Jutta von Kampen

Mami Bestseller Staffel 3 – Familienroman


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bisher reizend fand!«

      Ihre Stimme wurde ein wenig zu scharf.

      Der Professor versuchte zu vermitteln.

      »Es ist mir leider nicht gelungen, meinem Sohn Manieren beizubringen! Vielleicht schaffen Sie es, gnädiges Fräulein.«

      »Nachhilfeunterricht wollte ich eigentlich woanders nehmen!« erklärte Hans-Günther, und wieder lief sein Blick verschwörerisch zu Urte hinüber. Einlenkend wandte er sich dann an Toska: »Ich fürchte, du bist keine Pädagogin.«

      Ein leises lockendes Lachen erklang. »Sicher nicht! Dann wäre ich Gouvernante geworden. Stelle dir vor: Stehkragen, Brille und der erhobene Zeigefinger!«

      H.G.B. sah auf das großzügige Dekolleté des schwarzhaarigen Mädchens und meinte versonnen: »Lieber nicht. Ich bin ein ängstlicher Typ. Am meisten würde mich der warnende Zeigefinger stören.«

      Die eisblauen Augen brannten. Eine Stichflamme schoß zu dem jungen Mann hinüber.

      Vulkan unterm Eis! dachte Urte bitter. Welcher Mann kann sich retten, wenn dieser Vulkan ausbricht…

      Das Essen kam und unterbrach das Geplänkel. Während der Mahlzeit unterhielten sich hauptsächlich Vater und Sohn.

      H.G.B. suchte einige Male Urtes Blick, aber sie wich ihm absichtlich aus. Ein herber Trotz war in ihr aufgestiegen. Hans-Günther Buss sollte sich nicht einbilden, daß er sie in seinen Harem einreihen konnte!

      Sie wurde immer einsilbiger. Nur wenn der alte Herr sie ins Gespräch zog, zeigte sie ihre gewohnte unbefangene Liebenswürdigkeit.

      Bald nach dem Essen wurde Urte unruhig. Sie sah auf ihre Armbanduhr.

      »Ich muß mich verabschieden!« sagte sie spontan.

      »Ah, ja, Mutterpflichten rufen!« bemerkte der alte Gelehrte verständnisvoll lächelnd. »Ich komme mit Ihnen.«

      »Schade!« sagte H.G.B. und sah Urte dabei an. »Ich fahre Sie selbstverständlich nach Hause.«

      »Danke, ich möchte lieber zu Fuß gehen. Der Abend ist so schön und der Weg nicht weit.«

      »Sie haben durchaus recht!« pflichtete Professor Buss ihr bei. »Gehen wir zu Fuß, das ist viel netter und gesünder.«

      Sie verabschiedeten sich. Hans-Günther begleitete sie noch bis zur Tür des Restaurants. »Ich würde gern mitkommen, aber – leider – die beruflichen Pflichten erstrecken sich bei mir bis ins Privatleben.«

      »Ich habe nicht den Eindruck, daß Sie darüber sehr unglücklich sind«, bemerkte Urte. »Viel Spaß noch für den Rest des Abends.«

      »Ich kann dazu nur sagen, daß der Schein trügt«, antwortete der Mann ernst. »Gute Nacht und bis bald.«

      Urte spürte, daß die Flamme der Hoffnung in ihr zu züngeln begann, aber sie verdrängte dieses Gefühl sofort.

      »Verlebt Ihr Sohn seinen Urlaub hier, Herr Professor, oder ist er nur auf der Durchfahrt abgestiegen?« Diese Frage brannte Urte auf der Zunge. Endlich war sie heraus.

      »Keins von beiden. Er kommt hin und wieder aus beruflichen Gründen hierher.«

      »Was hat er für einen Beruf?«

      »Beruf!« schnaufte der Professor, Verachtung in der Stimme. »In meinen Augen ist das kein Beruf! Er lebt davon, daß er den Leuten klarmacht, daß sie dieses oder jenes unbedingt brauchen und darum kaufen müssen. Er ist darin, glaube ich, sehr geschickt, und auf seine Art erfolgreich.«

      Handelsvertreter also, dachte Urte.

      »Ja, sehr erfolgreich«, fuhr der alte Gelehrte nach kurzer Pause fort. »Leider, kann ich nur sagen! Hans-Günther führt ein Leben, das ich absolut nicht billige. Er verdient eine Menge Geld ohne ernste Arbeit. Und dann diese – Damen, mit denen er dauernd Umgang hat!« Er machte eine verächtliche Handbewegung. »Das alles trägt nicht gerade zur Festigung seines Charakters bei. Die Versuchungen sind zu groß. Der Mensch ist von Natur aus bequem und leider auch oberflächlich.«

      Der Professor schwieg. Sie hatten die Stadtmauer hinter sich gelassen. Ein lauer Wind streichelte die Haut. Die Grillen zirpten ihre Liebessehnsucht in die Sommernacht. Urte wurde das Herz seltsam schwer.

      So war das also! Ein erfolgreicher Salonlöwe, wie man früher sagte, war dieser Hans-Günther. Eine Art Playboy…

      Urte fühlte sich enttäuscht, obwohl sie sich immer wieder sagte, daß ihr dies gleichgültig sein mußte!

      Plötzlich, aus tiefen Gedanken heraus, fuhr der alte Herr fort: »Dabei glaube ich ganz sicher zu wissen, daß Hans-Günther viele gute Anlagen hat. Aber ihm ist im Leben alles zu leicht gemacht worden. Überall ist ihm der Erfolg in den Schoß gefallen, schon in der Schule, bei diesem Beruf und erst recht bei den Frauen.«

      Urte spürte einen nadelfeinen Stich in der Herzensgegend. Sie wußte nicht, was sie antworten sollte. Aber der Professor bemerkte gar nicht, daß sie schwieg.

      »Ich glaube«, meinte er schließlich, »daß nur eine Frau meinen Sohn wandeln könnte. Eine vernünftige Frau, nicht eine dieser aufgeputzten Puppen.«

      Urte lachte leise, obwohl eine seltsame Wehmut sie erfüllte. »Sehr schmeichelhaft ist Ihr Urteil nicht gerade für die Dame.«

      Der Gelehrte winkte ab. »Aber treffend! Leider, das ist es ja! Welch vernünftige Frau würde das Risiko eingehen, sich mit einem Mann zu befassen, der so einen Lebensstil vorführt wie mein Herr Sohn. Wenn er nicht bald zur Vernunft kommt, dann ist Hopfen und Malz verloren, fürchte ich.«

      »Aber vielleicht will er sich gar nicht wandeln. Sicher fühlt er sich sehr wohl.«

      »Das ist es ja. Was soll man machen? Er ist erfolgreich, er ist ein moderner Mensch. Aber ob er sich in seinem Privatleben glücklich fühlt, das wage ich zu bezweifeln. Der Mann ist erst ein Ganzes, wenn er die zu ihm passende Hälfte gefunden hat.«

      Urte sah den Professor aufmerksam an. »So kann man nur aus eigener Erfahrung sprechen!«

      »Stimmt genau. – Die meisten Menschen spötteln darüber und wissen gar nicht, daß sie damit ihre eigene Gefühlsarmut offenbaren. Aber leider ist es auch so, daß nur wenige Menschen dem richtigen Partner zur rechten Zeit begegnen!«

      Urte seufzte tief auf. »Ja, das stimmt!«

      Jetzt lächelte der Professor. Es war ein wissendes Lächeln. »Kein Grund zur Verzweiflung, mein Kind. Man muß warten können – das ist das Geheimnis.«

      Diese Feststellung hatte etwas Tröstliches. Die Wehmut paarte sich mit der Hoffnung, und Urtes Herz wurde etwas leichter.

      Für den Rest des Weges schwiegen beide und ließen den Abendfrieden auf sich wirken. Gegen den hellen Nachthimmel stand die mittelalterliche Silhouette wie ein Scherenschnitt. Urte spürte, wie die geheimnisvolle Aura der vergangenen Jahrhunderte sie anwehte.

      *

      Am nächsten Morgen schreckte Urte aus einem Alptraum auf. Sie stand am Rande eines Kraters aus Eis und plötzlich brach eine Feuersäule aus, die sie weit fortschleuderte. Sie fiel rasend schnell und dann hörte sie ein bekanntes Lachen. Sie sah die Frau mit den kupferroten Haaren und den eisblauen Augen.

      »Das ist mein Revier!« rief die Mondäne. »Merk es dir!« Und dann wieder dieses Lachen.

      Urte war erwacht. Das Lachen kam von Veronika. Das kleine Mädchen saß am Fußende des Bettes.

      »Du bist zusammengezuckt, Urte!« Es lachte wieder.

      Urte spürte noch heftiges Herzklopfen. Sie fuhr sich über die Stirn. »Ich bin im Traum gefallen.«

      Veronika nickte verständnisvoll. »So was habe ich auch schon geträumt. Da kriegt man einen schönen Schreck, nicht?«

      »Kind, du wirst dich wieder erkälten, komm unter die Decke!«

      Wie ein Kätzchen huschte Veronika unter die angehobene Bettdecke. Sie