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Mehrsprachigkeit in der Schule


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Kompetenzen (die Fähigkeit zum Sprachenvergleich und der Aufbau einer Hypothesengrammatik). Aber auch Einstellungen und motivationale Faktoren können damit erfasst werden (cf. Bär 2009, 135ff.).

      Das Sprachlernverhalten und damit die Sprachlernfähigkeit (savoir-apprendre) kann durch einen Fragebogen erhoben werden: Meißner (2010, 196) beschreibt den Einsatz eines auf der Grundlage von Oxford (1990) inventory for language learning (SILL) erstellten und von Mißler (1999) ins Deutsche übertragenen Fragebogens zum Lernverhalten.

      Es stellt sich die Frage, ob die Erhebung der Lesekompetenz durch ein Testverfahren, das nur wenig von standardmäßig eingesetzten Verfahren zum Erheben der Lesekompetenz in Einzelsprachen abweicht, dem Anspruch gerecht wird, die mehrsprachige Kompetenz in ihrer Komplexität und ihrem dynamischen Charakter – selbst wenn es sich um den linguistischen Aspekt der mehrsprachigen Kompetenz handelt – zu erfassen.

      Die für die Interkomprehensionskompetenz – ob es sich nun um die rezeptive oder um die interaktionale Interkomprehension handelt – als so wichtig erachteten Teilkompetenzen der Lernfähigkeit, der metakognitiven/metalinguistischen Kompetenzen (inkl. Sprachbewusstheit) und der persönlichkeitsbezogenen Kompetenzen werden in den existierenden Ansätzen zur Evaluation in der Regel mit Hilfe von intro- bzw. retrospektiven Verfahren erhoben. Der Einsatz qualitativer Verfahren für die Erhebung der nichtsprachlichen Kompetenzen soll Aufschluss über den Strategieneinsatz geben. Sie können wertvolle Erkenntnisse über Lernprozesse und über persönlichkeitsbezogene Faktoren wie Emotionen und Einstellungen geben (cf. Heine 2013, 2014). Die Validität solcher Daten ist allerdings umstritten: Introspektive Verfahren beruhen auf der Annahme, „dass Sprache tatsächlich als Indikator für Gedanken verwendet werden kann, ohne diese im Wesen zu verändern“ (Heine 2014, 129). Diese Verbindung scheint aber individuell sehr unterschiedlich ausgeprägt zu sein – ein Umstand, den es bei der Datenerhebung zu bedenken gilt. Für standardisierte Kompetenztests sind sie daher nicht geeignet. Allerdings ermöglichen sie es, das „Produkt von Leistungsmessung“ (Arras 2013, 75) besser zu verstehen.

      iii. Auf dem Weg zu einem integrativen Ansatz

      Intermar

      Einen anderen Weg wählte das (bereits erwähnte) Intermar-Projekt. So wurde für jede Sprachgruppe ein einziger Test entwickelt. Für den romanischen Bereich bekamen die Studierenden fünf Zeitungsartikel zum gleichen Thema (autonome Autos) zum Lesen: jeweils einen in Französisch, Italienisch, Portugiesisch, Spanisch und Rumänisch. Zwei in einer kommunikativen Gesamtaufgabe1 eingebettete Unteraufgaben waren zu bewältigen: Zum einen sollten die Studierenden in ihrer Muttersprache eine Liste aller Information erstellen, die in allen Artikeln gleich waren, und zum anderen in den Texten fünf Informationen unterstreichen, die in mindestens zwei (aber nicht allen) Texten vorhanden waren. Es ging darum, nicht das reine Verstehen in verschiedenen Sprachen zu testen, sondern die Fähigkeit, Informationen aus mehrsprachigen Quellen zu vergleichen und kritisch zu bewerten. Durch den Einsatz verschiedener Sprachen im selben Test sollte außerdem die mehrsprachige Kompetenz besser testbar sein, so zumindest das diesem Test zu Grunde liegende Prinzip: Ziel war es, „to measure the final level of acquisition of IC competences in the context of plurilingual reception inside each language family“ (Intermar, 2013).

      Das zweite Beispiel stellt einen Versuch dar, der mehrsprachigen Dimension der Interkomprehension gerecht zu werden und eine holistische Kompetenz durch eine (für mehrsprachige Menschen) realitätsnahe Aufgabe zu testen. Allerdings wird wie im ersten Fall nur eine Fertigkeit – das Leseverstehen – geprüft.

      MAGICC: Szenarien mit unterschiedlichen Aufgaben (Tasks)

      Im Rahmen des Projekts MAGICC (Modularising multilingual and multicultural academic communication competence), das dem mehrsprachigen interkulturellen Lernen in akademischen Kontexten gewidmet war, wurden sowohl ein Referenzrahmen für die Beschreibung der notwendigen Kompetenzen im Bereich Lesen, Hören und Schreiben als auch Lernszenarien für die Entwicklung dieser Kompetenzen erstellt. Die insgesamt zehn Szenarien bestehen aus unterschiedlichen handlungsorientierten Aufgaben und Teilaufgaben (Tasks), die möglichst realitätsnah gewählt sind und es den Lernenden ermöglichen, die für das Studium und für die Arbeitswelt relevanten sprachlichen, akademischen und interkulturellen Kompetenzen zu erwerben. Die Teilaufgaben stehen in einer engen Beziehung zueinander. Für jede Aufgabe sind die Lernziele angegeben, die involvierten Fertigkeiten und Strategien und die Kriterien für die Evaluation dieser Kompetenzen sowie das erwartete Ergebnis, in einem konkreten Beispiel z. B. die Erstellung eines zwei- bzw. mehrsprachigen Texts mit Informationen über zwei Städte auf Grundlage von schriftlichen Texten. In einer Teilaufgabe geht es darum, komplexe Texte, darunter auch nichtlineare Texte mit Grafiken und Statistiken, in mindestens drei Sprachen kritisch zu analysieren und in Beziehung zu setzen. Zur Evaluation dieser Fertigkeiten sollen die Studierenden eine mehrsprachige Liste von Argumenten mit Unterpunkten erstellen (cf. Álvarez & Pérez-Cavana 2016).

      Die mehrsprachige interkulturelle Kompetenz wird hier in Form einer komplexen Aufgabe evaluiert: Das Szenario mit den Teilaufgaben involviert mehrere Fertigkeiten (Lesen, Schreiben) in jeweils mehrsprachigen Settings. Die Evaluationskriterien stehen in engem Zusammenhang mit den Lernzielen. Damit entspricht dieser Ansatz in vielen Kriterien einem integrativen Ansatz; gemäß den Lernzielen des Kurses sind die Szenarien allerdings nicht auf eine mehrsprachige Interaktion ausgelegt.

      iv. Integrativer Ansatz: das Projekt EVAL-IC

      Grundlagen

      Im Rahmen des Projekts EVAL-IC1 wird Interkomprehension als eine Kommunikationsform betrachtet, die auf spezifischen Kompetenzen beruht und durch verschiedene Sprachhandlungen verwirklicht wird: rezeptive Interkomprehension, Interproduktion und interaktionale Interkomprehension. Unter rezeptiver Interkomprehension verstehen wir „Rezeption (Lese- oder Hörverstehen) in fremden Sprachen, wenn diese hauptsächlich (aber nicht ausschließlich) unter Verwendung von interlingualem Wissenstransfer stattfindet. Vorkenntnisse in diversen Sprachen meistens der gleichen Sprachfamilie werden genutzt, um andere Sprachen zu verstehen“ (Ollivier & Strasser 2013, 43sq.). Unter interaktionaler Interkomprehension werden mehrsprachige Interaktionen zusammengefasst, bei denen „sich mindestens zwei Kommunikationspartner/innen unter Verwendung unterschiedlicher Produktionssprachen verständigen. Jede/r spricht/schreibt in einer Sprache, die er/sie in ausreichendem Ausmaß beherrscht, und versteht den/die Kommunikationspartner/in, der/die sich in einer anderen Sprache (oft innerhalb einer Sprachgruppe) ausdrückt“ (Ollivier & Strasser 2013, 44). Interproduktion bezeichnet „die sprachliche Produktion in einer Sprache, die potenziell von den Adressat/inn/en verstanden werden kann, weil sie z. B. mit einer der von den Adressat/inn/en gelernten Sprachen genetisch verwandt ist, wobei das Schreiben bzw. das Sprechen so gestaltet wird, dass das Verstehen erleichtert wird (Balboni 2007, 2009; Hédiard 2009; Ollivier 2017)(Ollivier & Strasser 2018, 196).

      Als Grundlage für die Entwicklung von Evaluationsverfahren wurden im Rahmen des EVAL-IC-Projekts Deskriptoren für die mündlichen und schriftlichen rezeptiven und produktiven Kompetenzen sowie für die mehrsprachige mündliche Interaktion erarbeitet.

      Um den holistischen Charakter der der Interkomprehension zu Grunde liegenden mehrsprachigen Kompetenz zu unterstreichen, wird zurzeit2