Katherine V. Forrest

Wüstenfeuer


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der Datenbank von DMV, der Kraftfahrzeugzulassungsstelle. Sie sagte zu Walcott: »Wenn Sie sich an AutoTrack setzen, können Sie dann noch einen weiteren Namen durchlaufen lassen?«

      »Und der wäre?«

      »Jonathan Philip Souza. Wie John Philip Sousa, nur mit Z statt mit S.«

      »Jonathan Philip Souza«, wiederholte Walcott. »Und was zum Teufel hat der mit der Sache zu tun?«

      Kate grinste. »Nichts. Sagen wir, eine Hand wäscht die andere.«

      »Na schön. Ich vertraue darauf, dass keine niederen Beweggründe dahinterstecken.«

      »Ganz im Gegenteil. Ich weiß es zu schätzen, Captain.«

      »Kate, ich habe, was diese Sache mit Joe angeht, ein ganz ungutes Gefühl. Was für eine Atmosphäre nehmen Sie dort im Haus wahr?«

      »Ich bin mir nicht sicher«, antwortete Kate ehrlich. »Vielleicht gibt es einen Grund für all das, und vielleicht ist alles in bester Ordnung. Aber lassen Sie mich zusehen, was ich sonst noch herausfinden kann. Und gehen wir so zügig wie möglich vor.«

      »Ich rufe Sie wieder an.« Walcott legte auf.

      4

      Kate kehrte in ihre Wohnung zurück. Sie füllte Miss Marples Futter- und Wassernapf, stellte den Fernseher an, ließ sich in ihren Sessel sinken und nahm einen Roman aus dem Regal neben sich, das mit neuen Büchern gefüllt war, die wie ungeöffnete Pralinenschachteln auf sie warteten – der köstliche Genuss immer in Sicht.

      Sie war nicht in der Lage, sich auf die neuesten Ergüsse in Sachen Präsidentschaftswahl zu konzentrieren, die die Sprecher von MSNBC von sich gaben. Ihre Fingerspitzen trommelten auf dem Buch in ihrem Schoß herum. Sie konnte das lästige Flirren ihrer blanken Nerven nicht länger ignorieren.

      Sie stellte den Fernseher wieder aus, sprang auf und lief im Wohnzimmer auf und ab. Dann ging sie in die Küche und füllte ein Glas mit Eiswasser aus dem Wasserspender im Kühlschrank. Sie trank in großen Schlucken, während sie von der Küche zum Balkon ging und wieder zurück durchs Wohnzimmer und den Flur ins Schlafzimmer und wieder zurück.

      Sie durfte nichts Alkoholisches trinken. Ihr blieb nichts anderes übrig, als auf Walcotts Anruf zu warten. Je nachdem, was sie von ihr erfuhr und wie bald, würde Kate noch an diesem Tag weitere Maßnahmen ergreifen, einschließlich möglicherweise einer Fahrt nach Victorville. Außerdem musste sie Maggie später noch einmal besuchen. Egal, wie schwer es war – es fiel nicht ins Gewicht. Das Einzige, was zählte, war die Tatsache, dass Maggie starb. Die Zeit mit ihrer Freundin lief ab. Zeit. Sie warf einen Blick auf die Uhr neben der Balkontür. Zwei Uhr. Aimee würde ihre Mittagspause beendet haben …

      Sie gratulierte sich. Es war an diesem Tag erst das zweite Mal, dass ihre Gedanken zu Aimee gewandert waren.

      Sie lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf Cameron. Aber es gab keine neuen Aspekte, nur paranoide Theorien, die ihr Verlangen nach einem Drink bloß noch verstärkten. Maggie. Maggie. Sie sollte jetzt gleich hinfahren. Egal was – sie musste hinfahren und sie besuchen –

      Das Telefon auf ihrer Frühstückstheke klingelte. Nicht ihr Handy – das wäre Walcott gewesen. Sie warf einen Blick auf die Anruferkennung und nahm den Anruf an.

      »Tante Kate – Achtung!«

      Sie freute sich, dass ihr Neffe sie anrief. »Was ist? Stürzt der Himmel ein, Dylan?« Sie war ziemlich sicher, den Grund für den Anruf zu erraten. »Wenn das so ist, bleibt mir nur eines: Kopf hoch!«

      »Nee, zieh den Kopf mal lieber ein. Es geht um meinen Dad.«

      Kate nickte. Sie hatte richtig gelegen mit ihrer Vermutung. Zwei Abende zuvor hatte sie einen Anruf von ihrem Bruder angenommen, das erste Mal seit über vier Jahren, und zwar allein deshalb, weil er keinen Grund hatte, sie anzurufen, außer dass er seinen Neandertaler-Blick auf seinen Sohn vielleicht ein paar winzige Evolutionsschritte weiterentwickelt hatte.

      Seine ersten Worte waren gewesen: »Nan hat mir erzählt, was sie mit Dylan machen wollen.«

      Ihr hatte es die Sprache verschlagen. Hatte die Frau den Verstand verloren? Warum in drei Teufels Namen hatte sie ihrem Mann überhaupt irgendetwas von Dylan erzählt? Diesem Mann, dessen unerschütterliche Bigotterie jeden elterlichen Instinkt, jedes väterliche Gefühl außer Kraft gesetzt und den einzigen Sohn aus dem Haus getrieben hatte?

      »Sie fand, dass ich das Recht habe, über so was informiert zu werden«, erklärte er.

      Kate hatte kein überzeugendes Gegenargument parat. »Und?«, entgegnete sie.

      »Du musst das verhindern. Du hast nicht das Recht, tatenlos zuzusehen«, fuhr er fort, sein Ton pure Gewissheit, pure Entrüstung.

      »Dale, solange es legal ist, habe ich verdammt noch mal das Recht, zu tun, was auch immer ich tun will.«

      »Sie ist nicht deine Tochter. Sie ist unsere Tochter –«

      »Sohn. Dylan ist euer Sohn, Dale. Und er ist mein Neffe.«

      »Sohn? Neffe? Du unterstützt diesen Wahnsinn? Es ist unnatürlich! Dylan ist ein Mädchen! Du lässt zu, dass sie sich verstümmelt. Dass sie sich in eine Missgestalt verwandelt. Warum?«

      »Weil es das ist, was er will, Dale. Er wird einundzwanzig. Dylan kann tun und lassen, was er will.«

      »Sie! Sie hat ja keine Ahnung! Sie ist viel zu jung! Sie weiß ja nicht, was sie tut! Sie kann das nicht rückgängig machen. Sie wird es für den Rest ihres Lebens bereuen …«

      »Du verstehst nichts!«, fuhr Kate ihn an. »Nach all dieser Zeit verstehst du immer noch nicht, was mit Dylan los ist und worunter er sein Leben lang gelitten hat. Du hast noch nicht mal den Versuch unternommen, es zu verstehen –«

      »Es zu verstehen? Die Bibel sagt mir, dass es falsch ist. Mehr muss ich nicht –«

      »Dale, hör zu. Hör mir einfach zu. Du hast dich für die Bibel und gegen deinen Sohn entschieden. Lass Dylan in Ruhe. Du und deine Bibel – werdet glücklich miteinander.«

      Und sie hatte aufgelegt.

      »Dylan«, sagte sie nun, »hast du tatsächlich mit deinem Vater gesprochen?«

      »Kein Stück. Mom hat mich angerufen. Ich glaube, sie hat totalen Schiss, dich anzurufen. Sie hat mir gesagt, ich soll dir sagen, dass er nach L.A. kommt, um dir einen Arschtritt zu verpassen.«

      Sie konnte nicht anders, sie musste lachen. Ihr über sechzigjähriger dickwanstiger Bruder konnte höchstens einem kleinen Nagetier einen Arschtritt verpassen, ohne vornüberzufallen. »Ach, tatsächlich?«

      »Ich finde das nicht lustig, Tante Kate.«

      Aber Dylan klang schon längst nicht mehr so besorgt. Kate sah ihn vor sich, wie er mit dem Handy in der Hand dastand, vermutlich gegen die Wand des Zimmers gelehnt, in dem Haus, das er mit anderen jungen Menschen im Vorfeld ihrer Geschlechtsangleichung teilte, gekleidet in die übliche Kluft, bestehend aus einem übergroßen T-Shirt, das in die tiefgeschnittene Jeans gestopft war, die von einem Gürtel mit riesiger Schnalle gehalten wurde. Kate sagte in gelassen-liebevollem Ton: »Ist es vielleicht auch nicht. Aber besser, er hat mich auf dem Kieker als dich. Wenn er dich attackieren würde, dann wüsste ich, wer am Ende den Kürzeren zieht.«

      Dylan erwiderte mit einem Lächeln in der Stimme: »Er weiß nicht, wo ich bin. Mom hat ihm gesagt, sie wüsste es nicht. Ich hätte sie nur angerufen, um sie wissen zu lassen, was Sache ist. Deshalb hat er dich im Visier.«

      »Mach dir keine Sorgen, okay? Ist soweit alles vorbereitet?«

      »Yeah!«, sagt er freudig, und sie sah vor sich, wie er die Faust in die Höhe reckte. »Heute in zwei Wochen werde ich im Krankenhaus aufgenommen – um sechs Uhr morgens. Das beste Geschenk zum einundzwanzigsten Geburtstag, das es in der Geschichte je gegeben hat!«

      »Ich