„Wir haben ihn mit nach Hause genommen“. „Wir haben einen schönen Anhänger vom Juwelier machen lassen, den meine Mutti gern trägt.“ „Meine Mutti hat einen schönen Ring bekommen.“ Es gab viele Antworten. Doch mit ernster Miene sagte der Lehrer: „Wenn zu dieser Zeit jemand Bernstein fand, ihn ausgrub oder im Fischernetz fing, musste er alles – auch das kleinste Stückchen – dem Deutschen Orden abgeben. Wer den gefundenen Bernstein behielt, wurde hart bestraft.
Der Deutsche Orden war als ‚Großschäfferei‘ das größte mittelalterliche kaufmännische Unternehmen in Königsberg.
Schon 25 Jahre später, im Jahre 1257, erbaute der Orden östlich dieser provisorischen Verschanzung ein festes Haus aus Ziegel und Stein, wo heute vermutlich die Schlosskirche steht.
Natürlich konnte nicht nur eine Burg der Sitz der Ordensritter sein, sondern es mussten auch Häuser für die Bediensteten gebaut werden. Auf dem Burgberg bauten die Ordensritter die notwendigen Gebäude: Herrengebäude, Krankenhaus und Altersheim für die Ordensritter, das Kornhaus, das Marschallhaus und andere Vorratsgebäude und Wirtschaftshäuser für die Handwerker, die direkt dem Orden unterstanden. In den Kellern des Marschallhauses wurde viele Jahre später die Gaststätte ‚Blutgericht‘ eingerichtet. Kennt ihr diese Gaststätte?“ fragte der Lehrer. Nur Karl und Helga sagten leise: „Ja, Herr Lehrer.“ Und weiter erzählte der Lehrer: „Königsberg wurde zum wichtigsten Zentrum des Deutschen Ordens, zumal der Hauptsitz nach Marienburg verlegt worden war. Die älteste Siedlung zur Burg gehörig entstand dort, wo heute der Steindamm ist. Jedoch diese Siedlung ging ein paar Jahre später in Flammen auf, als die Pruzzen gegen die Ordensherrschaft aufstanden und gegen sie kämpften. Doch die Ordensritter siegten. Damit die Bediensteten im Schutz der Burg leben konnten, wurde eine neue Siedlung zwischen der Burg und dem Pregel gegründet. So entstand die heutige Altstadt. Schon am 28. Februar 1286 erhielt die Ansiedlung mit der Burg die Gründungsurkunde – die sogenannte ‚Handfeste‘ nach Kulmischem Recht – vom Landmeister Konrad von Thierberg. Kulmisches Recht deshalb, weil der Orden in Kulm an der Weichsel eine solche Grundordnung für Städte ausgearbeitet hatte. Somit konnten Bürgermeister, Rat und Gericht die Arbeit der Stadtverwaltung übernehmen.
Es kamen viele Menschen aus nah und fern in dieses östliche Gebiet, das der Orden zur Besiedlung freigab. Hier konnten sie allerlei Handel treiben und Gewerbebetriebe gründen. So wuchsen die Ansiedlungen sehr schnell und es wurde eng in der Stadt. Jede Ritterburg hatte nämlich im Mittelalter die Häuser eng an die Burg bauen lassen und alle Gebäude wurden mit einer großen Mauer umgeben, damit der Feind nicht in die Stadt eindringen konnte. Darum bekam auch die Burg von Königsberg die Sicherungsanlagen, die damals notwendig waren, und zwar im Osten und Westen eine Mauer und Türme mit drei Toren (Steintor im Westen, dem Löbenichtschen Tor im Osten und dem Krämertor vor der Krämerbrücke). Im Süden wurden der Pregelarm und im Norden der Burgkomplex als Sicherung genutzt. Nun platzte aber die Stadt aus allen Nähten und die Menschen mussten sich außerhalb dieser Burgsicherung ihre Häuser errichten und waren dadurch schutzlos.
Darum erhielt die Ansiedlung außerhalb der Burg – es waren vor allem Handwerker und Mälzenbräuer - bereits am 27. Mai 1300 das Stadtrecht und den Namen ‚Löbenicht‘, da die Siedler nicht den Namen ‚Neustadt‘ wollten, sondern den pruzzischen Namen.
Für die vielen Kaufleute, die sich in diesem Gebiet ansiedeln wollten, blieb nur noch das sumpfige Gelände, das südlich der Altstadt – vom Pregel umflossen – lag. Diese Gegend ist nur mit Brücken zu erreichen und hatte damit die besten Bedingungen für die Kaufleute, um auch mit Schiffen und Kähnen die Waren zu transportieren. Auf diesem Gelände wurde von den Kaufleuten eine große Kirche gebaut – der Königsberger Dom. Bereits 1327 erhielt auch diese Stadt das Stadtrecht und wurde nach dem pruzzischen Wort kipnaw, dem sumpfigen Gelände, zum Kneiphof.
Rekonstruktion von Friedrich Lahrs, der auch die neue „Stoa Kantina“ am Dom entwarf. Die Schlosskirche gab es noch nicht, dort befand sich das Ordenshaus (wie in der Marienburg). Reste davon sollen noch im 17. Jahrhundert gestanden haben. Der Schlossturm hat eine Haube, die nur aus der Beschreibung bekannt ist. Die älteste Wiedergabe des Schlosses ist von Braun und ist – wie bekannt – unzuverlässig.
Jede Stadt hatte nun für sich das Stadtrecht und die Stadtverwaltung. Es gab also damals drei Städte, die zu Königsberg gehörten.
Viele Jahre später, nämlich 1512, zog der Hochmeister Markgraf von Brandenburg in das Königsberger Schloss ein. Es war die Zeit, in der Martin Luther die Reformation der katholischen Kirche forderte. Das bewirkte eine große Bewegung innerhalb der Kirche, viele übernahmen den reformierten Glauben und wurden somit evangelisch. Da aber der Landesherr auch der reformierten Kirche beitreten wollte und somit nicht mehr Hochmeister im katholischen Orden sein durfte, legte er das Ordenskleid ab und verwandelte den Ordensstaat in ein Herzogtum. Das ging natürlich nicht so einfach, denn der Orden wollte nicht die Macht und das Land aufgeben. Der polnische König musste ebenfalls noch nach altem Recht zustimmen. Diese Diskussionen waren in Krakau und im Ergebnis sprechen wir vom Krakauer Frieden. Nach langer Diskussion lässt der polnische König Sigismund dem Herzog Albrecht zwar freie Hand, der muss ihm aber den Treueeid leisten. In diesem Zusammenhang spricht man in der Geschichte von ‚Sekularisierung‘, das heißt, dass der kirchliche Besitz aufgehoben und dem Herzog Albrecht zugesprochen wurde.
Am 9. Mai 1525 zog dann endlich Markgraf Albrecht in einer feierlichen Prozession als Herzog in das Schloss ein. Seit diesem Tag regierte nicht mehr der katholische Orden unsere Stadt, sondern der Herzog Albrecht.
Bilderläuterung; Altstadt in 1613
Der östliche Renaissancebau des Herzog Albrecht ist deutlich zu sehen. Rechts davon ist die alte Vorburg sichtbar, zwischen der und dem Hauptschloss sich noch immer der Graben befand. Im Schlosshof sind die Rundtreppe und das Marschallhaus deutlich zu erkennen. Die Altstädtische Kirche nimmt die Sicht auf den Schlossturm und die Ordenskirche.
Drei Jahre später lässt sich Herzog Albrecht von Lucas Cranach d. Ä. – der damals schon sehr berühmt war – malen.
Zweihundert Jahre lang existierten die drei Städte Königsberg. Jede hatte ihre eigene Verwaltung, jede ihre Rechte nach der ‚Kulmischen Handfeste‘.
Erst 1724 wurden die bestehenden drei Städte zu einer Stadt – Königsberg -vereinigt. Dieser Zusammenschluss ist heute noch in unserem Stadtwappen zu sehen, das die Wappen der drei Städte in sich vereinigt. Zuhause lasst euch das erklären. Nächste Woche sprechen wir darüber und wer will, kann das auch in einem kleinen Vortrag machen.“
Der Lehrer schaute sich erwartungsvoll in der Klasse um, aber keiner der Schüler meldete sich. Trotzdem schmunzelte er wissend, denn aus den vergangenen Jahrgängen wusste er, dass die Kinder dieses Thema sehr interessierte und immer ein paar Schüler auf Spurensuche über die Heimatstadt gegangen waren. Er war auch in diesem Jahrgang gespannt auf die Beiträge.
„So, Kinder, das war – kurz zusammengefasst – die Entstehung unserer Stadt. Nächste Woche seit ihr an der Reihe. Prägt euch auch die Jahreszahlen und Namen ein, die ich euch genannt habe, die frage ich nächste Woche ab.“
Wie stolz war Hanna heute, dass sie das alles gehört hatte und dass sie in einer so schönen Stadt Zuhause war, wo es ein richtiges Schloss gab, einen Tiergarten, den prächtigen großen Dom, die Hafenanlagen, Brücken und alle die großen Gebäude, die so hübsch aussahen. Es war schon ein erhebendes Gefühl, dass Ritter ihre Heimatstadt gegründet hatten, in der sie lebte. Nur eins hatte ihr nicht gefallen: Der Lehrer hatte zwar etwas von den Stadtteilen Altstadt, Löbenicht und Kneiphof erzählt, aber nichts von Ponarth, wo sie wohnte. Dabei gehörte doch Ponarth zu Königsberg!
Zuhause angekommen fragte Hanna sofort die Mutter nach dem Königsberger Wappen. Sie sagte aber: „Lass dir das vom Vater erzählen, der weiß das genau.“
Als der Vater am Abend von der Arbeit kam – er war Maurer bei der Eisenbahngesellschaft, die die Bahnhofsgebäude errichteten – war er zwar