für Sabrina ein anständiges Pferd zu kaufen. Das war der Familie auf Anhieb gelungen. Tosca konnte alles, war viele sehr hohe Springen gegangen. Also schlussfolgerte er, dass Sabrina dieses Pferd nur noch durch den Hindernisparcours lenken musste. Der Rest erledigte sich von selbst.
Herr Rücker war selbst nie geritten, überhaupt war er recht unsportlich, was bei seiner untersetzten Figur auch nicht verwunderlich war. Aber er mochte die edlen Tiere und die stilvolle Atmosphäre um den Reitsport, genau wie seine Frau.
Auch sie schätzte den noblen Dunstkreis, der zog Geld und Klasse an. Und das war nicht zuletzt für das Baugeschäft interessant.
Herr Rücker kreiste mit dem Pferdehänger bereits zum zweiten Mal über den Parkplatz des Turniergeländes und fand keine Lücke. Es war brechend voll. Ihm schwoll bereits der Kamm, als Sabrina rief: „Papa, guck da hinten ist noch etwas frei.“
Er reckte seinen kurzen Hals. „Wo, ich sehe nichts.“
„Da hinten steht der gelbe Jeep von Carola Park. Daneben ist noch etwas frei.“
„Na, endlich. Ein drittes Mal wäre ich nicht hier herumgefahren.“ Etwas gnädiger meinte er jetzt: „Das passt gut. Dann ist Frau Park nicht weit weg und kann dir ein paar Tipps für die Springprüfung geben.“
„Später, jetzt gehe ich zuerst eine Bratwurst mit Pommes frites essen.“ Schnell sprang sie aus dem Geländewagen heraus und machte sich auf den Weg zur Würstchenbude.
„Sabrina, wir haben gerade erst zu Mittag gegessen“, zeterte ihre Mutter. „Denk ein bisschen an deine Figur. Nimm wenigstens keine Mayonnaise zu den Pommes frites.“
Sabrina winkte ab und folgte dem Duft von heißem Fett und Fleisch. Ach, wie gut das roch, dachte Sabrina. Ohne eine Bratwurst lief nichts. Die musste einfach sein, auch wenn sie manchmal Bauchschmerzen davon bekam. Die Gier war einfach zu groß.
Ihre Mutter konnte das nicht verstehen. Die war schlank, aß immer gesundes Grünzeug. Sie selbst hatte dagegen immer Hunger, wie ihr Vater, und von ihm auch die Figur. Nur das kräftige blonde Haar, um das sie alle beneideten, hatte sie von ihrer Mutter geerbt. Ganz in Gedanken flocht sie einen dicken Zopf, den sie mit Schwung nach hinten schmiss. Dann gab sie ihre Bestellung auf.
Sabrina ging mit ihrem voll beladenen Teller an einen Tisch, an dem auch Pauline mit einem Stück Kuchen saß. Sie hatte Pauline bei Carola Park kennengelernt und sich ein bisschen mit ihr angefreundet. Pauline war so alt wie sie, dreizehn, und immer sehr hilfsbereit und freundlich. Na ja, sie musste eben Geld verdienen und ihr Vater hatte Pauline den einen oder anderen Geldschein zugesteckt. Sabrina hatte das Gefühl, von Pauline bewundert zu werden, zu Recht wie sie fand, und das gefiel ihr.
„Hallo Pauline, reitest du auch heute hier oder musst du der Park helfen?“
„Nein, ich bin heute nur für Carola hier. Sie will nachher ein junges Pferd vorstellen. Das ist etwas zappelig und ich soll ihr beim Satteln zur Hand gehen.“
„Mmh“, antwortete Sabrina mit vollem Mund. „Wann fängt die Prüfung an?“
Pauline sah auf die Uhr und sprang auf. „Oh, jetzt gleich. Ich muss zu ihr gehen, viel Glück mit Tosca.“
„Wird kein Problem sein“, gab Sabrina blasiert zurück.
Als Pauline verschwunden war, sah Sabrina, dass die Familie Falkenberg zwei Tische weiter saß. Luisa hatte rot geränderte Augen und die Eltern guckten ernst. Nur die kleine Neele sah normal aus. Was da wohl los war? Mitleid hatte sie keines. Sie konnte Luisa nicht leiden und hatte mit ihr schon mächtigen Ärger gehabt. Immer musste die sich in alles einmischen. Die hielt sich für den großen Pferde-Guru. Von Pauline wusste sie, dass sich Luisa für jede Woche einen Reitplan machte, jeden Tag auf ihrem Pferd saß und dauernd Reitunterricht nahm, sogar Dressurunterricht. Dressurunterricht bei einem Springpferd! Die tickte ja nicht ganz richtig! Ach, was dachte sie überhaupt darüber nach? Die mit ihrem Condor kam ihr sowieso nicht mehr in die Quere. Der Bock blieb überall stehen. Sie dagegen würde mit ihrer neuen Stute alle schlagen und brauchte sich dafür noch nicht einmal anzustrengen. Eine wohlige Wärme durchströmte ihren Körper.
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Veilchens richtiger Riecher
Als Luisa am nächsten Morgen von ihrer Mutter geweckt wurde, durchfuhr sie sofort ein bitteres Gefühl. Es brauchte eine Weile, bis ihr die Geschehnisse vom Vortag wieder vollständig ins Bewusstsein drangen. Dann lagen sie zentnerschwer auf ihrer Brust. Statt für die Schule aufzustehen, drehte sie sich einfach in ihrem Bett herum. Sie wollte wieder einschlafen und vergessen. Doch nach einigen Minuten kam ihre Mutter erneut ins Zimmer.
„Luisa, du musst aufstehen, sonst kommst du zu spät zur Schule.“
Luisa zog sich die Decke über beide Ohren und tat so, als ob sie nichts gehört hätte. Ihre Mutter setzte sich zu ihr und zog behutsam die Decke fort. Traurig drehte sich Luisa zu ihr um: „Mama, ich kann heute nicht zur Schule gehen.“
Ihre Mutter strich ihr sanft über die braunen Locken. „Ja, meine Kleine, dann schlaf noch ein bisschen, und nachher schauen wir zusammen in die Reiterzeitung.“
Nach einer Stunde kam Luisa in Bademantel und Hausschuhen in die Küche. Ihr Vater war bereits zur Arbeit gefahren und Neele in der Schule. Geschlafen hatte sie nicht mehr. Aber sie hatte viel nachgedacht.
Immer noch verunsichert sagte sie: „Mama, Neele darf Condor nur dann reiten, wenn ich dabei bin und sie muss genau das tun, was ich ihr sage.“
„Aber ja, natürlich. Du kennst Condor am besten. Neele wird dir dankbar sein, wenn du ihr so viel wie möglich hilfst und erklärst. Sie mag ihn sehr und will sicher alles richtig machen.“ Ihre Mutter schmunzelte. „Eigentlich mag sie alle Pferde, aber was vielleicht noch wichtiger ist, sie macht sich keinen Druck. Im Gegensatz zu dir, meine Kleine, du bist ungeduldig, willst mit dem Kopf durch die Wand. Und dann plagen dich plötzlich Selbstzweifel. Aber das zeigt natürlich auch deinen Eifer und deinen Willen voranzukommen. Das finde ich prima. Du bist mit ganz viel Herz dabei. Und diesen Eifer, den muss man unterstützen.“
„Ja?“, fragte Luisa und auf ihrem Gesicht erschien ein flüchtiges Lächeln. Ihre Mutter war ihr gar nicht böse? Und sie nahm sie sogar ernst. „Ich ... ich“, druckste sie, „ich werde mit Condor ganz viel ins Gelände gehen, damit er wieder glücklich wird. Er soll es doch gut haben. Und ich werde Neele helfen.“ Luisa setzte sich an den Küchentisch und nippte an einer Tasse Kakao.
„Hier, sieh mal.“ Ihre Mutter reichte einen Stapel Reiterzeitungen herüber. „Wenn du Lust hast, schauen wir zusammen die Annoncen durch.“
„Nehmt ihr mir Condor auch ganz bestimmt nicht weg? Auch Papa nicht?“
„Nein, du kannst dich hundertprozentig auf uns verlassen. Das weißt du doch.“
„Mmh“, murmelte Luisa. Sie überflog die Seiten und blätterte ein bisschen herum. „Da ist nichts, hab ich doch schon gesagt.“
„Ach, Luisa. Ich habe vorhin auch schon einmal einen Blick in die Zeitschriften geworfen. Guck doch mal richtig hin und dann kreuzt du die interessanten Inserate an. Hier ist ein Stift.“
Endlich las Luisa genauer in dem Anzeigenteil. Ihre Mutter schmierte ihr ein Brot mit Erdbeermarmelade und stellte es ihr vor die Nase. Aber Luisa schob es wieder weg. „Ich will nichts essen.“
„Beiß wenigstens einmal ab.“
Und während Luisa ganz allmählich das Marmeladenbrot mümmelte, erschien in den Magazinen ein Kreuz nach dem anderen.
„Da“, Luisa gab die Blätter zurück, „aber du musst bei den Leuten anrufen.“
Luisas Mutter wählte die erste Nummer – leider ohne