Michael Puntigam

Gesundheit durch die Kraft der Nahrung


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Vermutlich werden wir – oder unsere Kinder – über das, was wir heute als wissenschaftlich bezeichnen, laut lachen. Besonders in der Medizin und in der Ernährungswissenschaft wird das der Fall sein. Etwas anders verhält es sich mit dem traditionellen Wissen. Die Menschheit hat in Tausenden von Jahren weitreichende Erfahrungen über Kreisläufe, Energien, Nahrung, Arzneien, wiederkehrende Wandlungsphasen, spirituelle Kräfte, kausale Zusammenhänge, empirische Beobachtungen, Gesetzmäßigkeiten der Natur, Heilwirkungen von Pflanzen usw. zusammengetragen und über einen sehr langen Zeitraum hinweg immer wieder geprüft. Dieses Wissen hat also einen bestimmten Wahrheitsgrad erreicht und ist für mich die eigentliche Weisheit, auch wenn dies mit unseren modernen Methoden nicht untersucht oder bestätigt werden kann.

      Was unsere Ernährung, unsere Heilkräuter und unsere Medizin anbelangt, sollten moderne Erkenntnisse aus dem Labor kritisch hinterfragt werden. Besonders in einer Zeit, in der Studien mit Geld und Vorgaben von Lebensmittelkonzernen und Interessensgruppen in Auftrag gegeben werden. Traditionelles Wissen gehört uns allen und ist das Kapital der Menschheit. Ein Grundwissen jeder und jedes Einzelnen über den Körper, Krankheiten, Nahrungsmittel, Kochmethoden, Heilkräuter und Möglichkeiten der Selbstdiagnose sollte ein wichtiger Bestandteil jeder Gesellschaft sein. Nur so kann die Gesundheit der Menschen in Unabhängigkeit und Freiheit funktionieren und zu einer Wechselbeziehung mit einer heilen Erde beitragen. Die Erde ist ein Teil unseres eigenen Lebens, sie ist die Mutter unserer Nahrungsmittel. Sie ist ein Teil dieser Verbindung, die es uns ermöglicht zu überleben. Wenn wir uns darauf konzentrieren sicherzustellen, dass diese Verbindung vorhanden ist, wird dies allein ausreichen, um unsere wahren Bedürfnisse zu befriedigen.

       Wasser, das wir nicht sehen, aber verbrauchen

       Für die Herstellung von einem Kilogramm Lebensmittel bzw. einem Liter Getränke wird die vielfache Menge Wasser benötigt, sogenanntes „virtuelles Wasser“.

      image 1 Badewanne entspricht etwa 140 Liter Wasser

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      Machen Sie sich einmal bewusst, was Kuhmilch eigentlich ist: Kuhmilch ist Muttermilch, die für das junge Kalb gedacht ist. Anstatt sie dem Kalb zu geben, wird es von der Mutter getrennt und diese wird jahrelang unter schmerzenden Eutern gemolken, als ob sie für immer ein kleines Kalb zu versorgen hätte.

      Wir Erwachsene brauchen keine Muttermilch und schon gar nicht die einer Kuh, die unnatürliches Futter, Antibiotika und kaum frisches, natürliches Gras oder Heu zu fressen bekommt. Einige Studien bringen den Verzehr von Kuhmilchprodukten sogar mit Zellveränderungen und Krebserkrankungen in Verbindung. Oft wird auch behauptet, dass Kalzium in ausreichendem Maße nur in Kuhmilch vorkommt, was aber nicht stimmt. Die Bioverfügbarkeit von Kalzium ist in pflanzlichen Nahrungsmitteln teils höher als in Kuhmilch.

      Es gibt viele pflanzliche Eiweißquellen. Tiere müssen also nicht gemästet, gequält, getötet, Unmengen an Wasser und Lebensraum nicht für Massentierhaltung verbraucht werden. Die Massentierhaltung ist einer der größten Faktoren für CO2-Emissionen und für die Klimaveränderung. Meeresfische sind mittlerweile voll von Schwermetallen und Plastik, die Meere leergefischt. Wenn überhaupt, sollte nur mehr heimischer Fisch gekauft und gegessen werden.

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      Aus Sicht der Gesundheit gibt es keinen Grund dafür, heute noch an Fleisch und Milchprodukten festzuhalten. Wenn Sie auf Fleisch verzichten möchten, aber die Gewohnheit und das Verlangen nicht loswerden können, probieren Sie, sich Folgendes vorzustellen: Setzen Sie sich in einen Käfig oder Transportwagen, in dem normalerweise Tiere zum Schlachthof gebracht werden. Verbringen Sie gedanklich eine längere Zeit dort. Wenn Sie Hühnchen mögen, verbringen Sie einige Zeit in einem Hühnerkäfig. Wenn Sie Schweinefleisch mögen, verbringen Sie einige Zeit in einem Schweinestall; bedenken Sie dabei, dass Schweine laut österreichischer Tierhaltungsverordnung auf sogenannten Vollspaltböden leben, ganz ohne Stroh, nur in ihren eigenen Exkrementen, was zu diversen Krankheiten führt wie Gelenksentzündungen.5 Merken Sie, wie es sich anfühlt. Dann entscheiden Sie.

      Im traditionellen Asien lebte man nach dem Spruch: „Nimm die Pflanzen als deine Nahrung und das Fleisch nur, wenn du dich stärken musst.“ Gemeint ist, dass für unser Leben eine pflanzliche Ernährung vorgesehen ist. Das Fleisch gleicht eher einer Medizin nach einer erschöpfenden Krankheit (Hühnersuppe) oder bei Gebrechlichkeit von älteren Menschen. Es ist eine Substanz, die uns kurz helfen kann. Fleisch war aber nie als unser Hauptnahrungsmittel gedacht.

      Wir stehen heute am Scheideweg mit unserer Mutter Erde. Es stellt sich nicht mehr die Frage, ob und wann wir auf die erforderlichen Maßnahmen eingehen, sondern ob wir diesem Wandel bewusst begegnen und ihn aktiv mitgestalten. Alternativ könnten wir warten, bis Katastrophen uns heimsuchen und großes Leid auf uns zukommt und dieser Zustand uns letztlich dazu zwingt, radikale Einschnitte und Maßnahmen durch totalitäre Gesetze hinzunehmen. Das sind keine Horror-Hypothesen, sondern wir alle erleben das bereits in gewisser Weise. So wie die Ernährungswissenschaft nicht wirklich zu einer besseren Ernährung der Menschheit geführt hat, verhält es sich auch mit unserem Planeten. Zu „toter“ Materie wie Teilchen, Partikeln, Elektronen und chemischen Substanzen können wir keine Beziehung aufbauen, was eine ganzheitliche Sicht auf unsere lebende Erde verunmöglicht. Menschen der alten Kulturen haben die Luft, das Wasser, die Erde, Steine und Pflanzen stets als heilig, geistig und lebendig betrachtet und ihnen Namen gegeben wie Demeter, Natura, Gaia, Pachamama. NaturgöttInnen sind nicht, wie von Kolonialisten bezeichnet, ein Aberglaube, vielmehr helfen sie uns, die abhängige Verbundenheit der verschiedenen Wesensarten und Phänomene zu verstehen. Spiritualität bedeutet für mich in erster Linie, diese Verbundenheit wahrzunehmen und die Erkenntnis darüber zu erlangen, dass es so etwas wie ein unabhängiges „Ich“ gar nicht geben kann. Die Entfremdung von der Natur, anderen Menschen und uns selbst ist der Beginn von Ausbeutung, Beziehungslosigkeit, wirtschaftlichem Wachstumswahn und leidbringenden Taten. Unsere Gesellschaft wieder in eine gute, lebendige und mitfühlende Beziehung zur Natur zu führen, bleibt eine der dringlichsten Aufgaben, vor der wir stehen. Die Beschäftigung mit den fünf Wandlungsphasen der TCM ist eine gute Möglichkeit, um diese lebendige Beziehung zu unserer Erde zu lernen und zu verstehen. Denn mittlerweile ist klar, dass wir, wenn wir so weitermachen, bald nicht mehr auf diesem Planeten leben werden können. Haben Sie schon einmal darüber nachgedacht, was es bedeutet, unseren Nachfahren und Kindern keinen Lebensraum zur Verfügung stellen zu können? Jede und jeder von uns ist in der Verantwortung, nachhaltiger zu leben, den Konsum einzuschränken, auf gewisse Dinge zu verzichten, wieder mehr lokal und unverpackt einzukaufen.

       Weltweite CO2-Emissionen 1990–2018

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      Laut Global 2000 ist die Nutztierhaltung für mehr als die Hälfte der Emissionen der heimischen Landwirtschaft verantwortlich. Hinzu kommen noch „die Abholzung des Regenwaldes sowie der Import von Fleisch aus anderen Ländern. In Summe erzeugt die Ernährung der Österreicherinnen und Österreicher rund 12,5 Millionen Tonnen CO2eq und damit mehr als der Personenverkehr auf den Straßen Österreichs (12 Millionen Tonnen CO2eq).“6 Nicht nur für unser Klima stellt die Nutztierhaltung, meist Massentierhaltung, eine Belastung dar, sondern auch für unser Wasser. Von Millionen Tieren wird eine Unmenge an Gülle ausgeschieden und diese verursacht durch ihren hohen Gehalt an Problemstoffen große Umweltverschmutzungen. In Deutschland hat die intensive Schweinemast sogar dazu geführt, „dass Trinkwasser fast um die Hälfte teurer werden wird, weil ausgebrachte Gülle eine aufwändigere Reinigung des Wassers in Kläranlagen nötig macht.