Ursula Klein

Geburtsort: Königsberg


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mit ihren Kindern - in die Bahn, schnellten sie von ihren Sitzen hoch, machten einen Knicks und sagten „Guten Tag – darf ich Ihnen meinen Platz anbieten?“

      Die Fahrt durch die Hintere und Vordere Vorstadt ging schnell vorbei, denn es gab viel zu sehen. Vater sagte an der Grünen Brücke, die über den Pregel führte, dass dort rechts in dem großen Gebäude die Börse sei. Dort werde der Preis für unsere Waren ausgehandelt, die wir ausführen und von anderen Ländern einführen. Dann kam auch schon die Kneiphofsche Langgasse und Vater fragte Hanna: „Na, weißt du noch, zu welchem Stadtteil diese Straße gehört und welcher berühmter Bau hier ist?“ Hanna überlegte blitzschnell: Pregel – Brücke – Kneiphofsche Langgasse – das konnte nur der Stadtteil Kneiphof mit dem Dom sein. „Richtig“, sagte der Vater, „du hast gut aufgepasst“. Nach der Krämerbrücke kam dann auch schon die Kantstraße und gleich danach der Kaiser-Wilhelm-Platz. Das waren hier alles so schöne Gebäude, viel schöner und größer als in Ponarth. Der Vater sagte: „Die nächste Station – Gäsekusplatz – steigen wir aus. Wir wollen uns erst das Schloss von außen ansehen und dann zum Schlossteich gehen, wo wir unser Picknick machen.“

      Gesagt – getan. Für Lisbeth und Hanna war es ein erhebendes Gefühl zu wissen, dass in dem Schloss der König wohnte und dort auch wichtige Verwaltungseinrichtungen waren (Herta, Fritz und Lotte waren noch etwas zu klein für solche Empfindungen).

      Anmerkung; Gäsekusplatz

      Vom Walter-Gäsekus-Platz aus blickte man auf die imposante Westfassade des Schlosses. Das Bild wird von der Schlossansicht beherrscht.

      Der Vater nahm Lisbeth und Hanna an die Hand. „Ihr habt doch beide von eurem Lehrer über die Chronik Königsbergs schon viel gehört. Wisst ihr noch, wann die Burg gebaut wurde?“ Hanna war sofort bei der Sache. „1255 haben die Ordensritter auf dem Burgberg die erste kleine Burg gebaut.“ „Richtig“, lobte der Vater. „Als Albrecht als Herzog hier im Königsberger Schloss einzog, ließ er dann den Ostflügel durch Nürnberger Bauleute bauen, später kam dann der Südflügel dazu. Denn als Herzog brauchte er ja auch viele Räumlichkeiten für seinen Hofstaat. Wir sind zwar nicht dort vorbeigekommen, aber dort ist auch ein Relief Herzog Albrechts in Stein gehauen. Der Südflügel hatte den Vorteil, dass Herzog Albrecht nur über den Kirchplatz zu gehen brauchte, um in die Altstädtische Kirche zu gelangen. Herzog Albrecht hat viel für die Kunst, Musik, Medizin, Bildung und insgesamt für die Entwicklung der Stadt getan. Besonders bekannt sind die Silberbibliothek und sein Prunkschwert, das sogenannte ‚Albrechtsschwert‘, das für die Königskrönungen verwendet wurde. Da er auch eine öffentliche Bibliothek - und natürlich auch eine private – einrichtete, förderte er damit auch die Buchdruckerkunst in Preußen. Somit konnte z. B. 1527 das erste Preußische evangelische Gesangbuch gedruckt werden.“ „Ist das das Gesangbuch, das wir in der Gemeinde haben?“ „Es ist nicht dasselbe, sondern ein Nachdruck, aber damals wurden die Grundlagen geschaffen. Er erlaubte auch einem Wittenberger Unternehmen, die Bücher nicht nur in der damals gültigen lateinischen Sprache zu drucken, sondern auch in deutscher, pruzzischer, litauischer und polnischer Sprache.“

      „Kannst du noch mehr aus der damaligen Zeit erzählen?“ Hanna und Lisbeth waren dankbare Zuhörer. „Da gibt es noch so viel zu erzählen, dass ich gar nicht weiß, womit ich anfangen soll. Ich versuche es einmal:

      Nachdem Herzog Albrecht in das Schloss als Schlossherr eingezogen war, versuchte er, das Land auch nach weltlichen und nicht nur nach katholischen Richtlinien zu regieren. Seine Verdienste liegen darin, dass er z. B. kurz nach seiner Machtübernahme das ehemalige Ordenskrankenhaus – das ja in herzoglichen Besitz übergegangen war – der Stadt stiftete. Damit hatte die Stadt ein gut funktionierendes Krankenhaus. In der damaligen Zeit gab es eine fürchterliche Krankheit: die Pest.

      Als dann Anfang des 16. und Anfang des 17. Jahrhunderts insgesamt fünf mal Pestepedemien ausbrachen und 1831 auch noch die Cholera, reichte das große Krankenhaus noch nicht einmal aus, um alle kranken Menschen aufzunehmen und vor allem von den noch gesunden Menschen zu isolieren.

      Er förderte ganz besonders die Berufe der Kunsthandwerker, Baumeister, Ärzte. So gab es damals beispielsweise den Beruf eines Plattners, der Prunkharnische anfertigte, die Büchsenmeister, die Geschützgießer und Goldschmiede. Die vielen guten Handwerker kamen auch deshalb nach Königsberg, weil sie als Anhänger der Reformation meist in ihren alten Ortschaften nicht bleiben konnten und in Königsberg durch Herzog Albrecht Schutz erhielten. Wer damals ein sogenannter ‚Abtrünniger des Glaubens‘ war, wurde exkommuniziert, d. h. er durfte die Kinder nicht taufen lassen, wurde nicht begraben, erhielt keine Absolution durch die Beichte und hatte auch sonst sehr wenig Rechte. Wir brauchen keine Beichte in der Kirche abzulegen, denn wir erhalten Vergebung durch unseren Herrn Jesus, der für unsere Sünden am Kreuz gestorben ist, wenn wir unsere Fehler nur richtig bereuen.

      Auf Herzog Albrecht geht auch die Gründung der Königsberger Universität zurück, die bereits 19 Jahre nach seiner Machtübernahme erfolgte. Sie erhielt nach ihm den Namen ‚Albertina‘. Ärzte, Prediger, Dichter, Schriftsteller, Philosophen sowie Maler, Bildhauer und alle anderen wichtigen Leute für die Entwicklung einer Stadt und die Hofhaltung kamen nicht als Nachwuchs von Königsberg, sondern aus anderen Ländern. Mit der Gründung der Universität hat Herzog Albrecht die Grundlage für eine eigene Entwicklung Königsbergs gelegt, in der ganz berühmte Persönlichkeiten tätig waren. Zum Beispiel Immanuel Kant war so berühmt, dass er heute noch bei allen Königsbergern und in anderen Ländern geehrt wird.

      1618 wurde dann das Herzogtum Königsberg mit dem Kurhaus Brandenburg vereinigt. Damit war Königsberg dann nicht mehr die Residenz des Landesherren und der preußischen Könige, sondern eben nur noch eine Stadt wie jede andere größere in Brandenburg.

      Anmerkung: Die Krönung 1861

      Die Krönung Friedrich Wilhelm V. zum König von Preußen in der Schlosskirche am 18.Oktober 1861. Die Schlosskirche ist reichlich verziert. Die Orgel steht noch auf der Südempore. Der König steht mit seinem Rücken zum Altar. In seiner Hand das Krönungsschwert Herzog Albrechts, gefertigt von Jobst Freudener.

      Am 18. Januar 1701 wurde Friedrich I in unserem Schloss zum König von Preußen gekrönt. Wilhelm V. setzte sich am 18. Oktober 1861 in unserer Schlosskirche die Königskrone auf. Er wurde später gegen seinen Willen zum Deutschen Kaiser in Versailles gekrönt. Vorhin sind wir am Bismarck- und Kaiser-Wilhelm-Denkmal vorbeigegangen und der Platz wurde nach dem Kaiser benannt. Bismarck war fast 20 Jahre preußischer Ministerpräsident.

      Anmerkung: Die Huldigung

      Nach der Krönung des letzten „nur“ Königs von Preußen, Friedrich Wilhelm V., kam es zur Huldigung der Stände auf dem Schlosshof. Dies war der letzte selbstständige und schicksalslose Höhepunkt der Preußischen Monarchie (auf den Tag genau 198 Jahre nach der Huldigung des großen Kurfürsten). 1871 wurde er, gegen seinen Willen, zum Kaiser in Versailles gekrönt.

      Aber Königsberg hatte nicht nur schöne Tage erlebt. So war unsere Stadt im Siebenjährigen Krieg vier Jahre lang, und zwar von 1758 bis 1762 von den Russen belagert und ausgeräubert worden. Viel schlimmer war es dann aber im Juni 1807, als die Franzosen in Königsberg einmarschierten und die Stadt niederbrannten, außerdem noch eine große Summe an Kriegsschuld gezahlt werden sollte, nämlich 12 Millionen Franc. Königsberg zahlte an dieser Summe bis zum Jahre 1900.

      Anmerkung: Im Schlosshof „In 1800“

      Durch diese Kriegseinwirkungen und Feuersbrünste sind sehr viele alte Häuser abgebrannt. Darum gibt es nur noch sehr wenige aus dieser Zeit. Die alte Stadtbefestigung ist z. B. nur noch ein kleiner Rest und die alten Patrizierhäuser sind auch fast alle aus den vergangen Zeiten nicht mehr da.

      Als Napoleon dann mit seinen Truppen in Richtung Russland