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Ollarzried angesichts des drohenden Verlustes des letzten Dorfgasthofs ein gesamtdörflicher Förderverein begründet, der schließlich den Gasthof rettete.

      f) Jugendliche für die Region gewinnen (um deren Abwanderung entgegenzuwirken)

      Die Jugendlichen sind das wichtigste Potential der Region. Der Abwanderung von (meist gut ausgebildeten) Jugendlichen in Großstädte und Ballungsgebiete entgegenzuwirken, muss ein wichtiges Handlungsfeld sein. Das Gegensteuern sollte breit und vielschichtig angelegt sein:

      – In Jugendforen oder Jugendparlamenten werden die Interessen von Jugendlichen deutlich gemacht und Aktivitäten ausgelöst sowie die Identifikation mit Ort und Gemeinde gestärkt.

      – Vereine und andere Gruppierungen, in denen ein Großteil der Jugendlichen ausgebildet und betreut wird, werden gestärkt: Sie dienen der längerfristigen Bindung an die Region.

      – Preisgünstiges Bauland für junge bauwillige Ehepaare wird bereitgestellt, wenn möglich durch Umnutzung in Ortskernen.

      – Es gilt, Umwelt-, Erholungs- und Freizeitwerte der Kultur- und Naturlandschaft als weiche Standortfaktoren weiterzuentwickeln.

      – Maßnahmen zur Aus- und Weiterbildung und zur Nutzung angewandter Forschung müssen unterstützt werden.

      – Den Jugendlichen muss durch Imagekampagnen klargemacht werden, dass die Region die Jugend braucht!

      Ein Musterbeispiel bietet die kleine Gemeinde Ummendorf in der Magdeburger Börde mit etwa 1100 Einwohnern. Hier bietet der Bürgermeister Falke (der auch in Schloss Neuhaus vorgetragen hat) jeden Dienstag um 17 Uhr eine Sprechstunde für Jugendliche an, an der im Durchschnitt 20 bis 30 Jugendliche von 14 bis 18 Jahren teilnehmen. Die Jugendlichen tragen ihre konkreten Wünsche vor, und sie erfahren viel Entgegenkommen des Bürgermeisters. Sie verpflichten sich aber auch zu Hilfestellungen für die Gemeinde, z. B. durch Pflege der zwei Bushaltestellen des Dorfes!

      g) Integration von Aussiedlern und anderen Zugewanderten

      In unseren Dörfern und Kleinstädten lebt heute ein teilweise sehr hoher Anteil an Aussiedlern, z. T. bis zu 30 Prozent der Bewohner. Die Bilanz der Integration fällt sicher zwiespältig aus: Einerseits haben es viele, wenn nicht die meisten, aus ihrer persönlichen Sicht „geschafft“, d. h., sie haben einen Arbeitsplatz und oft auch Eigentum erworben, sind fleißig, haben große Familien, d. h. auch viele Kinder und Jugendliche. Aber es gibt ohne Zweifel noch Integrationsdefizite zur alteingesessenen Bevölkerung. Offenkundig sind z. B. Defizite in der Mitarbeit in Vereinen und der Kommunalpolitik, obwohl gerade in den Vereinen viele Versuche unternommen worden sind. Vielleicht sind die eben genannten „Vereine zur Förderung der Dorfgemeinschaft“ am ehesten in der Lage, gegenseitige Schwellen und Ängste abzubauen. Auch aus Eigennutz sollten die Bemühungen nicht nachlassen. Man sollte aber nicht nur die steigenden sozialen Kosten einer fehlenden Integration sehen. Man sollte vielmehr erkennen, dass hier ein großes Humankapital vorhanden ist, das dem Dorfleben zugute kommen könnte. Ein Blick auf die Nachkriegsjahre zeigt an, dass vielerorts gut integrierte Vertriebene wesentlich zur Bereicherung des Dorflebens beigetragen haben.

      h) Vielfalt und Identität unserer Kultur- und Naturlandschaften erhalten und entwickeln

      So lautet eines der neuen „Leitbilder und Handlungsstrategien für die Raumentwicklung in Deutschland“ von 2006. Da praktisch alle ländlichen Regionen in Deutschland über bedeutende und vielfältige Kulturlandschaften verfügen, sollten sie sich dieses Leitbild des Bundes unbedingt zu eigen machen. Wertvolle und gepflegte Kulturlandschaften gehören zu den sogenannten weichen Standortfaktoren, die sowohl für die Wirtschaft als auch für die Zufriedenheit und Identität der Bewohner von großer Bedeutung sind. Im Einzelnen geht es um

      – die Pflege des kulturellen Erbes, Brauchtum, Sprache, Ortsbildpflege,

      – die Sicherung der landschaftlichen Unterschiede,

      – die Sicherung der vorhandenen Ökosysteme und ihrer Funktionsfähigkeit.

      Angestrebt wird ein harmonisches Nebeneinander der unterschiedlichen Landschaftstypen, bei dem die ökologischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Funktionen dauerhaft erhalten bleiben. Die jeweilige Kulturlandschaft sollte als weicher Standortfaktor in die regionalen Entwicklungskonzepte zur Stabilisierung ländlicher und stadtnaher Räume integriert werden. Es wird angeregt, für jede ländliche Region konkrete Leitbilder für die dort vorhandenen unterschiedlichen Kulturlandschaften zu entwickeln, an denen man sich dann in der Zukunft orientieren kann.

      i) Kommunalpolitik wird als „aktivierender Staat“ zum ständigen Moderator und Impulsgeber der Bürgerkommune

      Als ein roter Faden aus den bisherigen Handlungsfeldern zeichnete sich bereits ab, dass der Kommunalpolitik eine entscheidende (neue) Rolle in der sich entwickelnden Bürgerkommune zukommen wird. Deswegen kann ich mich nun hier etwas kürzer fassen. Die in Abb. 3 gezeigte Übersicht zeigt den langen Weg vom Leitbild „Papa Staat“ mit dem Bürger als Untertan über das Leitbild „Unternehmer Staat“ mit dem Bürger als Kunde hin zum heutigen bzw. zukünftigen Leitbild „Aktivierender Staat“ mit dem Bürger als Partner.

      Mit den Begriffen „Bürgerkommune“ und „Aktive Bürgergesellschaft“ wird zum Ausdruck gebracht, dass im Wesentlichen aktive Bürger das Gemeindeleben tragen und prägen. Generell sind Bürgermeister, Rat, Verwaltung und Bürger gleichgewichtige Partner, zwischen denen ein ständiges Geben und Nehmen stattfindet. Daraus resultieren sowohl für Bürgermeister und Gemeinderäte als auch für die Kommunalverwaltung innovative Vorgehensweisen und Einstellungen. Unter anderem wird es die folgenden Handlungsfelder geben:

       Abb. 3: Der Wandel zur Bürgerkommune (NGO = Nichtgemeindeorganisationen)

      – Die Kommunalpolitik muss die sich entwickelnde Bürgerkommune aktivieren, unterstützen und moderieren.

      – Die Eigenverantwortung und Kooperationsbereitschaft lokaler Akteure und Gruppen muß durch Intensivierung von Informationsvermittlung, durch ständigen Dialog und Partizipation gefördert werden.

      – Innerkommunale Netzwerke müssen ausgebaut und gepflegt werden.

      j) Regionalen Zusammenhalt stärken

      Durch vielfache Mobilitäten und ständigen Austausch von Waren und Dienstleistungen sind Regionen heute mehr denn je das Handlungsfeld der meisten Bürger. Regionen sind Verantwortungsgemeinschaften zwischen Stadt und Land. Auch im Bewusstsein der Bevölkerung ist die Region inzwischen verankert, z. B. das Bördenland, das Emsland, das Paderborner Land. Deswegen ist es auch sinnvoll, Regionen als Markenzeichen zu benutzen und Slogans sowie Bildzeichen für die Imagegestaltung und Außendarstellung zu entwerfen.

      Die Stärkung des regionalen Zusammenhalts ist insgesamt eine Aufgabenstellung für alle politischen, ökonomischen und kulturellen Kräfte der Region. Sie dient dem regionalen Selbstbewusstsein und strahlt und wirbt nach außen.

      Ausblick

      Wie unsere Dörfer und Kleinstädte in 10, 20, 30 oder gar 50 Jahren aussehen werden, vermag niemand zu sagen. Werden diejenigen am besten dastehen, die am meisten von den angeführten 10 Punkten verwirklicht haben? Der Blick in die Vergangenheit zeigt, dass es neben den sich wandelnden Rahmenbedingungen immer auch auf die handelnden Menschen, die Bürgermeister, die Ortsvorsteher, die Gemeinderäte, die Vereinsvorstände usw. angekommen ist, die darüber entschieden haben, ob ein Ort stagniert oder wächst, wie ein Dorf kulturell und ökonomisch heute dasteht. Und so wird es auch in Zukunft sein. Deshalb wird es auf Sie alle ankommen, die Bürger und Politiker vor Ort. Vertrauen Sie nicht zu viel auf auswärtige Kräfte,