Jetta Schapiro-Rosenzweig

Sag niemals, das ist dein letzter Weg


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habe, so dach­te er, würden sie ihm Bö­ses wün­schen und das könn­te schlecht für ihn aus­ge­hen. Er ver­göt­ter­te un­se­re Mut­ter und ist mit ih­rem Na­men auf den Lip­pen ge­stor­ben.

      Nun wen­de ich mich wie­der un­se­rem Le­ben im Klos­ter zu. Je­den Tag er­reich­ten uns neue schlech­te Nach­rich­ten. Es hieß, die Klös­ter würden durch­sucht. Die Bau­ern wur­den dar­an ge­hin­dert, ihre Le­bens­mit­tel ins Klos­ter zu brin­gen, sie wur­den durch­sucht und ihre Wa­ren wur­den ih­nen ab­ge­nom­men. Trotz­dem mussten wir nicht Hun­ger lei­den, denn die Schwes­tern teil­ten mit uns je­den Bis­sen. Schwes­ter Lu­cia pfleg­te im­mer op­ti­mis­tisch zu sa­gen: »Kin­der, nur die Hoff­nung nicht ver­lie­ren, wir wer­den Hit­ler noch über­le­ben!«

      Das Versteck im Klosterdach

      Jo­nas und Ja­scha hat­ten in­zwi­schen ein Ver­steck für uns ge­fun­den. Es be­fand sich un­ter dem Dach des Klos­ters. Mit Holz­lat­ten ver­bau­ten sie die Dach­kan­te, so dass ein Hohl­raum ent­stand, in dem wir uns wohl ver­ste­cken konn­ten. Tag und Nacht ar­bei­te­ten sie dar­an und tru­gen auch schon ei­nen Teil un­se­rer Sa­chen hi­n­auf. Von au­ßen war nichts zu er­ken­nen und vor den in­ne­ren Ein­gang hat­ten sie ein Fass Wein ge­stellt, über das man hin­weg­klet­tern musste. Der Ein­gang war eine ver­steck­te Klap­pe in der De­cke, die den Fuß­bo­den un­se­res Ver­stecks bil­de­te. Von un­ten konn­te man die­se Klap­pe nicht se­hen; sie wur­de von un­ten ge­öff­net und von oben ver­schlos­sen. Zwei Wo­chen ha­ben sie dar­an ge­ar­bei­tet. Au­ßer uns und den vier Non­nen wusste nie­mand da­von.

      Es war schon Ende März, eine Wo­che vor dem Pas­sah-Fest3. Plötz­lich hör­ten wir Bom­ben ex­plo­die­ren – Wil­na wur­de bom­bar­diert. Grö­ße­re Putz­tei­le flo­gen von den Wän­den, die Ge­fahr war groß. Wir durf­ten nicht mit den Non­nen in den Bun­ker flüch­ten, da­mit sie un­se­re Ge­gen­wart nicht be­merk­ten. Die Obe­rin und Schwes­ter Lu­cia wa­ren noch bei uns. Wir woll­ten sie über­re­den, in den Bun­ker hi­nab­zu­ge­hen, aber sie woll­ten uns nicht ver­las­sen.

      »Es ist Got­tes Wil­le«, sag­ten sie. »Was mit Euch pas­siert, pas­siert auch mit uns.« Die Bom­ben fie­len auf die Stadt, und wir hat­ten das Ge­fühl, dass un­ser Ende nahe sei und ganz Wil­na in Schutt und Asche läge. Die Fens­ter split­ter­ten und fie­len ein, der Ge­schirr­schrank stürz­te um und sein gan­zer In­halt fiel zu Bo­den und zer­schell­te. Wir gin­gen in die Die­le, die Obe­rin sag­te: »Be­tet zum lie­ben Gott, er wird uns hel­fen.«

      Plötz­lich war Stil­le, die Bom­bar­die­rung hör­te auf. Wir gin­gen ins Zim­mer zu­rück und vor lau­ter Mü­dig­keit schlie­fen wir so­fort ein. Wir wussten nicht, wie lan­ge wir ge­schla­fen hat­ten, als uns Schwes­ter Be­ne­dik­ta auf­rüt­tel­te. Sie zit­ter­te am gan­zen Leib. Die Ges­ta­po war ins Klos­ter ein­ge­drun­gen und woll­te es durch­su­chen. Die Obe­rin ver­lang­te ei­nen Durch­su­chungs­be­fehl zu se­hen, um et­was Zeit zu ge­win­nen. Uns ließ sie sa­gen, wir soll­ten Schwes­ter Be­ne­dik­ta fol­gen. So nah­men wir un­ser bisschen Hab und Gut und gin­gen ihr nach. Sie half uns, durch die Klap­pe zu klet­tern, Jo­nas war schon oben. Sie ver­schloss hin­ter uns die Öff­nung, und wir ver­such­ten uns zu fas­sen und Hal­tung zu be­wah­ren. Ja­scha und Jo­nas wa­ren stolz auf ihr Werk. Wir ver­such­ten uns ein­zu­rich­ten und hoff­ten, dass die Un­ter­su­chung bald be­en­det sein wür­de und wir in un­ser Zim­mer zu­rück­keh­ren könn­ten. Durch die Dach­spar­ren konn­ten wir die bren­nen­den Ka­ser­nen und die Lösch­ar­bei­ten se­hen. Es war ein Wun­der, dass das Klo­s­ter nicht ge­trof­fen wor­den war, ob­wohl wir so nahe la­gen.

      Es wur­de dun­kel und wir war­te­ten, ob je­mand zu uns kom­men wür­de. Die Durch­su­chung konn­te doch un­mög­lich so lan­ge dau­ern. Was war pas­siert? Wir ver­such­ten zu schla­fen, aber Schre­cken und Span­nung lie­ßen uns nicht zur Ruhe kom­men. Auch am an­de­ren Mor­gen war­te­ten wir ver­geb­lich, dass je­mand zu uns kom­men wür­de. Wir hat­ten kein Was­ser und lit­ten gro­ßen Durst. Da­durch, dass wir uns so be­eil­ten, hat­ten wir nichts zu Trinken mit­ge­nom­men.

      Es war ab­ge­spro­chen wor­den, dass fünfmal Klop­fen das Zei­chen war, dass al­les vo­rü­ber sei. Aber kein Zei­chen er­tön­te, und un­se­re Span­nung wur­de im­mer grö­ßer. Wir mussten an­neh­men, dass mit den Schwes­tern et­was pas­siert war, und es kam uns zu Be­wusst­sein, dass wir uns selbst um­tun mussten, um aus un­se­rem Ver­steck he­raus­zu­kom­men. Ja­scha, die Obe­rin und die Schwes­tern hat­ten vo­raus­ge­se­hen, dass die­se Si­tua­ti­on ein­tre­ten könn­te und hat­ten deshalb eine Säge mit ins Ver­steck ge­nom­men. Mit ih­rer Hil­fe konn­te man eine Öff­nung in die Dach­wand sä­gen, auf die­se Wei­se ent­kom­men und über den Dach­spei­cher zu den Dä­chern des Klos­ter­gym­na­si­ums ge­lan­gen. Von dort war der Weg zur Stra­ße frei. Wir ver­brach­ten noch eine zwei­te Nacht in un­se­rem Ver­steck. Dann er­klär­te ich, dass ich be­reit sei, hi­nun­ter­zu­ge­hen, um fest­zu­stel­len, was ei­gent­lich pas­siert sei. Da­bei woll­te ich auch ver­su­chen, Was­ser zu be­sor­gen. Ich hat­te Haus­schu­he an, so war mein Gang sehr lei­se, au­ßer­dem hat­te ich mich in ein schwar­zes Tuch ge­hüllt. Ich woll­te mich, wenn die Ges­ta­po mich auf­spü­ren soll­te, als Non­ne aus­ge­ben.

      Ich ging hi­nun­ter und zähl­te auf dem Flur die Tü­ren, an de­nen ich vor­bei­kam, um mei­nen Rück­weg wie­der fin­den zu kön­nen. Auf ein­mal sah ich in ei­nem der Zim­mer Licht und hör­te auch Stim­men. Als ich vor­sich­tig hi­nein­schau­te, sah ich etwa zwan­zig Män­ner ver­gnügt da­sit­zen, sie aßen und tran­ken, von den Schwes­tern war kei­ne Spur mehr zu er­ken­nen.

      Ich rann­te zu­rück zu un­se­rem Ver­steck, mei­ne Beine wa­ren wie Wat­te vor Angst und Schre­cken. Ich gab das ver­ab­re­de­te Zei­chen – fünf­mal Klop­fen – und die Klap­pe ging auf. Ich be­rich­te­te al­les, was ich er­späht hat­te, und uns al­len war schlimm zu­mu­te. Uns war klar, dass wir hier he­raus­kom­men mussten, und wir über­leg­ten hin und her, was wir tun konn­ten. Die drit­te Nacht brach­ten wir in Käl­te und ohne Was­ser zu; zum Glück hat­ten wir we­nigs­tens war­me De­cken. Vor lau­ter Angst ver­ga­ßen wir un­se­ren Durst.

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