Thomas Wienhardt

Qualität in Pfarreien


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sollten sie dafür auch ausgebildet sein. Damit sie sich dann aber nicht in vielerlei verlieren, bedarf es der Mühe um eine geistliche Identität. Geschieht hier nicht eine Verortung des Engagements, werden Pfarrerinnen und Pfarrer den großen Spielraum ihrer Tätigkeit zufällig und beliebig füllen.“8

      Das kann zu einer Überforderung der Einzelnen führen.

      Die Situation ist noch ein Stück komplexer. So kommen z. B. die Laiengremien und deren Gestaltungspotential bzw. -qualität in den Blick, das an vielen Stellen nicht ausreichend erscheint:

      Kirche wird mehr als Struktur wahrgenommen, die v. a. verwaltet und zu wenig nah bei den Menschen ist. Dazu nochmals Papst Franziskus:

      „Außerdem müssen wir zugeben, dass, wenn ein Teil unserer Getauften die eigene Zugehörigkeit zur Kirche nicht empfindet, das auch manchen Strukturen und einem wenig aufnahmebereiten Klima in einigen unserer Pfarreien und Gemeinden zuzuschreiben ist oder einem bürokratischen Verhalten, mit dem auf die einfachen oder auch komplexen Probleme des Lebens unserer Völker geantwortet wird. Vielerorts besteht eine Vorherrschaft des administrativen Aspekts vor dem seelsorglichen sowie eine Sakramentalisierung ohne andere Formen der Evangelisierung.“ (EG 63)

      Das Ziel

      Für die Arbeit in den Pfarreien gibt viele Herausforderungen und Hürden. In dieser „stürmischen“ Zeit wäre es sehr wünschenswert, das eigene Tun besser einschätzen zu können und ggf. alternative Handlungsprioritäten genannt zu bekommen. Das eigene Tun braucht Orientierung.

      Es stellen sich also die folgenden Fragen: Was heißt wirkungsvolle Pfarreiarbeit? Kann man die Ergebnisse pastoralen Handelns erfassen und wenn ja, wie? Wie wird pastorales Handeln in der Pfarrei möglichst wirkungsvoll? Welche Kriterien gibt es, an denen sich Mitarbeitende orientieren können, um so die Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns abzuschätzen?

      Damit richtet sich der Blick auf die Wirkungen pastoralen Handelns und zugleich auf die Frage, was in der Pastoral verändert werden muss, damit diese Wirkungen möglichst positiv ausfallen. Es braucht eine Art Kompass, mit Hilfe dessen das eigene Tun Orientierung findet, ob man grundsätzlich auf dem richtigen Weg ist, auch wenn man vielleicht Umwege gehen muss oder sich die erhofften Wirkungen momentan nicht einstellen. Manche Ursachen, die gesellschaftlich bedingt sind, wie z. B. die demographische Entwicklung, können gar nicht beeinflusst werden, wohl aber die Qualität des eigenen Tuns. So gehen im Falle der jugendpastoral die Zahlen insgesamt zurück, was z. T. am demographischen Effekt liegt. Aber eine andere Ursache kann u. U. in der Qualität pastoralen Handelns zu finden sein. Diese Ursache müsste dann dringend bearbeitet werden. Aber dazu braucht es dann Qualitätskriterien, die deutlich machen, welcher Handlungsansatz hilfreich ist und daher verfolgt werden sollte.

      Es braucht also ein Herangehen, das die Wirkungen pastoralen Handelns greifbar macht und zugleich darüber informiert, welches Tun mit welchen Wirkungen in Verbindung steht und daher auch gefördert werden müsste. Gerade die Frage nach den relevanten Wirkungen erscheint schwierig: Welche Wirkungen sollten in den Blick genommen werden? Sind es die Kirchgängerzahlen? Oder sollte man sich an Austritten oder Eintritten orientieren? Müsste man nicht eigentlich den inneren Glauben der Menschen irgendwie eruieren? Ist es überhaupt möglich, Wirkungen kirchlichen Tuns zu erfassen? Erst wenn die Frage geklärt ist, ob und wie Wirkungen in der Pastoral fassbar sind, kann auch darüber gesprochen werden, was Handlungsempfehlungen sein können.

      Insbesondere für die Gestalter der Pastoral wäre es hilfreich zu wissen, wo man ansetzen müsste, damit Pastoral vor Ort möglichst wirksam ist. Eine spannende, aber zugleich schwierig zu erhaltende Information. Denn nach der Frage, ob „Erfolg“ überhaupt erfassbar ist, stellt sich gleich die Frage, wie das genau gehen könnte. Dazu ist bisher wenig spezialisierte Forschung vorhanden. Diese Arbeit möchte daher eine „Schneise schlagen“, die für nachfolgende Diskussionen eine Orientierung sein kann. Das Ziel der nachfolgend beschriebenen Forschungsarbeit ist es also, die Wirkungen der Pastoral und das Handeln in der Pastoral systematisch greifbar zu machen und miteinander so zu verknüpfen, dass die Handelnden für ihr Tun Kriterien und damit Orientierung erhalten.

       Das Vorgehen

      Im Hauptteil dieser Arbeit werden die drei folgenden Fragen gestellt und beantwortet:

      1. Welche Wirkungskriterien und Handlungsansätze können ausgemacht werden? Dazu wird auf lehramtliche und pastoraltheologische Veröffentlichungen zurückgegriffen, ergänzt durch die Sichtweisen von 18 Interviewpartnern.

      3. Welche Qualitätskriterien zeigen sich somit für die Arbeit in den Pfarreien? Am Ende der Arbeit werden Handlungskriterien benannt, die für die Gestaltung der Pastoral vor Ort von Nutzen sind.

      Bevor allerdings auf Wirkungs- und Handlungskriterien geschaut werden kann, muss in einem Grundlagen-Teil (Kapitel 1) zunächst die Voraussetzung kirchlichen Handelns betrachtet werden. Was macht Kirche aus? Was ist ihr Selbstverständnis? Was ist ihr Auftrag? Das ist unbedingte Voraussetzung, um auf Wirkungsweisen und in der Folge auf Handlungskriterien zu blicken.

      Die Vorgehensweise der nachfolgenden Teile benötigt einen methodischen Rückgriff auf ein vorhandenes Instrument, um die Fragestellungen systematisch und belastbar begründet auszurichten. Es wird auf das Instrument der Qualitätsentwicklung zurückgegriffen, so wie es im sogenannten „Total Quality Management“ (TQM) mit dem Modell der European Foundation for Quality Management (EFQM) entwickelt wurde. Allerdings ist dieses Instrument ursprünglich für Unternehmen entwickelt worden. Das stellt eine gewisse Hürde dar. Einerseits muss geklärt werden, inwieweit es überhaupt im kirchlichen Kontext angewandt werden kann. Das geschieht in einem eigenen Teil vor dem eigentlichen Hauptteil. Andererseits kann das Instrument nicht „eins zu eins“ angewandt werden, sondern es braucht eine Übertragung auf den pastoralen Kontext. D. h., das Instrument dient zunächst einer systematischen Sortierung, die inhaltliche Füllung muss aber letztlich für den gedachten Anwendungskontext erst noch vorgenommen werden (vgl. Kapitel 5) - und zwar gemäß des Auftrags, den Kirche wahrnimmt. Der Auftrag modifiziert die Anwendbarkeit.

      In Kapitel 2 wird zunächst auf die Analyse der Situation geschaut. Dieses Teilkapitel dient einem zweifachen Zweck. Einerseits wird damit nochmals deutlich, wo momentan Orientierungsbedarf besteht. Es stellt also eine knappe Situationsanalyse im Überblick dar. Andererseits geht es hier v. a. um die Wirkungskriterien, die dort Anwendung finden. Denn eine Situationsanalyse beinhaltet auch Wirkungskriterien, die die Situation beurteilbar machen. Es schließt sich der Blick in die Literatur an. Sowohl lehramtliche wie auch pastoraltheologische Literatur und angrenzende Ansätze werden befragt, welche Handlungsleitlinien empfohlen und welche Wirkkriterien angegeben werden. Es folgt der Blick in die Gedankenwelt der mit der Pfarreiarbeit Verwobenen. In Interviews geben die Pastoralpraktiker ihre Verständnisse, Herangehensweisen und damit impliziten Ansätze wieder.

      All das fließt in einen Fragebogen ein, der in Pfarreien vor Ort zum Einsatz kam. Auf diese Weise konnte eine Gruppe gut wirkender Pfarrgemeinden identifiziert