Nancy Omreg

Tara


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ich schon merken müssen, dass diese Beziehung unter keinem guten Stern stand.

      „Oh… mein…Gott!“, tönte es aus meinem Schlafzimmer. Fine hatte sich weiter an das Ausräumen gemacht und ich ahnte, was sie gefunden hatte. Ich rannte zu ihr und sah, dass es genau das war, was ich vermutete. Kopfschüttelnd hockte sie davor und starrte darauf.

      „Ich glaube das einfach nicht.“ Das Objekt ihrer Verachtung war ein Kalender von den Power Rangers.

      „Den hatte er mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt. Er meinte wohl, ich würde mich über einen Kalender freuen. Über diesen hätte ich mich vielleicht auch gefreut, wenn ich sechs Jahre alt gewesen wäre“, lachte ich.

      „Wo ist der Wein? Ich glaube ich brauche Alkohol um den anderen Kram zu überstehen, der wohl noch auf uns wartet“, sprach Fine.

      Wir gingen zurück ins Wohnzimmer und stießen an. Danach ging es weiter ans Ausmisten. So schwer, wie ich dachte, dass es werden würde, war es gar nicht.

      Natürlich kamen die Erinnerungen hoch, aber dank Fine, die zu jedem Ding eine entsprechende Bemerkung machte, hatte ich viel zu lachen und außerdem machte es Spaß über Max herzuziehen. Mit Humor war das Ganze doch eindeutig besser zu überstehen.

      Wir hatten einen schönen großen Haufen aussortierter Dinge zusammen, als Dana klingelte. „Oh verdammt, wie sehen deine Haare aus? So würde ich nicht einmal den Müll runter bringen“, empfing mich Dana.

      „Deswegen habe ich dich ja angerufen. Du sollst aus diesem Elend wieder einen Traum machen“, bestätigte ich ihre Aussage.

      „Das kostet aber extra, weil dies beinahe eine Zumutung ist“, scherzte sie. Ich reichte ihr ein Glas Rotwein.

      „Das muss als Extra reichen“, konterte ich.

      Sie leerte das Glas in einem Zug.

      „Ok, lass uns schnellstens mit deinen Haaren anfangen. Diesen Anblick ertrage ich nicht lange.“ Sie schob mich in mein Bad und ließ sich nicht einmal Zeit um Fine in Ruhe zu begrüßen. Diese kam mit ihrem Glas ins Bad hinterher geschlendert und lehnte sich in den Türrahmen. Dana rührte die Farbe an und ich freute mich schon auf das Ergebnis. Endlich würde ich wieder mein leuchtendes dunkelrotes Haar haben.

      Während die Farbe einwirkte, begann ich in der Küche das Essen zu zubereiten. Dana half Fine die ausrangierten Sachen runter in den Müll zu bringen. Ich kochte Spaghetti mit einer Gorgonzola-Sahne-Sauce. Das Rezept dafür hatte ich letztens in einer Zeitung gesehen, die es seit der Wende nun auch bei uns zu kaufen gab und ich wollte es unbedingt einmal aus-probieren. Zumindest roch es schon einmal sehr lecker und einfach zu kochen war es auch. Wir drei setzten uns an meinen Wohnzimmertisch und nahmen gespannt den ersten Bissen. Ein „mmmhhh“ und „lecker“ beurteilte das Gericht als gelungen.

      Nach dem Essen wusch Fine auf und Dana und ich verschwanden wieder im Bad. Sie wusch die Farbe aus meinen Haaren, trocknete sie mit dem Handtuch ab und nahm die Schere in die Hand.

      Eines der grauenvollsten Momente beim Friseur war immer das Schneiden für mich gewesen. Ich wollte keinen einzigen Zentimeter meiner Haare hergeben. Dana hatte jedoch schon öfters bei mir geschnitten und kannte meine Phobie. Von daher vertraute ich ihr, dass sie wirklich nur das Nötigste abschnitt.

      Trotzdem schaute ich, nach dem sie mir die Haare geföhnt hatte und mir den Blick endlich erlaubte, vorsichtig in den Spiegel.

      Genial. Ich erkannte mich fast selbst nicht mehr. Das dunkle Rot strahlte mir entgegen. Die Spitzen hatten wieder eine gerade Länge und das Haar schwang bei jeder Bewegung mit und leuchtete dabei je nach Lichteinfall von einem zarten pinkfarbenen Ton bis hin in ein tiefes blutrot. Begeistert fiel ich Dana um den Hals.

      „Das hast du super hin bekommen, endlich sehe ich wieder aus wie ich“, freute ich mich. Dana strahlte. Sie mochte es sehr, wenn man sie für ihre Arbeit lobte. Fine war von meinem Freudenschrei angelockt wurden und hob ihren Daumen als sie mich sah.

      „Tara du siehst bombastisch aus. Jetzt kann ich mich mit dir in Berlin blicken lassen“, neckte sie. Ich streckte ihr die Zunge heraus. Es war so schön meine Mädels mal wieder um mich zu haben, zusammen Scherze zu machen und sich einfach nur zu amüsieren. Keine Beziehungsprobleme, die einem den Spaß verdarben, Tränen gab es nur vor Lachen. Es tat so gut. Das Leben konnte doch so leicht sein, so unbeschwert und schön. Ich hätte es sicher nicht allein geschafft, die Dinge, welche ich von Max bekommen hatte und die, welche mich mit ihm verbanden zu entsorgen. Schon gar nicht ohne in mein altes Elend zurück zu verfallen. Es war klasse Freundinnen zu haben, die einem dabei halfen und mit Scherzen und teils sogar boshaften Bemerkungen diese Arbeit erleichterten.

      Dana trank noch gemütlich ein Glas Rotwein mit uns und wir quatschen über alles Mögliche. Halb elf verabschiedete sie sich von uns, leicht beschwipst, weil sie so gut wie nie Alkohol trank und ihr daher schon wenig davon reichte, um sie versaute Lieder singen zu lassen.

      „Ich habe keine Lust nach Hause zu laufen. Kann ich nicht bei dir schlafen?“, fragte mich Fine und öffnete die letzte Flasche Rotwein.

      „Das wollte ich dir auch schon vorschlagen. Ich fände es schön heute nicht allein schlafen zu müssen“, freute ich mich, glücklich über ihren Vorschlag. Wir überzogen mein Bett frisch und legten uns mit der Flasche hinein.

      Wir redeten noch lange, so lange, dass der Rotwein leer war und ich noch einmal aufstand um die Flasche Schnaps aus dem Müll zu holen, die Fine und Dana bereits entsorgt hatten, da sie Max gehörte. Es war ein Kräuter und wir schüttelten uns nach jedem Schluck. Gegen drei Uhr schliefen wir letztendlich aneinander gekuschelt ein.

      Ich wurde munter durch ein Geräusch, das ich in meinem Dämmerzustand noch nicht genau zuordnen konnte. Ich weigerte mich eigentlich schon wach zu werden, allerdings drang das Geräusch immer mehr in mein Ohr, so dass ich ohnehin wacher wurde. Ich zwang mich die Augen zu öffnen und blinzelte ins helle Licht. Es war bereits Tag, der Intensität der Sonne nach zu urteilen, sogar schon Mittag. Ich schaute neben mich. Fine lag nicht mehr im Bett. Ich seufzte und richtete mich langsam auf. Irgendetwas klapperte in meiner Küche. Neugierig stand ich auf und tapste barfuß zur Ursache des Geräuschs.

      In meiner Küche stand Fine umringt von Tüten, Tüchern, Essen und Töpfen. Sie hielt eine Tasse Kaffee in der Hand und grinste mich breit an.

      „Guten Morgen Schlafmütze, auch schon wach?, Ich war einkaufen. Solange schlafen wie du, kann ich nicht. Ich war bereits um neun putzmunter gewesen. Nun lass uns frühstücken. Ich habe schon einen Bären-hunger.“

      Sie hatte echt an alles gedacht. Das war ein Frühstücksangebot, wie man es nur aus Westhotels kannte oder aus McDonalds. Da standen Rührei, knusprig gebratene Speckstreifen, Toast, Brötchen, Mar-melade, Käse, Wurst, Honig, Obst, Joghurt, Orangensaft, Kaffee und sogar mein Lieblingsmüsli.

      „Und wo ist Nudossi? Oder Nutella?“, fragte ich sie mit hoch gezogenen Brauen? Erschrocken schaute sie mich an.

      „Mist, die habe ich vergessen. Soll ich noch mal fix los, welche holen?“

      „Oh Gott, nein, das war doch nur ein Scherz. Du hast so reichlich aufgefahren, dass ich gar nicht weiß, wie wir das alles schaffen sollen. Du bist spitze.“ Zufrieden grinste Fine.

      „Also Tara, wie ist es dir nun um dein Herz bestellt?“, fragte mich Fine und kratzte in ihrem Joghurtbecher herum.

      „Ganz gut. Ich freue mich auf unser Wochenende und ich fühle mich so gut wie lange nicht mehr“, antwortete ich und das war nicht einmal gelogen.

      „Das ist doch prima. Da treffen wir uns also morgen früh um acht Uhr am Hauptbahnhof?“

      „Eine furchtbare Uhrzeit, aber ja das tun wir.“ Ich verdrehte die Augen und grinste sie an. Ich wäre gern etwas später los gefahren, aber Fine hatte zeitlich alles durchgeplant und meinte, dass dies so sein müsste, schließlich würden wir erst in der Pension einchecken und dann bräuchten wir auch viel Zeit um in Ruhe uns schöne Kleidung kaufen zu können. Widerwillig stimmte ich ihr zu, da ich sowieso keine Chance gehabt hätte, sie bei diesem