du, wie viel länger unsere Konversationen damit werden würden?
WATTSEN: Als ob die nicht schon lang genug wären.
SHYLOCK: Eben. Also können wir bitte, nur, um die Sache einfacher zu machen, von dem Mörder sprechen, auch wenn er sich am Ende vielleicht als Frau erweist.
WATTSEN: Natürlich, mein Liebster. Obwohl du ja sicher weißt, dass Frauen ihre Opfer vergiften und Männer sie erschießen.
SHYLOCK: Welchen Sinn hätte es dann für eine Frau, einem Schützenverein beizutreten?
WATTSEN: Ich hasse es, wenn du Recht hast.
SHYLOCK: Da bist du nicht die einzige.
WATTSEN: Es sind vornehmlich Frauen, die das hassen, oder?
SHYLOCK: Nein, es sind auch Männer, aber die Frauen zeigen es mir mehr.
WATTSEN: Woran kann das nur liegen?
SHYLOCK: Weil sie mich für einen Frauenhasser halten.
WATTSEN: Und, stimmt das denn nicht?
SHYLOCK: Nein. Ich diskriminiere da nicht, ich kann Menschen allgemein nicht leiden. Also, warum hat er die Waffe nicht abgewischt?
WATTSEN: Vielleicht ist er sehr dumm?
SHYLOCK: Oder sehr clever?
WATTSEN: Und was machen wir jetzt?
SHYLOCK: Sollte ich das nicht fragen?
WATTSEN: Ich habe die Verdächtigen hierher eingeladen, damit wir mit ihnen sprechen können.
SHYLOCK: Gute Idee.
WATTSEN: Aber vorher muss ich noch was Wichtiges erledigen. (sie geht zur Toilettentür)
SHYLOCK: Und das wäre?
WATTSEN: Muss ich dir das wirklich erklären?
SHYLOCK: Wenn du es erklären musst, will ich es nicht wissen.
WATTSEN: Ich geh aufs Klo!
SHYLOCK: Das fällt unter „will ich nicht wissen“.
WATTSEN: Spießer! (geht ab)
SHYLOCK: (zum Computer) Meine Kollegin ist aufs Klo gegangen.
WATTSEN: (durch die Tür) Das will keiner wissen!
SHYLOCK: Das ist das Internet, das ist das einzige, was die wirklich wissen wollen! (zum Computer) Der neue Fall klingt interessant. Während mein Büro umgebaut wird, nutze ich meine Wohnung als Arbeitsplatz. Und jetzt kommen alle Verdächtigen hierher, damit wir mit ihnen sprechen können… man kann also sagen, dass ich mir die Arbeit mit nach Hause nehme. Was bedeutet… dass ich mir einen Mörder ins Haus hole. Offensichtlich ist das alles doch nicht so gut durchdacht. So, noch eine Wette platzieren und der Fall kann losgehen!
Zweite Szene
(Die Wohnung. Es klingelt an der Tür.)
SHYLOCK: Soll ich gehen?
WATTSEN: (durch die Tür) Na rate mal.
SHYLOCK: Dacht ich mir schon. (steht auf, geht zur Tür und öffnet sie) Hallo. Sie wünschen.
EMILIA: Es geht um den Mord.
SHYLOCK: Oh, wen wollen Sie denn loswerden? Nachbar? Ehemann? Steuerfahnder? Wir haben da gerade ein besonders günstiges Angebot.
EMILIA: Nein, Sie missverstehen. Ich möchte niemanden ermorden.
SHYLOCK: Deswegen sind Sie ja hierher gekommen. Damit andere die Drecksarbeit für Sie erledigen.
EMILIA: Es tut mir leid, sind Sie Sherlock Holmes?
SHYLOCK: Nein. Mein Name ist Shylock Holmes und ich mache natürlich nur Spaß.
EMILIA: Sie meinen, Sie sind nicht Shylock Holmes?
SHYLOCK: Doch, das schon, aber ich töte gegen Geld keine Menschen.
EMILIA: Und der Name?
SHYLOCK: Das ist eine lange Geschichte. Wissen Sie, wie meine Partnerin heißt?
EMILIA: Wattsen?
SHYLOCK: Dr. Wattsen, na, was sagen Sie nun? Ja, das klingt albern, da haben Sie Recht. Kommen Sie doch herein. Ich nehme an, es geht um den… Schützenkönig?!
EMILIA: Ja, das ist richtig. (tritt ein)
SHYLOCK: Schön. (schließt die Tür) Und Sie sind?
EMILIA: Unschuldig.
SHYLOCK: Gut zu wissen. Andererseits, wenn Sie die Tat jetzt zugeben würden, würden Sie uns eine Menge Arbeit ersparen.
EMILIA: Aber wenn ich es doch nicht war?
SHYLOCK: Dann würden Sie uns durch Ihr Geständnis nur unnötig aufhalten.
EMILIA: Ich dachte, Theo war es.
SHYLOCK: Theo?
EMILIA: Man hat ihn wenigstens verhaftet. War er es denn nicht?
SHYLOCK: Seiner Meinung nach nicht. Aber vielleicht will er sich nur um den Knast rumdrücken. Und Ihr Name ist…
EMILIA: …im Zusammenhang mit diesem Mord schon einmal gefallen, was mich sehr beunruhigt.
SHYLOCK: Ja, das kann ich verstehen!
EMILIA: Und ich weiß nicht warum. Wissen Sie, wie das ist, wenn man versucht, etwas zu erfahren, und man kommt keinen Schritt weiter?
SHYLOCK: Absolut!
WATTSEN: (tritt auf) Ah, hallo. Ich bin Katrin Wattsen, wir haben telefoniert.
EMILIA: Emilia Draeger. (sie geben sich die Hand)
WATTSEN: Nun, Frau Draeger, es ist sehr freundlich, dass sie sich mit uns unterhalten. Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten?
EMILIA: Ein Wasser.
WATTSEN: (sieht Shylock an)
SHYLOCK: (zuckt die Schultern) Ja, ich würd auch eins nehmen.
WATTSEN: (sieht ihn böse an)
SHYLOCK: Oh, klar, ich mach eins. Mit oder ohne Kohlensäure?
EMILIA: Mit, bitte.
SHYLOCK: Wir haben leider nur ohne.
WATTSEN: Warum fragst du dann?
SHYLOCK: Höflichkeit.
WATTSEN: Wir reden nachher noch miteinander.
SHYLOCK: Ich zittere schon.
EMILIA: Vorsicht, damit Sie nichts verschütten.
SHYLOCK: Ich geb mir Mühe. (er schüttet ihr etwas ein und bringt ihr ein Glas)
EMILIA: Danke.
WATTSEN: Nun, Frau Draeger…
SHYLOCK: Was ist Ihr Motiv?
EMILIA: Bitte?
WATTSEN: Bitte?
SHYLOCK: Naja, sie hat schon gesagt, dass sie es nicht war, da dachte ich, wir sparen uns das Drumrumreden und kommen direkt zur Sache. Was wäre Ihr Motiv?
WATTSEN: Ähm… (nimmt ihn beiseite) Was hast du vor?
SHYLOCK: Zeitersparnis?
WATTSEN: Inwiefern?
SHYLOCK: Wir haben sechs Verdächtige, richtig?
WATTSEN: Richtig.
SHYLOCK: Und ich nehme an, jeder von denen wird ein Motiv haben, den Ermordeten zu… ermorden?!
WATTSEN: Ja, nein, wieso?
SHYLOCK: Weil sie sonst nicht wirklich verdächtig wären, oder? Sonst sind das nur irgendwelche Leute, die die Möglichkeit zur Tat gehabt hätten.
EMILIA: Hallo? (winkt ihnen zu)