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Gestalt-Traumatherapie


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Traumabehandlung bei Kindern und Jugendlichen unentbehrlich. Thomas Schön arbeitet seit vielen Jahren in freier Praxis und in einer therapeutischen Wohngemeinschaft mit Kindern und Jugendlichen. Er zeigt die Wichtigkeit einer frühen Traumabehandlung im Kindesalter auf, gibt Fallvignetten und reflektiert diese auf gestalttherapeutischem Theoriehintergrund. Wichtig auch sein Exkurs zu Psychohygiene von Helfenden.

      Mit der Präsentation des »Luziden Träumens« als Therapieansatz für den Umgang mit Albträumen offeriert Brigitte Holzinger einen Ansatz, wie auch Albträume im Zusammenhang mit einer Posttraumatischen Belastungsstörung von der träumenden Person beeinflusst werden können, so dass eine symptommildernde, stabilisierende Wirkung erreicht wird.

      Der Band wird abgerundet mit einem Beitrag von Beatrix Wimmer zu genderspezifischen Bewältigungsstrategien von traumatisierenden Gewalterfahrungen aus der Sicht gestalttherapeutischer Theorie.

      Da es sich um einen Sammelband mit vielen AutorInnen handelt, zeigen sich deren Arbeitsumwelten natürlich auch in ihren Texten. Ebenso ergibt sich daraus eine uneinheitliche Verwendung der weiblichen und männlichen Sprach-Schreibform.

      Dieses Buch sei allen Patientinnen und Patienten gewidmet, denen wir eine Fülle an Erfahrungen und eine wesentliche Verbesserung unserer Kenntnisse verdanken und all den Helfenden, die mit traumatisierten Menschen arbeiten.

      Heide Anger und Peter Schulthess

      Wien und Zürich, Januar 2008

       Literatur

      Butollo, W., Krüsmann, M., Hagl, M. (1998): Leben nach dem Trauma. Über den therapeutischen Umgang mit dem Entsetzen. München: Pfeiffer

      Butollo, W., Hagl, M., Krüsmann, M. (2002): Kreativität und Destruktion posttraumatischer Bewältigung. Forschungsergebnisse und Thesen zum Leben nach dem Trauma. München: Pfeiffer

      Deistler, I., Vogler, A. (2005): Einführung in die Dissoziative Identitätsstörung. Multiple Persönlichkeit. Therapeutische Begleitung von schwer traumatisierten Menschen. Paderborn: Junfermann

      Huber, M. (2003): Trauma und die Folgen. Trauma und Traumabehandlung Teil 1. Paderborn: Junfermann

      Huber, M. (2003): Wege der Traumabehandlung. Trauma und Traumabehandlung Teil 2. Paderborn: Junfermann

      Perls, F., Hefferline, R., Goodman, P. (2006): Gestalttherapie. Grundlagen der Lebensfreude und Persönlichkeitsentfaltung. (Neu übersetzte deutsche Auflage). Stuttgart: Klett-Cotta

      Pröpper, M. (2006): Gestalttherapie mit Krebspatienten. Eine Praxishilfe zur Traumabewältigung. Köln/Wuppertal: Hammer

      Reddemann, L. (2003): Imagination als heilsame Kraft. Stuttgart: Pfeiffer

       Wolfgang Wirth

       Traumatherapie aus gestalttherapeutischer Perspektive

       »Was die Wunde schlug, wird sie heilen«

      Orakel von Delphi

      In diesem Beitrag wird vor dem Hintergrund der Lebensgeschichte von Fritz Perls die Entwicklung der Gestalttherapie als traumaorientiertes Verfahren reflektiert. Eine kurze Skizze wichtiger traumadiagnostischer Kategorien und der Neurobiologie traumatischer Prozesse bilden die Grundlage für die Überprüfung gestalttherapeutischer Traumakonzepte. Diese werden aus dem Grundlagenwerk Gestalttherapie herausgearbeitet. Einige Modellskizzen veranschaulichen mein aktuelles und weitgehend gestalttherapeutisches Verständnis traumatischer Prozesse. Die Sichtung eines Großteils der Arbeiten zu verschiedenen gestalttherapeutischen Traumaschwerpunkten bildet neben eigenen Fallvignetten den praxisorientierten Abschluss.

       Geschichte der Traumatherapie und Traumatheorien

      Die Beschäftigung mit den lang anhaltenden und auch seelischen Folgen von Gewalt und Verletzungen lassen sich bis in die Antike zurückverfolgen. Den delphischen Orakelspruch für die unheilbare Wunde des durch Achilles Speer verwundeten Telephos interpretierte dieser damit, neun Jahre nach der Verletzung Rost von Achilles Speerspitze abzukratzen und auf die Wunde zu streuen. Erst dadurch wurde sie geheilt. In dieser kurzen Geschichte offenbart sich ein sechsgliedriges Wissen um Heilprozesse:

      1. Sicherheit, der Speer wird nicht mehr gebraucht, (denn sonst würde er nicht rosten),

      2. eine Konfrontation zwischen Täter/Tatwaffe und Opfer findet statt,

      3. die nicht mehr gebrauchte Waffe muss als eine Art Täter/Opfer-Ausgleich dem Opfer zur Verfügung gestellt werden, damit es diesen Rost erhalten kann,

      4. Das ursprünglich Verletzende führt in abgeschwächter, »assimilierbarer« Form zur Heilung,

      5. die verstreichende Zeit wird eingerechnet, die es dauert, bis die Speerklinge rostet und

      6. die Einschätzung der Tat ist durch einen Transformationsprozess verändert. Die Realität dieses Transformationsprozesses wird erlebt und stößt die Heilung an.

      In unserer Kultursphäre und Zeit wurde das Traumathema bereits zum Ende des 19. Jahrhunderts in Frankreich anhand gerichtsmedizinischer Befunde über massive Kindesmisshandlungen durch Charcot aufgegriffen und von Janet (1889, zit. nach van der Kolk 2000, 223) sehr genau zu den Themenfeldern Dissoziation, Gedächtnisstörung und Organisation der seelischen Prozesse ausgearbeitet (Streeck-Fischer, Sachsse & Özkan 2001, 12). In England wurde die Thematik durch Ängste bei der Einführung der Eisenbahn als railway spin bewusst. Im 1. Weltkrieg wurde das Phänomen der Traumatisierung als »Kriegszittern« beobachtet und in England rasch mit dem Begriff shell shock (Granatenschock) belegt (Radkau 1998, 430). In den Anfängen hatte vor allem das Militär (Butollo 2003, 4) Interesse an der Behandlung und Entschärfung posttraumatischer Ausfälle von Soldaten, im russisch-japanischen Krieg 1904/5 wurden hierfür erstmals Militärpsychiater eingesetzt (Watson 1982, 206f). Durch die Sensibilisierung gegenüber den Symptomen wurden aber auch bei anderen Opfern von schlimmen Ereignissen wie Verkehrsunfällen, Schiffsunglücken oder Naturkatastrophen ähnliche Symptome festgestellt.

      Das Interesse von Psychotherapeuten für die Behandlung der Folgen traumatischer Erlebnisse hat in den letzten 25 Jahren in hohem Maße zugenommen, sodass ein regelrechter Boom der Traumaforschung beobachtet werden konnte. Die Diagnose Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) wurde erst 1980 in das DSM III aufgenommen (van der Kolk et al. 2000, 86).

      Einflussreiche Gründe dafür waren die lang andauernden psychischen Folgen bei Betroffenen. Zu diesen zählten unter anderem die Opfer des Holocausts, Vietnamveteranen sowie sexuell missbrauchte Frauen und Mädchen. Für diese letzte Gruppe schärfte sich das Bewusstsein im Gefolge der Diskussionen der Frauenrechtsbewegung um sexuelle Selbstbestimmung und sexuellen Missbrauch. In Europa wurden die psychischen Folgen der Bürgerkriege im ehemaligen Jugoslawien von verschiedenen Forschern genauer untersucht (z.B. Butollo, Krüsmann & Hagl 1998, Butollo, Hagl & Krüsmann 2003). Der 11. September 2001 mit der Zerstörung der Zwillingstürme in New York führte auch bei Gestalttherapeuten zu einer Fokussierung auf das Traumathema, was sich in einem Themenheft (2004) der elektronischen Zeitschrift Gestalt! zeigte. Die Diskussion um die Diagnose PTBS ist gegenwärtig weiter im Fluss und wird weitere Differenzierungen erfahren. (Butollo, Hagl, Krüsmann 2003, 189)

       Eigene Traumatisierungen als lebensgeschichtlicher Hintergrund bei Fritz Perls

      Perls charakterisiert seine Kindheit und sein junges Erwachsenenalter selbst als traumatisch. Dabei können mindestens fünf traumatische Einflüsse unterschieden werden.

      1. Gewalt, Ablehnung, heftigste Prügeleien und der Versuch den Willen des Kindes Fritz auszulöschen,

      2. sozialer Ausschluss und Repression an der Schule als Jude,

      3. Kriegstraumatisierungen im 1. Weltkrieg mit Verlust seines besten Freundes, mit möglicher Retraumatisierung durch seine Psychoanalyse bei Harnack

      4. Trauma der erzwungenen Emigration

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