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Wie betest du?


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Gebete sind mir besonders lieb. Das Einfachste: »Jesus Christus«. Beim Einatmen: Jesus, beim Ausatmen: Christus. Oder das »Anima Christi«, weil es das Lieblingsgebet von Ignatius war: »Leib Christi, rette mich – Cuerpo de Cristo, sálvame.« Oder die Psalmen mit ihren Stimmungen, die meine sein können. Oder der Rosenkranz, der für mich ein Leben-Jesu-Gebet ist. Den kann ich auch gehend beten. Wiederholungen sind mir wichtig. Sie beruhigen. Ich spreche gern zum Gekreuzigten. Dass er antwortet, laut zu mir spricht, wie bei Don Camillo, das war mein Kindheitstraum.

      Je einfacher ich bete, desto ruhiger werde ich. Wenn ich abschweife, Tagträumen nachhänge, mich verzettle, imaginäre Streitgespräche führe, dann merke ich, dass ich nicht sauber begonnen habe. Ich kehre zum Vorbereitungsgebet zurück: »Herr, du allein weißt …«. Und ich bin wieder bei mir – und bei Jesus, meinem Freund.

       Andreas Batlogg SJ, München, geb. 1962

       Alltäglich beten

      Beten ist etwas Unkompliziertes, eben etwas Alltägliches. Am liebsten setze ich mich gleich am Morgen auf mein Meditationskissen, da ist die Seele noch nicht zugemüllt. Ein Lieblingseinstieg ist es, die Engel aller Menschen, der mir nahen und der fernen, um mich zu versammeln und sie loszuschicken. Und das »Seele Christi, heilige mich …« hilft mir anzukommen.

      Die Nacht legt ganz von selbst ihren schützenden Mantel ab und das Bombenattentat aus den gestrigen Nachrichten oder die Flüchtlinge oder eigenes Versagen taucht auf. Im Hintergrund pocht es: »Und wo bleibt nun dein Gott?« (Ps 42). Ich taste innerlich das Bedrängende ab wie mit einem Laserstrahl: Wo bleibt nun dein Gott? Irgendwo bleibe ich hängen. Ein erlösendes Wort taucht auf, ein Gedanke, vielleicht aus der Bibel: So ist es gut, so stimmt es. Ich merke es ganz einfach am Aufatmen: Gott sei Dank! Dann braucht es gar nichts anderes mehr, als dabei zu verweilen. Natürlich ist das nicht ein Funktionieren. Oft genug muss ich Verwirrung oder Schmerz einfach aushalten, wie das halt immer so ist. Umso mehr Dankbarkeit ist da, wenn wieder etwas durchsichtiger geworden ist.

      Das heißt nun nicht, dass ich groß eine Vorstellung von Gott habe. Es ist eher wie den tragenden Boden zu spüren und die Freude darüber, es zu spüren. So fühlt sich halt für mich Gott an und sein Wirken, der Hl. Geist. Der auferstandene Herr ist eher da wie ein Mantel, der sich über die Welt breitet. Paulus nennt das wohl Leib Christi.

      Beten ist für mich kein durchstrukturierter Vorgang. Ich horche einfach. Mal kommt dies: »Du hast mich erforscht und du kennst mich!« (Ps 139). Wie der Tag ist, so alltäglich ist das Beten. Und so verwebt es sich ganz von selbst immer mehr in den Tag hinein und wird zum »allezeit sollt ihr beten«.

       Alois Berger SJ, München, geb. 1935

       Der Mensch wird des Weges geführt, den er wählt

      Die Geschichte meines Gebetslebens ist untrennbar verbunden mit meiner Kindheit und Jugend in einer Diktatur, die Freiheit nur als das Sich-Entscheiden für eine bestimmte politische Meinung verstand, die in der DDR zudem streng vorgegeben war. Somit ist es nicht verwunderlich, dass ich die katholische Gemeinde der Franziskaner in Halle/Saale als einen Raum der Freiheit und Geborgenheit in einem atheistischen, religiösen Glauben ablehnenden Umfeld erlebt habe. Besonders das aktive Mittun und Übernehmen von Verantwortung als Ministrant und Lektor in den vielen und vor allem auch feierlichen Gottesdiensten und die damit verbundene Gruppenzugehörigkeit waren wichtig, aber auch das Erleben von jugendlicher Gemeinschaft der freitäglichen Jugendmesse mit anschließendem Treffen zum Austausch. Prägend für mich war das Erleben sehr unterschiedlicher Franziskaner in der Pfarrei, die dort in Gemeinschaft lebten. Sie legten den Grund für ein Selbstverständnis in meiner heute sehr freiheitlichen Beziehung mit Gott. Im 1987 in Erfurt begonnenen Studium der Theologie bekam ich ein geistliches Lesebuch in die Hand, dessen Titel mich seitdem begleitet und mir immer wieder in den Sinn kommt. »Der Mensch wird des Weges geführt, den er wählt« (Johannes Bours).

      Ich wähle, ich entscheide, ich bin frei! Das war in der Diktatur eine meiner tiefsten Sehnsüchte, die äußerlich nur sehr begrenzt erfahrbar, faktisch nur innerlich erfüllbar war. Dort aber habe ich eine Form der Freiheit erfahren, die ich als geschenkt erlebt habe und die sich von äußerer Bewegungs- und Wahlfreiheit unterscheidet, für die ich unendlich dankbar bin. Mein Beten war – und ist es auch heute – oft ein Zwiegespräch mit Jesus Christus, wo ich sehr oft das Gefühl hatte, er antwortet, schenkt mir fühlbaren inneren Frieden, den ich oft ohne erkennbare Ursache spüren durfte. Manchmal waren es nur wenige Augenblicke. Für mich war diese Form, Ihn zu spüren, eine Realität, die zu einem Schatz wurde, tief in meinem Inneren, und mich gestärkt hat, einem politischen System zu widerstehen, das ich von Herzen abgelehnt habe. Und wenn es nur die Kraft war, einem Vorgesetzten ins Gesicht zu sagen, katholisch und aktiv in der Kirche zu sein. Die Konsequenzen solcher Äußerungen waren nicht absehbar. Nun kann ich sagen, ich hatte einfach Glück, aber das genügt nicht.

      Durch diese Beziehung mit Jesus Christus erlebe ich bis heute dieses Glück als Führung. Ich glaube, dass ich mich in bewusstem Wählen und Entscheiden von Ihm geführt und gehalten weiß. Heute bin ich Jesuit. Mich fasziniert der hl. Ignatius von Loyola mit seiner Art der Gottsuche und -erfahrung, seiner Art zu unterscheiden, was hilfreich für mein Leben ist und was mich vom guten Weg abbringt. Diese aktive Spiritualität, die mich in eine große Freiheit setzt, beflügelt mein Leben und gibt mir Kraft, so manches Schwierige im Leben zu meistern. Mein Beten sieht also oft so aus, dass ich im Zwiegespräch mit dem Herrn zu einer Entscheidung komme und mich, durch den Glauben, von Ihm geführt zu wissen, zu Lebensentscheidungen stehen kann, auch wenn es oft genug schwer ist.

       Michael Beschorner SJ, Dresden, geb. 1963

       Ihn suchen und finden

      Ich kann nicht gut beten. Aber ich ahne oder weiß, dass ein Beten etwas zu tun haben soll mit meinem Leib, den ich überallhin mitnehme. Ich »weiß«, dass der heilige Gott in allen geschaffenen Dingen gegenwärtig ist, ich weiß auch, dass ich ihn auf Menschen hin »ausatmen« soll, begreife natürlich auch, dass ich ihn vorher »einatmen« muss. Täglich und stündlich teilt er sich mir ja mit: nicht nur in der Bibel (dem Wort Gottes) kann ich ihm begegnen, sondern in allen Menschen und Dingen. In jedem Augenblick ist er da – immer neu, immer anders, immer unauslotbar.

      Wie bete ich? Natürlich bete ich die Psalmen, sehr gerne sogar. Natürlich freue ich mich auf die tägliche Eucharistie. Aber mein »Gott-finden« ist nicht darauf beschränkt, was mir die Kirche aus ihrem reichen Gebetsschatz an die Hand gibt. Ich versuche aus der beglückenden Wirklichkeit zu beten und zu leben, dass Gott »der immer Größere« ist. – Ich versuche es; können aber tue ich es noch längst nicht.

      Manchmal kommt mir das anmaßend und eingebildet vor. Dann sage ich einfach zehnmal oder zwanzigmal »Heiliger Geist, bete du in mir«. Oder einfach: »Lass mich dich erfahren in allem, was heute ›ist‹«. Oder: »Jesus, sei mir Jesus«.

      Manchmal ist mir aber auch das Wenige, das ich da stottere, schon zu viel. Dann erinnere ich mich an den stillen Kapellenraum in unserem Haus (ganz in der Nähe), setze mich dort still in eine Ecke und versuche nur zu hören. Er spricht ohne Worte. Aber ihn zu hören ist schwierig, weil ich, weil wir, meistens zu laut sind. Er spricht ja auch dann, wenn er nichts sagt. Daran glaube ich.

      Bisweilen hilft es mir, mich an die großen Heiligen und ihre Liebe Gott gegenüber zu erinnern: an Petrus und Paulus, Franziskus, Ignatius, an Edith Stein oder an Friedrich Spee und seine wunderbaren Lieder. Dann genügt mir oft eine »gestotterte« Strophe.

      Es gibt (geformte) Gebete, die ich wirklich hundertmal wiederholen kann, ohne sie sattzuhaben, ohne sie je sattzubekommen (z.B. vom Lied »Ich steh’ an deiner Krippen hier« die 1., 2. oder 4. Strophe). Man muss sie auswendig können: Hier schmecke ich etwas vom tiefsten Geheimnis der Liebe Gottes.

      Ich kann nicht gut beten. Aber ich glaube, dass Er mir wirklich nahe ist und