es konnte sein Gebiet um Coburg (einschließlich der fränkischen Exklave Königsberg) arrondieren, der Regierungsbezirk Pfalz war allerdings zunächst besetzt und blieb von Separatismus nicht verschont. Die acht Regierungen blieben erhalten, eine Verkleinerung fand keine parlamentarische Mehrheit.[260] Als untere Verwaltungsbehörden bestanden 162 Bezirksämter und 58 kreisunmittelbare Städte. Auch in Bayern wurde eine Verwaltungsreform gefordert, die Verwaltung galt als überdimensioniert. Der Freistaat hatte so viele Einwohner wie die preußische Rheinprovinz. Die bayerischen Staatsregierungen verwiesen auf den hohen Anteil ländlicher Gebiete und die Sparsamkeit der bayerischen Verwaltung.[261]
3. Weitere Mittel- und Kleinstaaten
58
Mittlere Ebene
Sachsen behielt seinen mehrstufigen Verwaltungsaufbau mit fünf Kreishauptmannschaften, 28 Amtshauptmannschaften und 21 bezirksfreien Städten. Sonderrechte der Lausitz waren ersatzlos fortgefallen. Die Abschaffung der kostspieligen mittleren Ebene, die keine Selbstverwaltung besaß, scheiterte. 1921 schaffte der Freistaat Ritter- und Freigüter ab; politischer Widerstand beschränkte sich auf Verfahrensfragen.[262] Württemberg schaffte die mittlere Ebene, vier Kreisregierungen, 1924 ersatzlos ab.[263] Das Land verteilte sich auf 61 Oberämter; allein die Landeshauptstadt Stuttgart gehörte keinem Oberamt an und besaß (durch ein eigenes Polizeipräsidium) eine Sonderstellung. Baden hatte die Mittelinstanz bereits 1863 abgeschafft; der Volksstaat teilte sich in vier Amtsbezirke und elf selbstverwaltete Kreise. Hessens mittlere Ebene, drei Provinzen, trug dem Umstand Rechnung, dass der relativ große und an wichtigen Verkehrswegen gelegene Volksstaat kein geschlossenes Territorium besaß, sondern sich auf die Landesteile Oberhessen, Starkenburg (zwischen beiden das preußische Frankfurt am Main) und Rheinhessen verteilte. Die Provinzen besaßen kaum selbstständige Befugnisse.[264] Oldenburg konnte als Freistaat trotz großer Entfernungen seine Exklaven, das Fürstentum Birkenfeld an der Nahe (trotz Separatismus)[265] und das Fürstentum Lübeck (Eutin) aus der Zeit als Großherzogtum bis zum Ende der Weimarer Republik halten und verlor sie erst 1937 durch das Groß-Hamburg-Gesetz.
59
Sonderfall Mecklenburg
Wie im Kaiserreich kam dem dünnbesiedelten Agrarstaat Mecklenburg-Schwerin eine anachronistische Rolle mit verwirrendem Dualismus staatlicher und kommunaler Verwaltung zu; nicht nur für Edgar Tatarin-Tarnheyden hatte die „Organisationsfreudigkeit der Nachrevolutionszeit dem Lande einen zu umfangreichen und kostspieligen Verwaltungsapparat geschenkt.“[266] Der Freistaat war in „Landdrosteien“ als staatliche Verwaltungsbezirke mit einem „Landdrosten“ an der Spitze eingeteilt, daneben bestanden entsprechende Ämter und Amtsverbände als Selbstverwaltungskörperschaften.[267] Viele Reformvorhaben scheiterten in allen Ländern an parlamentarischen Mehrheiten.
4. Stadtstaaten
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Stadt und Land
Die Stadtstaaten Hamburg, Lübeck und Bremen waren streng genommen ebenfalls Flächenstaaten, wobei in Hamburg sogar eine Unterscheidung zwischen Stadt und Land bestand; Lübeck hatte 1913 mit der Eingemeindung Travemündes und weiterer Vorstädte einen Schritt zur Einheitsgemeinde gemacht, doch bestanden weitere Landgemeinden; die Eingemeindung der Landgemeinden wurde in der Weimarer Republik fortgesetzt. Gleichwohl gab es weiterhin ein verwirrendes Exklavenwesen und komplizierte Fischereirechte in der Lübecker Bucht.[268] Bremen, 1918/19 kurzzeitig Räterepublik,[269] bestand aus drei räumlich getrennten Städten: (Stadt-)Bremen, seine nördliche Vorstadt Vegesack und Bremerhaven an der Wesermündung; dessen heute eingemeindete, 1924 gebildete Nachbarstadt Wesermünde war preußisch. Zu Hamburg gehörten die Städte Cuxhaven sowie Geesthacht und Bergedorf an der oberen Elbe. Die Stadt war in vier Landschaften aufgeteilt,[270] darunter das Amt Ritzbüttel an der Elbmündung und mehrere Landgemeinden in Schleswig-Holstein als Exklaven (Walddörfer).
G. Kirchliche Verwaltung
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Konsistorien
Für die katholische Kirche bedeutete der Wechsel der Staatsform wenig Veränderung.[271] Sie konnte auf eine seit Jahrhunderten bewährte klerikale Bürokratie zurückgreifen und profitierte von der neuen politischen Situation, auch über die Zentrumspartei. Die evangelischen Kirchen, seit der Reformation ohne Unterbrechung vom landesherrlichen Kirchenregiment geprägt, fanden sich in einer für sie neuen Situation ohne selbstverständliche christliche „Obrigkeit“. Zwar hatte es seit dem 19. Jahrhundert Bestrebungen gegeben, kirchliche und staatliche Verwaltung zu trennen, insbesondere die Konsistorien zu verselbstständigen und den Oberkirchenrat von der Staatsverwaltung zu lösen;[272] jetzt waren die evangelischen Kirchen durch Fortfall der Landesherren als summus episcopus auf sich allein gestellt. Dass von säkularen Politikern versucht wurde, über staatliche Aufsichtsrechte in die Kirchen zu wirken, stärkte Verselbstständigungstendenzen.[273] Letzte Reste patronatsähnliche Kirchenverwaltungen jenseits der Landeskirchen, die „Fürstlich Stolbergschen Konsistorien“ in Wernigerode und die Kreishauptmannschaft Bautzen für die sächsische Oberlausitz, wurden aufgehoben, gemeinsame Einrichtungen etwa in der Lehrerbildung fielen ganz in kirchliche Hand, darunter die württembergischen Seminare.[274]
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„Jahrhundert der Kirche“
Es fehlte nicht an evangelischen Stimmen, die den neuen Zustand als Chance begrüßten und sich ein Ende der dem Staat nachgebildeten Kirchenverwaltung wünschten. Führend war der konservative Berliner Pfarrer Otto Dibelius, dessen 1927 erschienenes Buch „Das Jahrhundert der Kirche“ zahlreiche Leser fand. Darin forderte er eine neue Form kirchlicher Verwaltung: „Die vom Staat übernommene bureaukratische Verwaltungsform, all diese Ratstitel, diese Scheidung der Beamtenklassen, dieses System von Erlassen und Verordnungen in dem unpersönlichen und unlebendigen Stil der staatlichen Kanzleien – das alles muß und wird einmal einem wirklich kirchlichen Gepräge weichen.“[275] Als „Körperschaften des öffentlichen Rechts“ waren die Kirchen ausdrücklich bestätigt worden, auch Dibelius betonte die öffentliche Aufgabe der Kirchen zum „Dienst an Volk und Staat.“
H. Über- und zwischenstaatliche Verwaltung
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Völkerrecht
Auch in der Weimarer Republik war der Rahmen der Verwaltung eindeutig der Nationalstaat. Über Internationale Organisationen wie den Weltpostverein[276] oder Abkommen zum Schutze des Geistigen Eigentums wie die „Berner Konvention“ von 1896 waren dessen Grenzen aber bereits in der Vorkriegszeit überschritten worden;[277] diese Arbeit wurde fast bruchlos fortgesetzt.[278] Eine internationale Schiedsgerichtsbarkeit in Handelsstreitigkeiten, deren wichtigste Behörde die 1920 gegründete „Internationale Handelskammer“ in Paris war, wurde von deutschen Kaufleuten wahrgenommen.[279] Der Völkerbund, dem das Deutsche Reich 1926 beitrat, gewann mit seinem zunächst überschaubaren Verwaltungsapparat für zwischenstaatliche Abkommen an Bedeutung. Eine echte internationale Behörde war sein „Internationales Arbeitsamt.“[280] Auch Organisationen wie das „Internationale Rote Kreuz“ hatten infolge des Krieges Verwaltungsaufgaben übernommen, etwa in der Fürsorge für Kriegsgefangene oder deren Angehörige.[281]
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Siegerverwaltung
Zu der Verwaltungsgeschichte der Weimarer Republik gehören schließlich die internationalen Kommissionen zur Überwachung der Friedensbedingungen, darunter die 1920 eingerichtete „Rheinlandkommission“ in Koblenz. Die oberste Behörde des besetzten Rheinlandes bestand aus Vertretern der Besatzungsmächte Frankreich, Belgien, USA und Großbritannien.[282] Die 1920 gebildete „Interalliierte Regierungs- und Plebiszitskommission für Oberschlesien“ in Kattowitz verwaltete die Abstimmungsgebiete in Oberschlesien bis zur Volksabstimmung 1922.[283] Sie galten auf deutscher Seite allgemein als einseitige Instrumente