Группа авторов

Kirchlicher Dienst in säkularer Gesellschaft


Скачать книгу

der Union in den Rechtssachen „Egenberger“ und „IR/JQ“ aufgestellt hat, auf die rechtliche Behandlung eines Kollektivrechts auf Arbeitskampf in kirchlichen Einrichtungen aus.

      c) Mittelbare Folgen?

      Dies bedeutet indes nicht zwingend, dass die dortigen Erwägungen hier völlig unwirksam bleiben müssten. Denkbar erscheint immerhin, dass die nationalen Gerichte für Arbeitssachen die ihnen dort auferlegte materielle Prüfung der Nähe der individuellen Arbeitsaufgabe zum kirchlichen Auftrag intensiver als bisher auf die kollektivrechtlich bedeutsame Frage erstrecken, ob ein bestimmter Betrieb eine kirchliche Einrichtung und deshalb im geschützten Raum der Kirchenautonomie angesiedelt ist.

      Bisher war für die Grenzziehung besonders wichtig, inwieweit die Kirche selbst durch ihre Autoritäten, wenn auch im Einzelfall nur über Mittelspersonen, in der betreffenden Einrichtung hinreichend und nachhaltig prägend Einfluss auf die religiöse Tätigkeit nehmen kann.55 Diese im Betriebsverfassungsrecht erprobte Grenzziehung für rechtlich verselbständigte Einrichtungen dürfte für das Erreichen des kirchlichen Autonomiebereichs insgesamt von Bedeutung sein.56 Weiter spielte auch bisher schon die inhaltliche Frage eine Rolle, inwiefern die betreffende Einrichtung auch tatsächlich kirchlich-religiös fundierte Zwecke verfolgte, eine kirchliche Grundfunktion wahrnahm.57 Dabei war man aber recht großzügig und ließ es genügen, wenn in rechtlich verselbständigten Einrichtungen bestimmte Funktionen nur für kirchliche Mitarbeiter wahrgenommen wurden. Hier könnten die angesprochenen Urteile des Gerichtshofs der europäischen Union zu einer auch in das kollektive Recht hineinragenden strengeren Sichtweise beitragen. Es ist vorstellbar, dass die staatlichen Gerichte für Arbeitssachen hier ähnlich wie für in der Betriebsverfassung privilegierte Tendenzbetriebe58 verlangen werden, dass die Einrichtung selbst unmittelbar und nachvollziehbar einen für eine kirchliche Privilegierung ausreichenden und ihr angemessenen Zweck, eine „kirchliche Grundfunktion“, wahrnimmt.

      IV. Schluß

      Der kleine Rundgang durch das kollektive kirchliche Arbeitsrecht und seine Beziehungen zu den staatlichen Vorgaben hat gezeigt, dass durch das auch das katholische Kirchenarbeitsrecht betreffende Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. November 2012 zwar ein wichtiger Pflock eingeschlagen wurde, an dem sich künftige Entwicklungen orientieren konnten. Ruhe, was im Recht heißt: Rechtssicherheit, ist indes nicht eingetreten. Daran fehlt es auch, weil die kirchenarbeitsrechtlichen Reaktionen in ihren Möglichkeiten begrenzt und ihrer Geschwindigkeit deutlich steigerungsfähig sind. Für die weiteren Entwicklungen könnte es zudem wichtig werden, dass mit dem Gerichtshof der Europäischen Union ein mit neuer Intensität Einfluss nehmender Rechtsgestalter hinzugekommen ist. Ob und wie es von hier aus zu Änderungen im kirchlichen kollektiven Arbeitsrecht kommen wird, kann man noch nicht sicher abschätzen. Eine sorgfältige Beobachtung und Bewertung, die auch strategische Überlegungen mit einbeziehen sollte, ist jedenfalls angezeigt.

      1 Ähnlich Benda/Maihofer/Vogel/Paul Mikat, Handbuch des Verfassungsrechts, 2. Aufl. 1994, § 29 Rn. 3.

      2 Dreier/Martin Morlok, Grundgesetz, 3. Aufl. 2018, Art. 137 WRV Rn. 44, 45.

      3 Aktuelle Abwägungen und Grenzziehungen in diesem Bereich hat jüngst der Gerichtshof der Europäischen Union vorgenommen in der Rechtssache „Egenberger“ (EuGH, 17.04.2018 – C-414/16, NZA 2018, 569) und seiner danach absehbaren, von Seiten des über die dortige Beklagte Aufsicht führenden Erzbischofs von Köln, der „Hauptstadt des rheinischen Katholizismus“, nicht verhinderten Chefarztentscheidung „IR/JQ“ (EuGH, 11.09.2018 – C-68/17, NZA 2018, 1187). Der Verf. kann die Vermutung nicht unterdrücken, dass dies in der Verantwortung eines früheren Kölner Generalvikars nicht passiert wäre.

      4 Sog. praktische Konkordanz; dazu zuletzt BVerfG, 12.06.2018 – 2 BvR 1738/12 u.a., Rn. 157 ff. NJW 2018, 2695; in Rn. 162 wird die Akzeptanz des Dritten Weges mit seinem Ausschluss des Streikrechts bei gleichzeitiger Installierung eines strukturell annähernd gleichwertigen alternativen Konfliktlösungsmodells durch die staatlichen Gerichte als Anwendungsfall der praktischen Konkordanz eingeordnet.

      5 Zu diesem Regelungsweg für in eine Dienstgemeinschaft eingebundene Arbeitsverhältnisse kurz zusammenfassend Klaus Bepler, FS Willemsen, 2018, S. 33, 34 f.

      6 BAG, 20.11.2012 – 1 AZR 179/11, NZA 2013, 448: Dieses Urteil erging zwar zu einer Einrichtung der Diakonie. Auch dort galten aber auf dem Dritten Weg unter – kirchlichem – Ausschluss des Streikrechts zustande gekommene Arbeitsrechtsregelungen. Die Ausführungen sind ohne weiteres auch für den Bereich der Caritas oder Einrichtungen der verfassten Kirche maßgebend. Das zweite Urteil des BAG vom selben Tag (– 1 AZR 611/11, NZA 2013, 437) behandelt den Zweiten Weg, beruht aber in vielen Einzelheiten auf entsprechenden rechtlichen Erwägungen.

      7 Zu diesem Begriff zuletzt näher etwa MHdB ArbR /Hermann Reichold, Band 2, 4. Aufl. 2018, § 158 Rn. 55 f.

      8 BAG 20.11.2012, aaO, Rn. 55, 58; dazu auch Klaus Bepler, ZMV 2014, Sonderheft, S. 14 ff.

      9 Dass die klagenden kirchlichen Einrichtungen im Ergebnis keinen Erfolg mit ihren Unterlassungsanträgen hatten, ist hier nicht zu vertiefen. Die mögliche Verdrängung des gewerkschaftlichen Streikrechts durch kirchliche Vorgaben stellte das Gericht fest und begegnete mit dieser Feststellung auch deutlicher Kritik; beispielhaft Henner Wolter/Jens Schubert, AuR 2013, 285; Roland Czycholl, Anm. zu BAG EzA Art. 9 GG Arbeitskampf Nr. 148; dem wird hier nicht nachgegangen. Ausgangspunkt der folgenden Überlegungen ist die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, die in der Sache allerdings verfassungsgerichtlich nicht überprüft worden ist (BVerfG, 15.07.2015 – 2 BvR 2292/13, NZA 2015, 1117).

      10 Begriff von Roger Blanpain, Katholische Universität Leuven.

      11 Ebenso schon ErfK/Thomas Dieterich, 11. Aufl. 2011, GG Art. 4 Rn. 53; kritisch hierzu MHdB ArbR/Hermann Reichold, Band 2, § 160 Rn. 18 mwN.

      12 EuGH, 17.04.2018 – C-414/16, NZA 2018, 569 m. Anm. Michael Fuhlrott; AuR 2018, 586 m. Anm. Johannes Heuschmid/Johannes Höller. Weiter etwa Jacob Joussen, EuZA 2018, 421.

      13 EuGH, 11.09.2018 – C-68/17, NZA 2018, 1187; dazu Marcel Bieniek, DB 2018, 2643; Detlev Fey, ZMV 2018, 271; Stefan Greiner, NZA 2018, 1289; Gregor Thüsing/Regina Mathy, BB 2018, 2805.

      14 Etwa BAG, 20.03.2002 – 4 AZR 101/01, NZA 2002, 1402; 08.06.2005 – 4 AZR 412/04, NZA 2006, 611; 17.11. 2005 – 6 AZR 160/05, NZA 2006, 872; 16.02.2012 – 6 AZR 573/10, NZA 2012, 1054; 14.07.2015 – 3 AZR 517/13, NZA-RR 2015, 595; zustimmend ErfK/Ingrid Schmidt, 19. Aufl. 2019, GG Art. 4 Rn. 52; Heinz Josef Willemsen/Christian Mehrens, FS Bepler, S. 619, 621; Fey/Joussen/Steuernagel/Detlev Fey, Das Arbeits- und Tarifrecht der Evangelischen Kirche, 2012, „Arbeitsvertragsrichtlinien“ Rn. 6; Reichold/Kortstock/Martin Böckel, Das Arbeits- und Tarifrecht der katholischen Kirche, 2014, „Arbeitsvertragsordnungen und -richtlinien“, Rn. 5; jeweils mit Nachweisen auch zur Gegenmeinung.

      15 BAG, 24.05,2018 – 6 AZR 308/17, NZA 2019, 166. Joussen, jM 2018, 415; kritisch Bernhard Baumann-Czichon, JurisPR-ArbR 41/2018 Anm. 4.

      16 Wie z. B. § 2 des Allgemeinen Teils der AVR des Deutschen Caritasverbandes; in dieselbe Richtung auch § 4 des Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetzes der EKD.

      17 BAG, 21.06.2018 – 6 AZR 38/17, NZA 2018, 1413; im Anschluss an BAG, 23.11.2017 - 6 AZR 739/15, NZA 2018, 301; BAG, 23.11.2017 – 6 AZR 683/16, NZA 2018, 311; dazu Tino Frieling, JurisPR-ArbR 14/2018 Anm. 3; Jacob Joussen, Anm. zu AP BGB § 611 Kirchendienst Nr. 87; Hermann Reichold, RdA 2018, 248; Klaus Bepler, ZAT 2018, 2016, 225; allgemeiner zu AVR bei Betriebsübergängen unter Beteiligung kirchlicher Träger Klaus Bepler, FS Willemsen, 2018, 33.

      18 Ausführlich Jacob Joussen, jM 2018,