Dana Schwarz-Haderek

Equinox


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hielt mich Robert mit seinen starken Armen zurück und sagte schwer atmend: »Das reicht, Eli, ich möchte dich nicht zu etwas drängen, wozu du augenscheinlich noch nicht bereit bist.«

      Irritiert blinzelte ich ihn an, wie aus einem Traum erwachend. »Das musst du doch auch nicht!« Ich wäre in diesem Moment jeden Weg mit ihm gegangen, … auch wenn mein Unterbewusstsein Bedenken anmeldete. Woher wusste er außerdem, dass ich in Sachen Liebe noch absolut unerfahren war? Seine Intuition war einfach bemerkenswert. Oder stellte ich mich so offensichtlich ahnungslos an …?

      »Unterschätze mich nicht«, sagte er mit dunkler, rauchiger Stimme. »Du bist eine so wunderschöne, verführerische Frau. Da fällt es mir nicht leicht, mich daran zu erinnern, dass wir uns erst eine Woche kennen und ich dir versprochen habe, die Sache langsam anzugehen.«

      So sehr ich seine Worte auch schätzte, so sehr bedauerte ich sie auch. Und seine Worte hatten noch eine ganz andere Wirkung auf mich, als die implizierte. Tief in meinem Bauch krampfte sich etwas in demselben bittersüßen Schmerz zusammen, den ich heute schon einmal mit ihm gespürt hatte. Dieses Gefühl klang wie ein Versprechen auf etwas, dessen Ausgang ich noch nicht kannte und nur atemlos erahnen konnte.

      »Eli, ich muss nun …«

      Oh nein, unsere Zeit war um.

      »Oh …«, mehr konnte ich nicht sagen.

      Robert setzte sich auf und zog mich auf seinen Schoß, so dass wir uns gegenseitig in die Augen schauen konnten. Ohne den Blick von mir abzuwenden, sagte er ernst: »Ich weiß, dass das alles viel zu früh ist. Aber alle Konventionen sind mir jetzt egal!«

      Ich sah ihn überrascht an und ein Schauer lief mit über den Rücken. Wovon sprach er?

      »Eli, ich liebe dich! Das musst du einfach wissen! Ich wusste schon bei unserem ersten Treffen, dass du für mich bestimmt bist! Ich fühle mich, als hätte ich mein Leben lang auf dich warten müssen und nun habe ich dich endlich gefunden.«

      Er blickte mich glühenden, intensiv grünen Augen an und ich ertrank völlig in seinem Blick und seinen Worten, unfähig, zu antworten. Dabei lief mir mein Herz über und es gab so viel, was ich ihm gern hätte sagen wollen. Ja, ich liebe dich auch! Lass mich nicht allein! Aber meine Lippen konnten keine Worte formen.

      »Ich will dich nicht allein lassen. Es tut mir so leid! Bitte vergiss mich nicht und warte auf mich! Und komme mich wirklich besuchen!!! BITTE!« Er sah mich flehend an.

      Ich nickte stumm. Ergriffen. Unfähig zu antworten. In meinem Hals saß plötzlich ein riesiger Kloß. Langsam nahm ich sein Gesicht zwischen meine Hände und küsste ihn vorsichtig. Der Kloß wurde immer größer und meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich war völlig zerrissen. Einerseits war ich über alle Maßen glücklich. Denn hatte mir Robert nicht gerade seine Liebe erklärt? Andererseits war mir, als wäre alle Freude aus der Welt gegangen, denn der Zeitpunkt unserer Trennung war nun da und wir würden uns wochenlang nicht sehen. Tränen sammelten sich in meinen Augen und liefen mir schließlich die Wangen hinunter.

      »Weinst du?«, fragte Robert hilflos. »Oh, Elisabeth! Nein! Bitte weine nicht! Es sind nur ein paar Wochen! Bitte!«

      »Ich weiß …«, schluchzte ich. »Aber … und …«, ich schaffte es nicht, meine Gedanken in Worte zu fassen und ihm zu antworten.

      »Elisabeth …!«, Robert stöhnte gequält und bedeckte mein Gesicht mit tausend Küssen, küsste meine Tränen weg. Ein auswegloses Unterfangen, denn kaum hatte er sie weggeküsst, rannen schon die nächsten.

      »Ich muss jetzt wirklich!«, sagte er leise, trostlos.

      Ich nickte und rückte langsam von ihm herunter.

      Er nahm meine Hand und zog mich zur Tür. Ein letzter Kuss und er ging die Treppe hinab.

      Ich stand so lange, bis seine Schritte treppab verhallten und die Haustür sich quietschend hinter ihm schloss. Als ich langsam zurück in die Wohnung ging, hörte ich noch, wie er unten sein Motorrad startete. Oh nein! Ich sank auf mein Bett, das noch warm von uns beiden war, und zog mir die Decke über den Kopf. Meine Tränen kannten nun kein Halten mehr.

      Ich weiß nicht, wie lange ich mich in meinem Bett vergrub. Irgendwann war Kristin da. Sie saß neben mir, zog die Decke vorsichtig von mir herunter und streichelte mir wortlos über den Kopf.

      »Ich weiß«, sagte sie nach einer Weile. »Weine nur. Das hilft.«

      Mein Schluchzen wurde wieder intensiver. Wie sollte ich die kommenden Wochen nur überstehen?

      Kristin strich mir weiterhin über Kopf und Rücken. Irgendwann ebbte mein Schluchzen ab und sie fragte vorsichtig: »Tee?«

      Ich schaute sie an und nickte dankbar.

      »Mit Milch oder lieber mit Schuss?«

      »Milch. Vorerst«, quakte ich.

      »Na dann, bis gleich in der Küche.« Sie sprang auf und klapperte kurz darauf mit Tassen und Wasserkocher.

      Ich erhob mich langsam und versuchte erst einmal, mein verquollenes Froschgesicht im Bad wieder einigermaßen herzurichten. Den Blick in den Spiegel vermied ich tunlichst.

       10

      Als ich in die Küche kam, hatte Kristin eine große Kanne Kräutertee gekocht und Kekse hervorgezaubert. Sie saß am Tisch und goss den heißen, dampfenden Tee in zwei große Tassen und lächelte mich an. Ich musste unvermittelt zurücklächeln. War es sonst nicht genau anders herum? Unzählige Male hatten wir schon bei Tee und Keksen zusammengesessen und ich hörte Kristin zu, während sie mir von ihrem Liebeskummer erzählte. Kristin war ein hübsches Mädchen. Kein Model, aber sie hatte etwas, worauf die Männer flogen. Sie war kurvig, weiblich und hatte ein unglaublich sonniges Gemüt. Es fiel nicht schwer, ihr mit Sympathie zu begegnen. Selbst ich fühlte mich bei ihrem Anblick, so wie sie mich gerade aus ihren großen braunen Augen lustig anblitzte, gleich ein wenig besser und war froh, dass sie schon hier war und nicht erst heute Abend kam.

      »Unglaublich aber wahr, heute sitze doch tatsächlich ich einmal hier und darf dich trösten. Dass ich das noch erlebe!«, neckte sie mich und spiegelte wieder, was ich selbst dachte.

      Ich grinste sie an. »Schön, dass du da bist!«, antwortete ich. »Wie kommt es eigentlich …?«

      »Ach, weißt du, Tilly hat ’nen echt nervigen Freund zurzeit. Da ist mir doch spontan eingefallen, dass da dieser Aufsatz noch war … der soll zwar erst nächste Woche fertig werden, aber das mussten die beiden ja nicht wissen.« Sie grinste frech und zwinkerte mir zu.

      »Bin ich froh, dass Tillys Freund dir auf die Nerven ging! Hattest du sonst eine schöne Woche?«, fragte ich schon etwas besserer Stimmung.

      »Ja, es war recht lustig. Wir waren fast jeden Abend in den Clubs unterwegs. Einmal gingen wir nur ins Kino, sozusagen zur Erholung. Aber nun erzähl du doch erst mal. Da lässt man dich kurz allein in der neuen Stadt und schon liegst du mit ’nem fremden Mann im Bett. Vor allem – DU! Wow! Unfassbar! Also. Wer ist er? Was macht er? Ich will alles wissen!«

      »Das habe ich befürchtet!«, seufzte ich gespielt genervt und gleichzeitig ein wenig stolz. Wie lächerlich, als wäre Robert eine Trophäe …

      »Was hast du befürchtet?«, fragte Kristin leicht irritiert nach.

      »Na, dass du so unverschämt nachfragst und alles wissen willst.«, nun musste ich sogar lachen. Kristins unverblümte, liebevolle Art tat mir gut.

      »Logo. Denkst du, ich gebe mich mit dem einmaligen Anblick von dir und einem echten Mann in deinem Bett heute Morgen zufrieden? Jetzt will ich die Hintergründe wissen. Im Detail. Also, trink was, iss ein Plätzchen und schieß eeendlich los!« Sie rollte vor Ungeduld mit den Augen und hockte sich vor Übermut zappelnd im Schneidersitz auf den Stuhl mir gegenüber.

      »Naja, Robert habe ich schon letzte Woche Freitag kennengelernt. Meine Eltern waren gerade weggefahren. Ich habe das schöne Wetter noch