bestimmung ist ein kostbares Geschenk, das uns ein freies Leben, unabhängig von äußeren Erwartungen und Normen, ermöglicht.
Wir begegnen der Natur aber weder im Außen noch im Zerlegen und Analysieren ihrer einzelnen Bestandteile und Glieder. So wie der Geist eines Kunstwerks und die Individualität einer Person offenbaren sich die Schönheit und Weisheit unserer Mutter Erde erst in Würdigung und Berücksichtigung ihrer Ganzheitlichkeit.
Als Heilpraktiker und Lehrer ist die Natur und der ganzheitliche Blick auf die Welt meine tägliche Arbeit oder, anders ausgedrückt, meine persönliche Abenteuerreise, auf der ich staunend immer wieder aufs Neue lerne, wachse, zweifle, erkenne, hoffe, fühle, scheitere, verstehe und suche.
Ich möchte Ihnen den wunderschönen Beruf des Heilpraktikers näherbringen, seine Notwendigkeit in unserem Gesundheitssystem veranschaulichen und Ihnen Einblicke in mein ganz persönliches Leben als ganzheitlich arbeitender Heilpraktiker gewähren.
Das Hörbuch »Grüne Seelen«
Naturerleben ist für mich eine ganzheitliche Lebenserfahrung, die alle Sinne miteinschließt. Ich lade Sie dazu ein, die Weisheit der Natur auch in Form meines ganz persönlichen Hörbuchs zu entdecken. Mit viel Herzblut sind im Entstehungsprozess dieses Buches zahlreiche eigene Melodien, Lieder und Gedichte »auf die Welt gekommen«, die Sie im Hörbuchformat genießen können. Es wurde von mir selbst produziert, komponiert und vertont. Darüber hinaus kann der Soundtrack zum Hörbuch unter dem Künstlernamen »Summerchild« gestreamt und heruntergeladen werden. So haben Sie dieses schöne Buch immer auch als Reisebegleiter, als akustische Untermalung beim Spaziergang oder beim Meditieren dabei.
Die Natur ist eine hervorragende Medizin, und sie lässt uns an ihrer Leben spendenden Kraft teilhaben, wenn wir unseren Platz in dieser großen Schöpfung finden. In jedem von uns steckt das Potenzial, seine Urkraft zu entwickeln. Haben Sie den Mut, bestehende Glaubenssätze zu hinterfragen und neue Muster zu entwickeln! Entdecken Sie die Natur in sich!
Berufung – Eine Begegnung mit sich selbst
»Man muss an seine Berufung glauben
und alles daransetzen, sein Ziel zu erreichen.«
Marie Curie
Als soziale Wesen sind wir darauf angewiesen, dass wir schwingungsfähig sind und unseren Mitmenschen mit Empathie begegnen. Die goldene Regel der Christen: »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!« oder »Behandle andere so, wie du von ihnen behandelt werden willst!«, bringt es auf den Punkt.
Lebt man danach, eröffnet sich die wunderbare Möglichkeit, den anderen ohne die Verzerrungen der eigenen Ansprüche anzunehmen. Als Nächstenliebe ist helfendes Handeln für andere Menschen zu verstehen. »Liebe« bedeutet hier jede dem Gedeihen des Mitmenschen zugewandte uneigennützige Gefühls-, Willens- und Tatenhandlung. Der »Nächste« kann jeder Mensch sein, der uns begegnet, aber der Schlüssel zur Empathie liegt in einer gesunden Selbstliebe verborgen – in einer entwickelten, reflektierten und emotional anpassungsfähigen Persönlichkeit. Selbstliebe bedeutet somit nicht, dass man ein ungesundes Leben führen kann oder gar ein Leben, das ausschließlich auf den eigenen Vorteil hin ausgerichtet ist. Nein, Selbstliebe bedeutet, Verantwortung zu übernehmen!
Wir leben in einem System, das auf Konkurrenz, Leistung und Klassenspaltung basiert. Dass uns eine solche Form des Zusammenlebens auf Dauer krank und wenig glücklich macht, liegt auf der Hand. Wenn wir uns den Wald als Vorbild nehmen, dann stellen wir fest, dass der einzelne Baum in seiner gesamten Wachstumsphase die Bäume ringsum integriert und rücksichtsvoll achtet, anstatt sein Kronendach über alle Maßen auszubreiten. Er gesteht auch seinen Artgenossen einen Platz an der Sonne zu, denn er weiß instinktiv, dass er selbst und ebenso alle anderen nur in der Gemeinschaft stark sind. Ein einzelner Baum hält keinem großen Sturm stand, aber als Wald stützen sich die Bäume gegenseitig. Zum Gelingen eines gesunden Wachstums und eines fruchtbringenden Zusammenlebens gesellen sich Farne, Pilze, Insekten, Vögel und Tiere zu ihnen. Im steten Austausch spenden sie sich gegenseitig Nährstoffe, Wohnraum, speichern füreinander Wasser, Licht und Wärme, und selbst der Tod des Einzelnen wird zum Lebensraum und Geburtsmoment Tausender neuer Lebensformen.
Im Ökosystem Wald ist alles von einem tiefen Sinn durchdrungen. Auch wir Menschen müssen unserer individuellen, inneren Bestimmung folgen, um ganz im Sinne der Nächstenliebe andere Menschen an unseren Gaben teilhaben lassen zu können. All das setzt Großzügigkeit voraus! Großzügigkeit gegenüber unseren Mitmenschen und uns selbst. Wenn ich in meinem Leben reife Früchte ernten möchte und auf Chancen und Gerechtigkeit hoffe, so muss ich auch selbst fruchtbare Saat ausbringen.
In den Worten Pablo Picassos: »Der Sinn des Lebens besteht darin, deine Gabe zu finden. Der Zweck des Lebens ist, sie zu verschenken.«.
Großzügigkeit, Nächstenliebe und Individualität scheitern meist an der Missgunst und dem Neid des Einzelnen. Im Buch der Sprüche (14,30) steht geschrieben: »Ein gelassenes Herz bedeutet Leben für den Leib, doch Knochenfraß ist die Leidenschaft.«
Dieser Vers will uns sagen, dass uns die Orientierung am Außen, an Besitz, Prestige oder dem Erfolg anderer daran hindert, unserer eigenen Berufung zu folgen. Wenn uns Eifersucht, Gier oder Selbsthass zerfressen, lernen wir erst gar nicht, auf diesen zarten leisen Ruf in uns zu hören. Alles wird übertönt vom Frust und von der Anstrengung, es den anderen gleichzutun.
In Jakobus (4,1 – 2) heißt es: »Woher kommen Kriege