fallenden Preise zu erwarten. Auch Arbeit als Produktionsfaktor wird eher teurer. Es besteht ein ausgesprochener Fachkräftemangel auf allen Ebenen, angefangen von Architekten und Ingenieuren bis zu gut ausgebildeten Facharbeitern, welche die zunehmend komplexen Anforderungen umsetzen können. Die einzigen Möglichkeiten, Wohnungsbau erschwinglicher zu gestalten, liegen daher in der Planungs- und Prozessoptimierung und einer industriellen Fertigung.
Der Holzbau ist dabei im Bereich der Vorfertigung zumindest ein wesentlicher Vorreiter und hat eine Reihe von systemimmanenten Vorteilen wie das leichte Gewicht. Und es gibt eine hinreichende Anzahl von Betrieben, die in der weitgehenden Vorfertigung von Wand-, Dach- und Deckenbauteilen große Erfahrung haben.
Abb. 2.40 Typischer Wohnungsbau im Großraum Shanghai, 2018
(Quelle: Stefan Winter).
Die Vorfertigung umfasst in vielen Fällen neben dem Einbau von Dämmung sowie Innen- und Außenbekleidungen auch den Einbau von Fenstern und teilweise die Installation von technischer Gebäudeausrüstung wie Verkabelungen und Bauteilen der Gebäudelüftung. Allerdings ist heute noch die sogenannte Anpassungsplanung ein deutlicher Kostentreiber. Damit sind die erforderlichen Ergänzungen und Änderungen gemeint, um den planerischen Entwurf des Entwurfsteams (Architekten und Ingenieure) an die Produktionseigenheiten des jeweiligen Auftragnehmers anzupassen und z. B. die erforderlichen Produktionsdaten für die Maschinensteuerungen zu erstellen (Abbund, Elementproduktion, Leitungsführung, Ausstattung etc.)
In anderen Ländern, wie z. B. China, finden sich natürlich auch heute Beispiele zumindest seriellen Bauens. 15 oder 20 baulich identische Hochhäuser mit 30 Geschossen oder mehr aus Stahlbeton sind dort keine Seltenheit – mit der bekannten auch bei uns früher vorherrschenden architektonischen Monotonie (Abb. 2.40). Die Arbeiten finden überwiegend auf der Baustelle statt, bei geringen Arbeitskosten ist dies naheliegend.
Die jeweils individuelle Lösung für jedes einzelne Gebäude ist Verschwendung von Zeit, Kapazität und Geld.
In einem Forschungsprojekt der TU München (Bauen mit Weitblick [2.32]) wurden in den Jahren 2016–2018 die Möglichkeiten untersucht, wie mögliche Schritte zu einem echten industrialisierten Wohnungsbau unter Berücksichtigung heutiger Technologien und der oben genannten Anforderungen aussehen könnten. In Zusammenarbeit mit Unternehmen aus dem Beton- und Holzfertigbau und der Wohnungswirtschaft untersuchte ein interdisziplinäres Team aus Architekten, Bauingenieuren, Haustechnik, Bauinformatik und Design, ob eine Weiterentwicklung zu einem echten industriellen Bauen in diesem Fall speziell im sozialen Wohnungsbau möglich ist.
Aus den oben genannten Gründen muss eine Vereinheitlichung der Bauelemente und Details erfolgen, um eine Reduktion der Prozesskosten und der Anpassungsplanung zu erreichen. Letztere erwies sich mit zum Teil über 25 % der Baukosten als wesentlicher Kostentreiber im vorgefertigten Bauen. Die architektonischen Gestaltungsmöglichkeiten und alle anderen o. a. Vorgaben sowie die Lebenszykluskosten der Gebäude sollten gleichrangig berücksichtigt werden. Hier spielen z. B. die Flexibilität und Erneuerbarkeit der Bäder eine wesentliche Rolle.
Abb. 2.41 3-D-Baugruppen – vollständig geplant einschließlich aller Details an den Übergängen zu anderen Baugruppen an den Schnittstellen [2.32].
Im Vorhaben wurde in Anlehnung an das Vorgehen in anderen Industriezweigen und auf der Grundlage von bewährten Grundrisskonfigurationen eine Systematik für dreidimensionale Baugruppen entwickelt (Abb. 2.41). Diese Baugruppen können aus Raummodulen bestehen, sie können aber auch aus vorgefertigten Tafelelementen für Dach, Wand und Decke oder einer Kombination aus beidem bestehen. Theoretisch könnte auch eine Baustellenfertigung aus vorkonfektionierten Bauteilen auf der Baustelle erfolgen.
Wesentlich ist, dass die jeweiligen Baugruppen vollständig bemessen und konstruiert und in einem 3-D-CAD-System dargestellt sind. Sie sind für fünf- oder achtgeschossige Gebäude bemessen, die hinterlegten Decken- und Trennwandkonstruktionen erfüllen die erforderlichen Brand- und Schallschutzeigenschaften, die wärmetechnischen Eigenschaften sind festgelegt. Damit sind die geometrischen Abmessungen, die Energieverbräuche, vermietbaren Flächen und alle anderen Kennzahlen bekannt ebenso alle erforderlichen Baumaterialien und Produktionsdaten.
Die Baugruppen können wie in Abb. 2.41 dargestellt nur in einer Geschossebene geplant werden, sie können aber auch zwei Geschosse übergreifen, z. B. als Maisonette oder als Gruppe von Wohnungen unterschiedlicher Größe. Wesentlich ist die Definition aller Übergänge zu einer anderen Baugruppe, insbesondere die Kopplung der Schächte. Anbauteile wie Balkone oder Laubengänge mit fest definierten Übergabepunkten können ergänzt werden.
Die Baugruppen werden einschließlich der technischen Gebäudeausrüstung und ihrer Endausstattung in einem geeigneten Planungssystem virtuell abgebildet (Building Information Model – BIM). Für diese Anwendung ist die Verwendung von BIM auch wirklich sinnvoll, da sich in diesem Fall der doch deutlich erhöhte digitale Planungsaufwand lohnt.
Eine besondere Herausforderung stellt die Integration der Haustechnik dar. Sie kann jedoch in vorgefertigte Elemente sehr gut integriert werden, z. B. in „abgehängte“ Decken. Abb. 2.16 zeigt ein vorgefertigtes Deckenelement mit integrierter Lüftung, Elektroinstallation, Heizung und Kühlung bei der Montage im Bürogebäude der Firma Kampa.
Der planende Architekt arbeitet zunächst nur mit einem Konfigurator, der die unterschiedlichen 3-D-Baugruppen mit ihren Abmessungen und den erforderlichen brandschutztechnischen und bauphysikalischen Daten und Geometrieangaben enthält. Die zulässigen Kombinationen werden automatisch während der Konfiguration überprüft. Die tatsächliche Ausführung z. B. einer Wohnungstrennwand oder die zugehörige Anschlussdetaillierung muss nicht bearbeitet werden. Eine Individualisierung des Entwurfs kann durch Anbauteile wie Balkone, die Fassadengestaltung (WDVS oder hinterlüftete Plattenfassade), die Veränderung der Fenstergrößen und Anordnung in definiertem Umfang und natürlich die Innenausstattung mit Belägen etc. erfolgen. Je nach Standort des Gebäudes kann die Art der Energieversorgung angepasst und dadurch das jeweils effizienteste Heiz- und Kühlsystem verwendet werden.
Ergänzend ist auf der Grundlage der Datenübergabe aus den Konfiguratoren die Bemessung der Gründung, eventueller Tiefgaragen oder eines zusätzlichen Erdgeschosses mit Sonderfunktionen aus Stahlbeton vorzunehmen.
Dies ist eine andere Art des Entwurfs, aber sie verkürzt wesentlich die Abstimmungsprozesse und erhält die Möglichkeit architektonischer Gestaltung.
Natürlich gibt es eine Reihe von Widerständen gegen ein solches Vorgehen, aber gerade für den dringend notwendigen Bau von Wohngebäuden bietet es sich an, da durch den Wegfall der Anpassungsplanung bei den ausführenden Betrieben wesentliche Einsparungen möglich sind. Die Vielzahl von Kombinationsmöglichkeiten und damit verbundenen Individualisierungen kann am Beispiel eines SOMA®Würfels gezeigt werden (s. Abb. 2.42).
Bisher liegen nur Konfiguratoren auf der Grundlage firmenspezifischer Angebote vor, was auch eine andere Art der Ausschreibung erfordern würde. Es ist jedoch vorstellbar, dass ein solches Planungssystem auch von einer Gruppe von Architekturund Ingenieurbüros firmenneutral erarbeitet und genutzt wird, was eine größere Marktfreiheit zur Folge hätte, aber damit den Holzbau insgesamt deutlich stützen würde, da praktisch alle Firmen, die hochwertig vorfertigen können, sich dann allein oder bei entsprechendem Volumen