unterrichteten am MIT, als ich 1952 dort zum ersten Mal an einem Seminar teilnahm, und sie wurden meine Mentoren, als ich 1956 als Assistant Professor dorthin zurückkehrte. Dick Beckhard traf ich 1957 und begann eng mit ihm zusammen zu arbeiten, zuerst in Bethel und dann am MIT, als er dort Adjunct Professor wurde. Warren Bennis schloss sich 1958 unserer Gruppe am MIT an und wurde ebenfalls ein nahe stehender Kollege und Mitautor. Die mir wichtigste Lektion dieser Kollegen und Mentoren: Im Umgang mit Menschen ist es am besten nicht zu diktieren, sondern dabei zu helfen die eigenen Bedürfnisse zu entdecken, um dann einem Lotsen gleich den Weg dorthin hilfreich zu begleiten. Man kann nicht wirklich in der Lage sein, die Motive, Haltungen und Gedanken der Menschen zu kontrollieren; aber wenn man ihnen dabei helfen kann, ihre Bedürfnisse zu erkennen, muss man wenigstens die eigenen Bedürfnisse nicht zurückstellen und kann sie vielleicht sogar mit denen der anderen integrieren.
Eine Anekdote über Axel Bavelas ist mir immer im Kopf geblieben. Als er in den frühen 50er Jahren am MIT lehrte, soll er zu Beginn eines Seminars in der ersten Sitzung angekündigt haben: »Ich bin Axel Bavelas und mein Büro liegt dort hinten. Wenn Sie herausbekommen haben, was Sie in diesem Seminar lernen wollen, können Sie zu mir kommen.« Er verließ dann den Raum und kam solange nicht zurück, bis die Studenten ihn darum baten. Nachdem sie ihn einige Zeit »getestet« hatten, merkten die Studenten, dass es ihm ernst war; sie erarbeiteten sich ihre Interessen und Wünsche und profitierten den Rest des Semesters von einem sensationellen Seminar. Ich war immer der Meinung, dass diese Geschichte paradigmatisch für eine Überzeugung ist, die auf Kurt Lewin und Carl Rogers zurückgeht: Der Lernende muss immer selbst aktiv beteiligt sein am eigenen Lernen – und schlussendlich kann man den Leuten nur helfen, sich selbst zu helfen. Der Grundgedanke dieser Philosophie hat mich immer bei meiner Arbeit als Organisationsberater begleitet, und ich schulde besonders Dick Beckhard Dank dafür, dass er mir häufig gezeigt hat, wie man diesen Gedanken in die Tat umsetzt.
Ich habe noch etwas sehr Wichtiges von Dick gelernt, nämlich dass es beim Begleiten von menschlichen Beziehungen vor allem darum geht, Prozesse zu entwerfen und zu begleiten. Worin Helfer wirklich Experten werden müssen, das ist das Design und das Management von Prozessen, und dabei spielt das Design, der Entwurf dieser Prozesse die entscheidende Rolle. In den 15 Jahren Arbeit in Bethel habe ich das Design von ein- und mehrwöchigen Human-Relations-Workshops und von Konferenzen gelernt; durch meine Beratungstätigkeit habe ich das Design von Weiterbildungsinterventionen und -Workshops gelernt; durch meine Lehrtätigkeit habe ich gelernt, Lernerfahrungen und Gruppenprozesse zu entwerfen. Das Unvermögen zu gestalten und zu entwerfen ist eines der größten Probleme, dem Manager, Berater und Lehrer gegenüber stehen. Dick hat seine enormen Fähigkeiten im Entwerfen und Begleiten von Prozessen seinen frühen Erfahrungen als Regieassistent zu verdanken. Von ihm habe ich mehr als von jedem anderen gelernt, wie wichtig das Design für die Ergebnisse ist. Glücklicherweise hat er schließlich doch noch selbst ein Buch (Beckhard 1997) geschrieben, so dass auch andere von seinen enormen Erkenntnissen profitieren können.
Als ich begann, das vorliegende Buch zu planen und zu schreiben, profitierte ich von der Hilfe eines ganz anderen Kollegen, eines jüngeren Mitglieds unserer Zunft: Otto Scharmer. Er interessierte sich sehr für Prozessberatung und erklärte sich bereit, alle Kapitel zu lesen, so wie sie entstanden. Zusammen mit seiner Frau Katrin, ebenfalls eine begabte Sozialwissenschaftlerin, versorgte er mich während des Schreibens ständig mit Feedback zum Fortgang meiner Arbeit. Ich bin beiden zu immensem Dank verpflichtet, und viele ihrer Ideen haben Eingang in das Buch gefunden.
Meinen kritischen Lesern Warner Burke, Michael Brimm und Dick Beckhard verdanke ich wertvolle Hinweise und ständige Ermunterung. Ein anderer Kollege und Freund, David Coghlan, Professor an der Universität von Dublin, hat den Text ebenfalls gelesen und viele wichtige Anregungen gegeben, die aufgenommen wurden. Er hat eine besondere Rolle bei der Entwicklung meiner Ideen gespielt, nämlich durch seine eigenen fruchtbaren Arbeiten zur Prozessberatung und Organisationsentwicklung (Rashford/Coghlan 1994, Coghlan 1997).
Viele folgenschwere Stunden habe ich im Ringen um den Begriff »Lernen« mit meinem Freund und Kollegen Don Michael seit 50 Jahren verbracht; seine Arbeit über Organisationslernen und die Beziehung zur Planung eröffnete eigentlich erst ein Feld, lange bevor der Rest der Welt bereit war es wahrzunehmen und damit umzugehen (Michael 1973).
Von meinen Klienten habe ich in all den Jahren viel gelernt, und einige von ihnen waren ganz besonders hilfreich für mich: Betty Duval von General Foods, Ken Olson und John Sims von Digital Equipment Corporation, Jurg Leupold von Ciba-Geigy und in der letzten Zeit Peter Lanahan von Con-Edison und Laura Lake von AMOCO. Mit ihnen Erfahrungen zu teilen und zukünftige Lernerfahrungen für ihre Klientensysteme zu entwickeln, war stets eine wichtige Quelle meines eigenen Lernens.
Ein Buch zu schreiben ist immer eine stark beanspruchende und strapaziöse Erfahrung. Am dankbarsten bin ich meiner Frau Mary, dass sie sich damit abfinden konnte, dass ich viele endlose Stunden nur physisch anwesend war, während die Gedanken bei Problemen des Buchs verweilten. Ohne ihre Unterstützung hätte dieses Buch nicht geschrieben werden können.
Edgar H. Schein, Cambridge, MA
I. TEIL
DEFINITION VON PROZESSBERATUNG
In diesem Teil des Buches wird das grundlegende Konzept der Prozessberatung definiert und mit anderen bedeutenden Beratungskonzepten verglichen. Prozessberatung ist eine Philosophie des Helfens – des Prozesses des Helfens und der hinter der Hilfeleistung für Einzelne, Gruppen, Organisationen und Gemeinschaften stehenden Haltung. Es ist mehr als ein Satz bestimmter Methoden, die sich mit anderen Methoden vergleichen lassen. Prozessberatung ist die entscheidende philosophische Grundlage für Organisationslernen und Organisationsentwicklung, da ein Großteil dessen, was der Berater tut, wenn er einer Organisation hilft, sich auf eine zentrale Annahme zurückführen lässt: Man kann einem menschlichen System nur dabei helfen, sich selbst zu helfen. Der Berater weiß nie genug über die gegebene Situation und Kultur einer Organisation, um dieser bestimmte Maßnahmen zur Behebung ihrer Probleme empfehlen zu können.
Wurde andererseits eine effektive helfende Beziehung mit einem Klientensystem aufgebaut, können Klient und Berater die Situation gemeinsam diagnostizieren und angemessene Gegenmaßnahmen entwickeln. Letztlich ist das Ziel der Prozessberatung also der Aufbau einer effektiven helfenden Beziehung. Was der Helfer/Berater dazu wissen und können sollte, welche Haltung zum Aufbau und Erhalt einer effektiven helfenden Beziehung nötig ist und wie diese Philosophie des Helfens umgesetzt werden kann, ist das zentrale Anliegen dieses Buchs.
Die Fähigkeit, eine helfende Beziehung aufzubauen und aufrechtzuerhalten, lässt sich in vielen zwischenmenschlichen Situationen einsetzen. Eine Therapie oder eine Beratung sind ohne eine solche Beziehung nicht denkbar. Doch ihr Anwendungsbereich beschränkt sich nicht nur auf jene Situationen, in denen die Hilfeleistung im Vordergrund der Beziehung steht. Die Fähigkeit, effektiv zu helfen, ist auch in der Ehe und Partnerschaft, gegenüber Freunden und Arbeitskollegen, Eltern und Kindern sowie gegenüber Schülern von Nutzen. Manchmal wird ausdrücklich um Hilfe gebeten, manchmal spüren wir ein Bedürfnis nach Hilfe, obwohl dies nicht ausgesprochen wird, und manchmal fühlen wir, dass andere Hilfe brauchen, obwohl ihnen selbst dies verborgen bleibt. Die Fähigkeit, darauf zu reagieren, die Helferrolle anzunehmen, wenn um Hilfe gebeten wird oder wenn sie unserem Empfinden nach angebracht ist, macht einen verantwortungsbewussten Menschen aus. Die Philosophie und Methodologie der Prozessberatung sind daher bedeutsam für sämtliche zwischenmenschlichen Beziehungen, nicht nur für jene, die offiziell unter Helfer-Klienten-Beziehung rangieren.
Bei der Betrachtung der nachfolgenden Konzepte sollte der Leser zur besseren Anschauung seine alltäglichen Lebenssituationen heranziehen. Ich selbst habe festgestellt, dass ich am meisten in familiären Situationen und in Freundschaften über helfende Beziehungen lernte und weniger bei offiziellen Beratungssituationen in Organisationen. Weiter habe ich festgestellt, dass es in einer offiziellen Hilfesituation oft dysfunktional ist, sich zu sehr auf »Technik« oder »Methoden« zu konzentrieren statt auf die zwischenmenschliche Realität, die sich aus der Interaktion von Menschen ergibt, die