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Arme Kirche - Kirche für die Armen: ein Widerspruch?


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werden kann.

      Persönliche Einfachheit und Großzügigkeit den Armen gegenüber anstelle von Prunk scheint er auch von anderen zu erwarten, wie sein Umgang mit dem Fall des Limburger Bischofs Tebartz-van Elst zeigte: Franziskus beurlaubte ihn und verordnete ihm Abstand zu seiner Diözese, bis die Untersuchungskommission die Fakten aufbereitet hat – nicht gerade ein Vertrauens- und Gunstbeweis.

      Aber sonst? Weder ‚versilbert‘ er die Reichtümer der Vatikanischen Museen noch hat er die skandalträchtige Vatikanbank aufgelöst, die im Jahr 2012 laut ihrem ersten Geschäftsbericht fast 87 Millionen Euro erwirtschaftet und damit ihren Gewinn vervierfacht hat. Stattdessen will er die unter seinem Vorgänger Benedikt XVI. begonnenen Reformen der Bank durch die Berufung einer siebenköpfigen, kompetent besetzten Expertenkommission beschleunigen und absichern. Erste Früchte sind Abkommen des Vatikanstaates mit anderen Ländern zur Zusammenarbeit bei Geldwäsche, darunter am 4. Dezember 2013 mit Deutschland. Eine weitere Kommission soll sich mit den vatikanischen Finanzen insgesamt befassen, diese sind auch Thema in der achtköpfigen Kardinalskommission, die den Papst bei der Kurienreform beraten sollen. Ein Mitglied der letzteren ließ inzwischen durchsickern, es könne zur Bündelung der vatikanischen Finanzgeschäfte in einer Art Finanzministerium kommen – vermutlich ein Transparenzgewinn zum Jetztzustand, wo die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Vatikans auf mehrere Behörden verteilt sind.

      All dies legt zwei mögliche Schlussfolgerungen nahe: Entweder geht es Papst Franziskus doch eher um einen Appell an das persönliche Verhalten sowie die Vermeidung von Exzessen als um die ganz radikale Kirchenreform hin zu einer materiell armen Kirche. Oder die Frage ist auch aus seiner Sicht zu komplex und zu kompliziert, als dass sie mit päpstlicher Autorität für die gesamte Weltkirche geklärt und beantwortet werden kann.

      Damit gilt unverändert: Eine Antwort auf den Ausruf von Papst Franziskus und entsprechend auf die Frage dieses Buchs, wie nämlich der Wunsch nach einer „armen Kirche“ mit einer „Kirche für die Armen“ zusammenpasst, ist alles andere als einfach zu finden.

       Die Antwortgeber

      Aus diesem Grund möchten wir diese schwierige Frage an eine Reihe von Personen weitergeben und sie bitten, uns Kriterien zur Beantwortung der Leitfrage dieses Buchs zu geben.

      –Eine erste Gruppe von Autoren kennen wir aus unserer Arbeit in Deutschland. Darunter befinden sich Katholiken und Protestanten, glaubende und nicht glaubende Menschen, Akademiker, Mandatsund Verantwortungsträger in Kirche, Politik, Unternehmen, Medien und Verbänden sowie Engagierte in Vereinen und Nichtregierungsorganisationen.

      –Eine zweite Gruppe sind Menschen, die sowohl in Deutschland als auch armen Ländern leben und die die Frage dieses Buchs mit dem Blick auf die Lebensrealität beider Kontexte beantworten können.

      –Eine dritte Gruppe sind die Armen selbst: Allzu viel wird über sie geschrieben – wir wollten auch sie selbst im O-Ton zu Wort kommen lassen, aus Deutschland, Madagaskar, Venezuela und Sambia.

      –Eine vierte Gruppe haben wir schließlich aus der Gruppe unserer Projektpartner in den armen Ländern ausgesucht, Jesuiten also, die dort verantwortliche Positionen bekleiden oder mit armen Menschen direkt zusammenleben und -arbeiten – zum Teil unter Einsatz und Gefährdung ihres eigenen Lebens, wie etwa die Patres D’Souza oder Yesumarian.

      Dabei kamen natürlich auch Antworten, die mit den Meinungen und Einstellungen der Herausgeber nicht übereinstimmen und von ihnen nicht geteilt werden. Diese Beiträge haben wir dennoch in das Buch aufgenommen, da sie das Spektrum vertretbarer und de facto vertretener Positionen repräsentieren, und wir gehen davon aus, dass sich die Leserinnen und Leser angesichts dieses Spektrums ihre eigene Meinung besser und differenzierter bilden können.

      Da die deutsche Kirche eine der reichsten Ortskirchen der Welt ist, haben wir uns schließlich gedacht, dass unsere Fragestellung und die Antworten darauf nicht nur uns, sondern auch viele andere in Deutschland interessieren könnten. Aus diesem Grund geben wir dieses Buch heraus. Wir wünschen Ihnen viel Spaß und Freude beim Lesen sowie viele interessante Einblicke und Einsichten.

       Jörg Alt

       Lesehinweise

      Zunächst ein Wort zur Auswahl der Beitragenden zu diesem Buch: Man mag sich fragen, warum wir eher diese statt jene AutorInnen gebeten haben, einen Beitrag zum Buch beizusteuern. Dies liegt vor allem daran, dass wir diesen Personen oder ihrer Arbeit und den damit verbundenen Positionen im Laufe unseres Lebens begegnet sind und den Eindruck hatten, dass diese einen interessanten Aspekt, eine interessante Perspektive zu diesem Thema beisteuern können. Die Auswahl ist also sehr subjektiv und beansprucht keine darüber hinausgehende objektive Bedeutung.

      Zweitens ein Hinweis an jene Leser, denen diese oder jene Beiträge zu grundsätzlich und unkonkret, andere zu detailliert, zu einseitig, zu pointiert, zu (un)ausgewogen, zu politisch unkorrekt, nicht ‚gegendert‘ usw. sind. Zunächst hatten alle Beitragende eine strenge Vorgabe hinsichtlich des Umfangs, den der Beitrag haben durfte. Wurde dieser Umfang überschritten, wurde gnadenlos gekürzt. Dies engt Gestaltungsspielräume sehr ein. Bei der herausgeberischen Bearbeitung war es sodann das Ziel, individuelle Schreibstile möglichst wenig zu verändern, um dadurch zugleich das Individuelle der Sichtweisen verstärkt deutlich werden zu lassen. Deshalb die Bandbreite zwischen poetischem und polemischem, lehrhaftem und tagebuchartigem usw. Stil. Und: Es wurde versucht, aus Beiträgen das zu entfernen, was an anderer Stelle des Buchs bereits besser/ausführlicher/thematisch passender behandelt wurde. Anders gesagt: Insgesamt wurde versucht, charakteristische Sicht-, Schreib- und Argumentationsweisen ebenso herauszuarbeiten wie spezifisch-profilierende Themen, um dabei zugleich ermüdende Doppelungen und Wiederholungen zu vermeiden. Der kritische Leser kann also davon ausgehen, dass die Beiträge in aller Regel differenzierter und ausgewogener waren, als sie es nach der herausgeberischen Arbeit geblieben sind. Daraus folgt die Bitte, keinen Beitrag isoliert zu sehen, sondern zusammen mit allen anderen als je einen Repräsentanten eines breiten Spektrums von Sichtweisen, die eines vereint: den kritisch-nachdenklichen Blick auf das Thema des Buches.

      Noch zwei Hinweise für alle, die bestimmte Zitate oder deren Kontext nachlesen wollen:

      –Für die Beschlüsse des Zweiten Vatikanischen Konzils sowie Reden und Enzykliken der Päpste, auf die in diesem Buch Bezug genommen werden, empfehle ich die Website des Vatikans mit den deutschsprachigen Verzeichnissen: http://www.vatican.va/archive/hist_councils/ii_vatican_ council/index_ge.htm sowie http://www.vatican.va/holy_ father/index_ge.htm

      –Bibelzitate erfolgen nach der Einheitsübersetzung, Texte können (im Kontext) nachgelesen werden auf http://www.bibleserver.com/index.php

Einführung

       Adolfo Nicolas

       Geistliche Einführung – Den Armen ihren Platz in der Kirche zurückgeben

       Adolfo Nicolas SJ ist Generaloberer der Jesuiten 2

      Papst Franziskus hat vom Anfang seines Pontifikats auf einen Schwerpunkt gesetzt: die Armen. Es vergeht kaum ein Tag, an dem er nicht über die Armen und über Armut spricht, Zeichen der Einfachheit setzt, die Gewissen der Menschen aufrüttelt, um die Herzen den Armen und der Armut zu öffnen. Er scheut sich nicht, sichtbare Zeichen zu setzen, die nicht unbeachtet bleiben können, wie sein Besuch auf der Insel Lampedusa am 8. Juli 2013. Lampedusa ist zum Symbol für die Migrationsproblematik, zum Symbol für den tragischen Tod vieler im Mittelmeer geworden, die dem Elend und der materiellen Not entfliehen wollen. Lampedusa ist auch zur Chiffre für ein Europa geworden, das mit der